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Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832.

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Kräften überall bei unsern deutschen Mitbrüdern anzufachen; stets nach
Kräften selbst lehrend, oder die Lehrer des Volks und die freie Presse
auf alle Weise unterstützend, die schlichte, einfache Wahrheit, ohne Ver-
krüppelung zur Förderung wahrer Aufklärung zu verbreiten; stets mit
eiserner Strenge den Lügengerüchten, den Aposteln der Sklaverei und
Schlechtigkeit, den Lehren der Selbstsucht entgegen zu treten; und sollte
es zu Gewaltthaten kommen, nie im Drange der Zeiten einen deutschen
Bruderstamm zu verlassen, sondern alle zu schützen gegen die Eingriffe ihrer
Gewalthaber; Uneinigkeit, Trägheit und Feigheit führen zur Knechtschaft
Aller!

Diesen deutschen Mai-Bund wollen wir schließen, hier wo des Vater-
lands schönste Gefilde vor uns ausgebreitet liegen, hier unter dem Wehen
unserer alten deutschen Reichsfahne, und Kinder und Enkel sollen noch
aus allen Gauen des freien, großen Vaterlandes hieher zur heiligen
Stätte wallfahrten!

Rede von Deidesheimer, Bürger aus Neustadt.
Freunde und Mitbürger
!

Indem ich es nach solchen Männern, die an dieser Stelle vor mir
gesprochen haben, noch wage, meine Worte an Sie zu richten, kann mich
nur meine glühende Liebe für gesetzliche Freiheit und für unser deut-
sches Vaterland entschuldigen. --

Und so rede ich denn ohne Furcht und ohne Scheu, zu Ihnen
meine Freunde, die, wenn auch nicht von gleichen Hoffnungen beseelt,
doch gewiß alle im Herzen zu einem Zwecke vereint, hier auf den Trüm-
mern eines Denkmals der Feudalherrschaft und des schrecklich richtenden
Bauernkriegs ein Fest zu feiern gekommen sind. --

Ein Fest, dem man alle nur erdenkliche Hindernisse in den Weg zu
legen suchte, -- Hindernisse wahrscheinlich entkeimend einem finstern Bunde
von Menschen, die Feind jeder Regung des freien Bürgersinns, noch
im neunzehnten Jahrhunderte, eben so trotzig als vergeblich und nutzlos,
dem Geiste der Zeit entgegenarbeiten. Wie diese Ruine bei ihrem Ein-
sturze Einzelne beschädigen konnte, ohne deßhalb den festlichen Tag zu
stören, so werden diese Freunde der Finsterniß wohl noch einzelne Ver-
theidiger des Lichts und der Wahrheit verfolgen, ohne aber deshalb
den Tag der Freiheit aufzuhalten.

Ich spreche hier von einer Parthei, die während vierzig Jahren
nichts nützliches und zeitgemäßes gelernt, und keine ihrer Voreltern-
Thorheiten vergessen hat; von jener schädlichen Bandwurmsbrut, die

Kraͤften uͤberall bei unſern deutſchen Mitbruͤdern anzufachen; ſtets nach
Kraͤften ſelbſt lehrend, oder die Lehrer des Volks und die freie Preſſe
auf alle Weiſe unterſtuͤtzend, die ſchlichte, einfache Wahrheit, ohne Ver-
kruͤppelung zur Foͤrderung wahrer Aufklaͤrung zu verbreiten; ſtets mit
eiſerner Strenge den Luͤgengeruͤchten, den Apoſteln der Sklaverei und
Schlechtigkeit, den Lehren der Selbſtſucht entgegen zu treten; und ſollte
es zu Gewaltthaten kommen, nie im Drange der Zeiten einen deutſchen
Bruderſtamm zu verlaſſen, ſondern alle zu ſchuͤtzen gegen die Eingriffe ihrer
Gewalthaber; Uneinigkeit, Traͤgheit und Feigheit fuͤhren zur Knechtſchaft
Aller!

Dieſen deutſchen Mai-Bund wollen wir ſchließen, hier wo des Vater-
lands ſchönſte Gefilde vor uns ausgebreitet liegen, hier unter dem Wehen
unſerer alten deutſchen Reichsfahne, und Kinder und Enkel ſollen noch
aus allen Gauen des freien, großen Vaterlandes hieher zur heiligen
Staͤtte wallfahrten!

Rede von Deidesheimer, Bürger aus Neuſtadt.
Freunde und Mitbürger
!

Indem ich es nach ſolchen Maͤnnern, die an dieſer Stelle vor mir
geſprochen haben, noch wage, meine Worte an Sie zu richten, kann mich
nur meine glühende Liebe für geſetzliche Freiheit und für unſer deut-
ſches Vaterland entſchuldigen. —

Und ſo rede ich denn ohne Furcht und ohne Scheu, zu Ihnen
meine Freunde, die, wenn auch nicht von gleichen Hoffnungen beſeelt,
doch gewiß alle im Herzen zu einem Zwecke vereint, hier auf den Trüm-
mern eines Denkmals der Feudalherrſchaft und des ſchrecklich richtenden
Bauernkriegs ein Feſt zu feiern gekommen ſind. —

Ein Feſt, dem man alle nur erdenkliche Hinderniſſe in den Weg zu
legen ſuchte, — Hinderniſſe wahrſcheinlich entkeimend einem finſtern Bunde
von Menſchen, die Feind jeder Regung des freien Bürgerſinns, noch
im neunzehnten Jahrhunderte, eben ſo trotzig als vergeblich und nutzlos,
dem Geiſte der Zeit entgegenarbeiten. Wie dieſe Ruine bei ihrem Ein-
ſturze Einzelne beſchädigen konnte, ohne deßhalb den feſtlichen Tag zu
ſtören, ſo werden dieſe Freunde der Finſterniß wohl noch einzelne Ver-
theidiger des Lichts und der Wahrheit verfolgen, ohne aber deshalb
den Tag der Freiheit aufzuhalten.

Ich ſpreche hier von einer Parthei, die während vierzig Jahren
nichts nützliches und zeitgemäßes gelernt, und keine ihrer Voreltern-
Thorheiten vergeſſen hat; von jener ſchädlichen Bandwurmsbrut, die

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[82/0024] Kraͤften uͤberall bei unſern deutſchen Mitbruͤdern anzufachen; ſtets nach Kraͤften ſelbſt lehrend, oder die Lehrer des Volks und die freie Preſſe auf alle Weiſe unterſtuͤtzend, die ſchlichte, einfache Wahrheit, ohne Ver- kruͤppelung zur Foͤrderung wahrer Aufklaͤrung zu verbreiten; ſtets mit eiſerner Strenge den Luͤgengeruͤchten, den Apoſteln der Sklaverei und Schlechtigkeit, den Lehren der Selbſtſucht entgegen zu treten; und ſollte es zu Gewaltthaten kommen, nie im Drange der Zeiten einen deutſchen Bruderſtamm zu verlaſſen, ſondern alle zu ſchuͤtzen gegen die Eingriffe ihrer Gewalthaber; Uneinigkeit, Traͤgheit und Feigheit fuͤhren zur Knechtſchaft Aller! Dieſen deutſchen Mai-Bund wollen wir ſchließen, hier wo des Vater- lands ſchönſte Gefilde vor uns ausgebreitet liegen, hier unter dem Wehen unſerer alten deutſchen Reichsfahne, und Kinder und Enkel ſollen noch aus allen Gauen des freien, großen Vaterlandes hieher zur heiligen Staͤtte wallfahrten! Rede von Deidesheimer, Bürger aus Neuſtadt. Freunde und Mitbürger! Indem ich es nach ſolchen Maͤnnern, die an dieſer Stelle vor mir geſprochen haben, noch wage, meine Worte an Sie zu richten, kann mich nur meine glühende Liebe für geſetzliche Freiheit und für unſer deut- ſches Vaterland entſchuldigen. — Und ſo rede ich denn ohne Furcht und ohne Scheu, zu Ihnen meine Freunde, die, wenn auch nicht von gleichen Hoffnungen beſeelt, doch gewiß alle im Herzen zu einem Zwecke vereint, hier auf den Trüm- mern eines Denkmals der Feudalherrſchaft und des ſchrecklich richtenden Bauernkriegs ein Feſt zu feiern gekommen ſind. — Ein Feſt, dem man alle nur erdenkliche Hinderniſſe in den Weg zu legen ſuchte, — Hinderniſſe wahrſcheinlich entkeimend einem finſtern Bunde von Menſchen, die Feind jeder Regung des freien Bürgerſinns, noch im neunzehnten Jahrhunderte, eben ſo trotzig als vergeblich und nutzlos, dem Geiſte der Zeit entgegenarbeiten. Wie dieſe Ruine bei ihrem Ein- ſturze Einzelne beſchädigen konnte, ohne deßhalb den feſtlichen Tag zu ſtören, ſo werden dieſe Freunde der Finſterniß wohl noch einzelne Ver- theidiger des Lichts und der Wahrheit verfolgen, ohne aber deshalb den Tag der Freiheit aufzuhalten. Ich ſpreche hier von einer Parthei, die während vierzig Jahren nichts nützliches und zeitgemäßes gelernt, und keine ihrer Voreltern- Thorheiten vergeſſen hat; von jener ſchädlichen Bandwurmsbrut, die

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Zitationshilfe: Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wirth_nationalfest02_1832/24>, abgerufen am 29.04.2024.