Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.Von dem Ursprunge und Anfange der Kunst. Purpurfärben ist, welche in den Morgenländern eher bekannt und getriebenwurden. Die Nachrichten der H. Schrift von gemachten Bildnissen sind 1) weit älter, als alles, was wir von den Griechen wissen. Die Bilder, wel- che aufänglich in Holz gearbeitet, und andere, welche gegossen wurden, haben in der hebräischen Sprache, jedes 2) seine besondere Benennung: die er- steren wurden mit der Zeit 3) vergoldet, oder mit goldenen Blechen beleget. Diejenigen aber, welche von dem Ursprunge eines Gebrauchs, oder einer Kunst, und deren Mittheilung von einem Volke auf das andere re- den, irren insgemein darinnen, daß sie sich an einzelne Stücke, die eine Aehnlichkeit mit einander haben, halten, und daraus einen allgemeinen Schluß machen; so wie 4) Dionysius aus der Schärfe um den Unterleib der Ringer bey den Griechen, wie bey den Römern, behaupten will, daß diese von jenen hergekommen. In Aegypten blühete die Kunst bereits in den ältesten Zeiten, undIV. Bey den Griechen hat die Kunst, ob gleich viel später, alsV. gnügete, 1) Conf. Gerh. Voss. Instit. Poet. L. I. p. 31. 2) [fremdsprachliches Material] 3) Esa. 30, 22. 4) Antiquit. Rom. L. 7. p. 458. 5) v. Not. ad Tacit. An. L. 2. c. 60. p. 251. edit. Gronov. Vales. Not. ad Ammian. L. 17. c. 4. & Warburth. Essay sur les Hierogl. p. 608. A 3
Von dem Urſprunge und Anfange der Kunſt. Purpurfaͤrben iſt, welche in den Morgenlaͤndern eher bekannt und getriebenwurden. Die Nachrichten der H. Schrift von gemachten Bildniſſen ſind 1) weit aͤlter, als alles, was wir von den Griechen wiſſen. Die Bilder, wel- che aufaͤnglich in Holz gearbeitet, und andere, welche gegoſſen wurden, haben in der hebraͤiſchen Sprache, jedes 2) ſeine beſondere Benennung: die er- ſteren wurden mit der Zeit 3) vergoldet, oder mit goldenen Blechen beleget. Diejenigen aber, welche von dem Urſprunge eines Gebrauchs, oder einer Kunſt, und deren Mittheilung von einem Volke auf das andere re- den, irren insgemein darinnen, daß ſie ſich an einzelne Stuͤcke, die eine Aehnlichkeit mit einander haben, halten, und daraus einen allgemeinen Schluß machen; ſo wie 4) Dionyſius aus der Schaͤrfe um den Unterleib der Ringer bey den Griechen, wie bey den Roͤmern, behaupten will, daß dieſe von jenen hergekommen. In Aegypten bluͤhete die Kunſt bereits in den aͤlteſten Zeiten, undIV. Bey den Griechen hat die Kunſt, ob gleich viel ſpaͤter, alsV. gnuͤgete, 1) Conf. Gerh. Voſſ. Inſtit. Poet. L. I. p. 31. 2) [fremdsprachliches Material] 3) Eſa. 30, 22. 4) Antiquit. Rom. L. 7. p. 458. 5) v. Not. ad Tacit. An. L. 2. c. 60. p. 251. edit. Gronov. Valeſ. Not. ad Ammian. L. 17. c. 4. & Warburth. Eſſay ſur les Hierogl. p. 608. A 3
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Von dem Urſprunge und Anfange der Kunſt.
Purpurfaͤrben iſt, welche in den Morgenlaͤndern eher bekannt und getrieben
wurden. Die Nachrichten der H. Schrift von gemachten Bildniſſen ſind 1)
weit aͤlter, als alles, was wir von den Griechen wiſſen. Die Bilder, wel-
che aufaͤnglich in Holz gearbeitet, und andere, welche gegoſſen wurden, haben
in der hebraͤiſchen Sprache, jedes 2) ſeine beſondere Benennung: die er-
ſteren wurden mit der Zeit 3) vergoldet, oder mit goldenen Blechen beleget.
Diejenigen aber, welche von dem Urſprunge eines Gebrauchs, oder
einer Kunſt, und deren Mittheilung von einem Volke auf das andere re-
den, irren insgemein darinnen, daß ſie ſich an einzelne Stuͤcke, die eine
Aehnlichkeit mit einander haben, halten, und daraus einen allgemeinen
Schluß machen; ſo wie 4) Dionyſius aus der Schaͤrfe um den Unterleib
der Ringer bey den Griechen, wie bey den Roͤmern, behaupten will, daß
dieſe von jenen hergekommen.
In Aegypten bluͤhete die Kunſt bereits in den aͤlteſten Zeiten, und
wenn 5) Seſoſtris an vierhundert Jahre vor dem Trojaniſchen Kriege gelebet
hat, ſo waren in dieſem Reiche die groͤßten Obelisken, die ſich in Rom
befinden, und Werke gemeldeten Koͤnigs ſind, nebſt den groͤßten Gebaͤu-
den zu Theben, bereits aufgefuͤhret, da uͤber die Kunſt bey den Griechen
annoch Dunkelheit und Finſterniß ſchwebeten.
IV.
Alterthum
derſelben in
Aegypten.
Bey den Griechen hat die Kunſt, ob gleich viel ſpaͤter, als
in den Morgenlaͤndern, mit einer Einfalt ihren Anfang genommen,
daß ſie, aus dem was ſie ſelbſt berichten, von keinem andern Volke
den erſten Saamen zu ihrer Kunſt geholet, ſondern die erſten Erfinder ſchei-
nen koͤnnen. Denn es waren ſchon dreyßig Gottheiten ſichtbar verehret,
da man ſie noch nicht in menſchlicher Geſtalt gebildet hatte, und ſich be-
gnuͤgete,
V.
Spaͤtere aber
urſpruͤngliche
Kunſt bey den
Griechen.
Steine und
Saͤulen die
erſten Bilder.
1) Conf. Gerh. Voſſ. Inſtit. Poet. L. I. p. 31.
2) _
3) Eſa. 30, 22.
4) Antiquit. Rom. L. 7. p. 458.
5) v. Not. ad Tacit. An. L. 2. c. 60. p. 251. edit. Gronov. Valeſ. Not. ad Ammian. L. 17. c. 4.
& Warburth. Eſſay ſur les Hierogl. p. 608.
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