Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.II. 4. Patrios politeia. los bestimmt wird.14) nur was den krieg angeht, hat ohne los den vor-tritt, und die strategen (die dem rate ja angehören) bringen es selbst zur vorlage.15) für besonders wichtige sitzungen kann beschlossen wer- den, dass jeder ratsherr einen an sich ratsfähigen bürger aus einem an- dern viertel des volkes mitbringen darf. in diesen fällen ist also möglich, dass im maximum die hälfte der gesammten bürger über 30 jahre zu- sammen ist. die ratsherrn erhalten nicht nur keinen sold16), sondern es steht eine drachme strafe auf der unentschuldigten versäumnis einer sitzung.17) Der verfasser dieses entwurfs hatte die fehler der geltenden ver- Ein zweiter übelstand war die trennung der magistrate von dem 14) Damit sind die sämmtlichen privilegien, einai de auto prosodon pros ten boulen kai ton demon dann und dann, beseitigt, und ebenso kann weder eine verschleppung noch eine bevorzugung durch die willkür der prytanen herbeigeführt werden. dieser oligarch wollte also die beschwerden beseitigen, die sein gesinnungs- genosse in der Politeia Athenaion so beweglich erhebt. 15) Das hatte in der praxis der demokratie zwar seine analogie, aber es ist doch ein grosser fortschritt, dass die strategen regelmässig unmittelbar mit dem souverän verhandeln. 16) Die noch eben beschlossene besoldung der prytanen ist mit diesen selbst fortgefallen. der sold der archonten wird geblieben sein; das war ein patrion. 17) Da der rat, der doch über das urlaubsgesuch entscheiden musste, nicht
permanent war, konnte der ratsherr der verhindert ward nicht anders als wegbleiben und die gefahr laufen, dass sein gesuch, das er gleichzeitig einreichte, verworfen ward, so dass er zahlen musste. wer für me euriskomenos aphesin ape unbedacht euromenos schreibt, zwingt die leute fünf tage vorher um urlaub zu bitten, und ge- rade in den dringendsten fällen plötzlicher verhinderung zu zahlen. II. 4. Πάτϱιος πολιτεία. los bestimmt wird.14) nur was den krieg angeht, hat ohne los den vor-tritt, und die strategen (die dem rate ja angehören) bringen es selbst zur vorlage.15) für besonders wichtige sitzungen kann beschlossen wer- den, daſs jeder ratsherr einen an sich ratsfähigen bürger aus einem an- dern viertel des volkes mitbringen darf. in diesen fällen ist also möglich, daſs im maximum die hälfte der gesammten bürger über 30 jahre zu- sammen ist. die ratsherrn erhalten nicht nur keinen sold16), sondern es steht eine drachme strafe auf der unentschuldigten versäumnis einer sitzung.17) Der verfasser dieses entwurfs hatte die fehler der geltenden ver- Ein zweiter übelstand war die trennung der magistrate von dem 14) Damit sind die sämmtlichen privilegien, εἶναι δὲ αὐτῷ πϱόσοδον πϱὸς τὴν βουλὴν καὶ τὸν δῆμον dann und dann, beseitigt, und ebenso kann weder eine verschleppung noch eine bevorzugung durch die willkür der prytanen herbeigeführt werden. dieser oligarch wollte also die beschwerden beseitigen, die sein gesinnungs- genosse in der Πολιτεία Ἀϑηναίων so beweglich erhebt. 15) Das hatte in der praxis der demokratie zwar seine analogie, aber es ist doch ein groſser fortschritt, daſs die strategen regelmäſsig unmittelbar mit dem souverän verhandeln. 16) Die noch eben beschlossene besoldung der prytanen ist mit diesen selbst fortgefallen. der sold der archonten wird geblieben sein; das war ein πάτϱιον. 17) Da der rat, der doch über das urlaubsgesuch entscheiden muſste, nicht
permanent war, konnte der ratsherr der verhindert ward nicht anders als wegbleiben und die gefahr laufen, daſs sein gesuch, das er gleichzeitig einreichte, verworfen ward, so daſs er zahlen muſste. wer für μη εὑϱισκόμενος ἄφεσιν ἀπῇ unbedacht εὑϱόμενος schreibt, zwingt die leute fünf tage vorher um urlaub zu bitten, und ge- rade in den dringendsten fällen plötzlicher verhinderung zu zahlen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0128" n="118"/><fw place="top" type="header">II. 4. Πάτϱιος πολιτεία.</fw><lb/> los bestimmt wird.<note place="foot" n="14)">Damit sind die sämmtlichen privilegien, εἶναι δὲ αὐτῷ πϱόσοδον πϱὸς<lb/> τὴν βουλὴν καὶ τὸν δῆμον dann und dann, beseitigt, und ebenso kann weder eine<lb/> verschleppung noch eine bevorzugung durch die willkür der prytanen herbeigeführt<lb/> werden. dieser oligarch wollte also die beschwerden beseitigen, die sein gesinnungs-<lb/> genosse in der Πολιτεία Ἀϑηναίων so beweglich erhebt.</note> nur was den krieg angeht, hat ohne los den vor-<lb/> tritt, und die strategen (die dem rate ja angehören) bringen es selbst<lb/> zur vorlage.<note place="foot" n="15)">Das hatte in der praxis der demokratie zwar seine analogie, aber es ist<lb/> doch ein groſser fortschritt, daſs die strategen regelmäſsig unmittelbar mit dem<lb/> souverän verhandeln.</note> für besonders wichtige sitzungen kann beschlossen wer-<lb/> den, daſs jeder ratsherr einen an sich ratsfähigen bürger aus einem an-<lb/> dern viertel des volkes mitbringen darf. in diesen fällen ist also möglich,<lb/> daſs im maximum die hälfte der gesammten bürger über 30 jahre zu-<lb/> sammen ist. die ratsherrn erhalten nicht nur keinen sold<note place="foot" n="16)">Die noch eben beschlossene besoldung der prytanen ist mit diesen selbst<lb/> fortgefallen. der sold der archonten wird geblieben sein; das war ein πάτϱιον.</note>, sondern<lb/> es steht eine drachme strafe auf der unentschuldigten versäumnis einer<lb/> sitzung.<note place="foot" n="17)">Da der rat, der doch über das urlaubsgesuch entscheiden muſste, nicht<lb/> permanent war, konnte der ratsherr der verhindert ward nicht anders als wegbleiben<lb/> und die gefahr laufen, daſs sein gesuch, das er gleichzeitig einreichte, verworfen<lb/> ward, so daſs er zahlen muſste. wer für μη εὑϱισκόμενος ἄφεσιν ἀπῇ unbedacht<lb/> εὑϱόμενος schreibt, zwingt die leute fünf tage vorher um urlaub zu bitten, und ge-<lb/> rade in den dringendsten fällen plötzlicher verhinderung zu zahlen.</note></p><lb/> <p>Der verfasser dieses entwurfs hatte die fehler der geltenden ver-<lb/> fassung klar erkannt. das zweikammersystem, so zu sagen, das durch<lb/> rat und volk selbst in den psephismen sich ausspricht, wollte er beseiti-<lb/> gen. den berufsparlamentariern, den rhetoren, sollte ihr handwerk ge-<lb/> legt werden. dazu muſste die ekklesia überhaupt verschwinden. aber<lb/> der rat wie er gewesen war, ein regiment bloſs durch eine vertretung,<lb/> schien doch als alleiniger träger der souveränetät nicht autoritativ genug.<lb/> und wenn diese repräsentation gewählt oder auf vorschlag erlost ward,<lb/> so kamen gerade die besten elemente, die ἀπϱάγμονες, nicht zur gel-<lb/> tung. also war ein mittelweg zu suchen, und den zeigte Drakon, der<lb/> turnus. die souveränetät übt jedesmal ein viertel des volkes durch seine<lb/> reifen männer. jedes vierte jahr nur kam der bürger zur ausübung seiner<lb/> rechte, aber dann kam er sicher dazu, ja dann ward er durch geld-<lb/> strafen gezwungen, sie auszuüben; auch das hatte Drakon bereits verordnet.<lb/> so muſsten alle bürger genau die gleiche geschäftskenntnis erhalten.</p><lb/> <p>Ein zweiter übelstand war die trennung der magistrate von dem<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [118/0128]
II. 4. Πάτϱιος πολιτεία.
los bestimmt wird. 14) nur was den krieg angeht, hat ohne los den vor-
tritt, und die strategen (die dem rate ja angehören) bringen es selbst
zur vorlage. 15) für besonders wichtige sitzungen kann beschlossen wer-
den, daſs jeder ratsherr einen an sich ratsfähigen bürger aus einem an-
dern viertel des volkes mitbringen darf. in diesen fällen ist also möglich,
daſs im maximum die hälfte der gesammten bürger über 30 jahre zu-
sammen ist. die ratsherrn erhalten nicht nur keinen sold 16), sondern
es steht eine drachme strafe auf der unentschuldigten versäumnis einer
sitzung. 17)
Der verfasser dieses entwurfs hatte die fehler der geltenden ver-
fassung klar erkannt. das zweikammersystem, so zu sagen, das durch
rat und volk selbst in den psephismen sich ausspricht, wollte er beseiti-
gen. den berufsparlamentariern, den rhetoren, sollte ihr handwerk ge-
legt werden. dazu muſste die ekklesia überhaupt verschwinden. aber
der rat wie er gewesen war, ein regiment bloſs durch eine vertretung,
schien doch als alleiniger träger der souveränetät nicht autoritativ genug.
und wenn diese repräsentation gewählt oder auf vorschlag erlost ward,
so kamen gerade die besten elemente, die ἀπϱάγμονες, nicht zur gel-
tung. also war ein mittelweg zu suchen, und den zeigte Drakon, der
turnus. die souveränetät übt jedesmal ein viertel des volkes durch seine
reifen männer. jedes vierte jahr nur kam der bürger zur ausübung seiner
rechte, aber dann kam er sicher dazu, ja dann ward er durch geld-
strafen gezwungen, sie auszuüben; auch das hatte Drakon bereits verordnet.
so muſsten alle bürger genau die gleiche geschäftskenntnis erhalten.
Ein zweiter übelstand war die trennung der magistrate von dem
14) Damit sind die sämmtlichen privilegien, εἶναι δὲ αὐτῷ πϱόσοδον πϱὸς
τὴν βουλὴν καὶ τὸν δῆμον dann und dann, beseitigt, und ebenso kann weder eine
verschleppung noch eine bevorzugung durch die willkür der prytanen herbeigeführt
werden. dieser oligarch wollte also die beschwerden beseitigen, die sein gesinnungs-
genosse in der Πολιτεία Ἀϑηναίων so beweglich erhebt.
15) Das hatte in der praxis der demokratie zwar seine analogie, aber es ist
doch ein groſser fortschritt, daſs die strategen regelmäſsig unmittelbar mit dem
souverän verhandeln.
16) Die noch eben beschlossene besoldung der prytanen ist mit diesen selbst
fortgefallen. der sold der archonten wird geblieben sein; das war ein πάτϱιον.
17) Da der rat, der doch über das urlaubsgesuch entscheiden muſste, nicht
permanent war, konnte der ratsherr der verhindert ward nicht anders als wegbleiben
und die gefahr laufen, daſs sein gesuch, das er gleichzeitig einreichte, verworfen
ward, so daſs er zahlen muſste. wer für μη εὑϱισκόμενος ἄφεσιν ἀπῇ unbedacht
εὑϱόμενος schreibt, zwingt die leute fünf tage vorher um urlaub zu bitten, und ge-
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