Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wissenschafften. Bd. 1. Halle (Saale), 1710.

Bild:
<< vorherige Seite

von der Mathem. Methode.
ist gleichfalls gewiß gnung/ daß ein Raum in
Linien eingeschlossen werden kan. Derowe-
gen könnet ihr diese Erklährungen als unwi-
dersprechliche Gründe der Erkäntniß anneh-
men und versichert seyn/ alles dasjenige/ was
durch richtige Schlüsse aus denselben herge-
leitet wird/ sey gleichfalls möglich.

§. 22. Hingegen verhält es sich gantz an-Wenn sie
unter-
sucht
werden
muß.

ders mit den Erklährungen/ welche nach der
dritten und vierdten Methode ausgesonnen
werden. Denn wenn ihr nach der dritten
Methode (§. 19.) die besondern Umstände/
dadurch die Sache in ihrer Art determini-
r
et wird/ in andere ähnliche verwandelt: so
könnet ihr nicht wissen/ ob es möglich sey/ daß
durch die willkührlich angenommene Umstän-
de eine Sache determiniret werden kan. Z.
E. wenn ihr wisset/ ein Raum kan in drey Li-
nien eingeschlossen werden; so ist daraus noch
nicht klahr/ daß er auch in vier/ in fünff und in
sechs Linien eingeschlossen werden kan. E-
ben so ist euch in der vierdten Methode unbe-
kandt/ ob die willkührlich hinzugesetzten Um-
stände/ dadurch ihr eine Sache genauer zu
determiniren gesucht/ möglich sind. Denn
wenn gleich ein Raum z. E. in drey gerade
Linie eingeschlossen werden kan; so folget dar-
aus noch nicht/ daß alle drey Linien einander
gleich seyn können. Denn in beyden Fällen
kan euer Willkühr nichts möglich machen;
sondern die Möglichkeit beruhet auf der Na-

tur

von der Mathem. Methode.
iſt gleichfalls gewiß gnung/ daß ein Raum in
Linien eingeſchloſſen werden kan. Derowe-
gen koͤnnet ihr dieſe Erklaͤhrungen als unwi-
derſprechliche Gruͤnde der Erkaͤntniß anneh-
men und verſichert ſeyn/ alles dasjenige/ was
durch richtige Schluͤſſe aus denſelben herge-
leitet wird/ ſey gleichfalls moͤglich.

§. 22. Hingegen verhaͤlt es ſich gantz an-Wenn ſie
unter-
ſucht
werden
muß.

ders mit den Erklaͤhrungen/ welche nach der
dritten und vierdten Methode ausgeſonnen
werden. Denn wenn ihr nach der dritten
Methode (§. 19.) die beſondern Umſtaͤnde/
dadurch die Sache in ihrer Art determini-
r
et wird/ in andere aͤhnliche verwandelt: ſo
koͤnnet ihr nicht wiſſen/ ob es moͤglich ſey/ daß
durch die willkuͤhrlich angenommene Umſtaͤn-
de eine Sache determiniret werden kan. Z.
E. wenn ihr wiſſet/ ein Raum kan in drey Li-
nien eingeſchloſſen werden; ſo iſt daraus noch
nicht klahr/ daß er auch in vier/ in fuͤnff und in
ſechs Linien eingeſchloſſen werden kan. E-
ben ſo iſt euch in der vierdten Methode unbe-
kandt/ ob die willkuͤhrlich hinzugeſetzten Um-
ſtaͤnde/ dadurch ihr eine Sache genauer zu
determiniren geſucht/ moͤglich ſind. Denn
wenn gleich ein Raum z. E. in drey gerade
Linie eingeſchloſſen werden kan; ſo folget dar-
aus noch nicht/ daß alle drey Linien einander
gleich ſeyn koͤnnen. Denn in beyden Faͤllen
kan euer Willkuͤhr nichts moͤglich machen;
ſondern die Moͤglichkeit beruhet auf der Na-

tur
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <p><pb facs="#f0031" n="11"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von der Mathem. Methode.</hi></fw><lb/>
i&#x017F;t gleichfalls gewiß gnung/ daß ein Raum in<lb/>
Linien einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden kan. Derowe-<lb/>
gen ko&#x0364;nnet ihr die&#x017F;e Erkla&#x0364;hrungen als unwi-<lb/>
der&#x017F;prechliche Gru&#x0364;nde der Erka&#x0364;ntniß anneh-<lb/>
men und ver&#x017F;ichert &#x017F;eyn/ alles dasjenige/ was<lb/>
durch richtige Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e aus den&#x017F;elben herge-<lb/>
leitet wird/ &#x017F;ey gleichfalls mo&#x0364;glich.</p><lb/>
          <p>§. 22. Hingegen verha&#x0364;lt es &#x017F;ich gantz an-<note place="right">Wenn &#x017F;ie<lb/>
unter-<lb/>
&#x017F;ucht<lb/>
werden<lb/>
muß.</note><lb/>
ders mit den Erkla&#x0364;hrungen/ welche nach der<lb/>
dritten und vierdten Methode ausge&#x017F;onnen<lb/>
werden. Denn wenn ihr nach der dritten<lb/>
Methode (§. 19.) die be&#x017F;ondern Um&#x017F;ta&#x0364;nde/<lb/>
dadurch die Sache in ihrer Art <hi rendition="#aq">determini-<lb/>
r</hi>et wird/ in andere a&#x0364;hnliche verwandelt: &#x017F;o<lb/>
ko&#x0364;nnet ihr nicht wi&#x017F;&#x017F;en/ ob es mo&#x0364;glich &#x017F;ey/ daß<lb/>
durch die willku&#x0364;hrlich angenommene Um&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
de eine Sache <hi rendition="#aq">determinir</hi>et werden kan. Z.<lb/>
E. wenn ihr wi&#x017F;&#x017F;et/ ein Raum kan in drey Li-<lb/>
nien einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden; &#x017F;o i&#x017F;t daraus noch<lb/>
nicht klahr/ daß er auch in vier/ in fu&#x0364;nff und in<lb/>
&#x017F;echs Linien einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden kan. E-<lb/>
ben &#x017F;o i&#x017F;t euch in der vierdten Methode unbe-<lb/>
kandt/ ob die willku&#x0364;hrlich hinzuge&#x017F;etzten Um-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nde/ dadurch ihr eine Sache genauer zu<lb/><hi rendition="#aq">determinir</hi>en ge&#x017F;ucht/ mo&#x0364;glich &#x017F;ind. Denn<lb/>
wenn gleich ein Raum z. E. in drey gerade<lb/>
Linie einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden kan; &#x017F;o folget dar-<lb/>
aus noch nicht/ daß alle drey Linien einander<lb/>
gleich &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen. Denn in beyden Fa&#x0364;llen<lb/>
kan euer Willku&#x0364;hr nichts mo&#x0364;glich machen;<lb/>
&#x017F;ondern die Mo&#x0364;glichkeit beruhet auf der Na-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">tur</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0031] von der Mathem. Methode. iſt gleichfalls gewiß gnung/ daß ein Raum in Linien eingeſchloſſen werden kan. Derowe- gen koͤnnet ihr dieſe Erklaͤhrungen als unwi- derſprechliche Gruͤnde der Erkaͤntniß anneh- men und verſichert ſeyn/ alles dasjenige/ was durch richtige Schluͤſſe aus denſelben herge- leitet wird/ ſey gleichfalls moͤglich. §. 22. Hingegen verhaͤlt es ſich gantz an- ders mit den Erklaͤhrungen/ welche nach der dritten und vierdten Methode ausgeſonnen werden. Denn wenn ihr nach der dritten Methode (§. 19.) die beſondern Umſtaͤnde/ dadurch die Sache in ihrer Art determini- ret wird/ in andere aͤhnliche verwandelt: ſo koͤnnet ihr nicht wiſſen/ ob es moͤglich ſey/ daß durch die willkuͤhrlich angenommene Umſtaͤn- de eine Sache determiniret werden kan. Z. E. wenn ihr wiſſet/ ein Raum kan in drey Li- nien eingeſchloſſen werden; ſo iſt daraus noch nicht klahr/ daß er auch in vier/ in fuͤnff und in ſechs Linien eingeſchloſſen werden kan. E- ben ſo iſt euch in der vierdten Methode unbe- kandt/ ob die willkuͤhrlich hinzugeſetzten Um- ſtaͤnde/ dadurch ihr eine Sache genauer zu determiniren geſucht/ moͤglich ſind. Denn wenn gleich ein Raum z. E. in drey gerade Linie eingeſchloſſen werden kan; ſo folget dar- aus noch nicht/ daß alle drey Linien einander gleich ſeyn koͤnnen. Denn in beyden Faͤllen kan euer Willkuͤhr nichts moͤglich machen; ſondern die Moͤglichkeit beruhet auf der Na- tur Wenn ſie unter- ſucht werden muß.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende01_1710
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende01_1710/31
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wissenschafften. Bd. 1. Halle (Saale), 1710. , S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende01_1710/31>, abgerufen am 09.11.2024.