Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite



Polizei und gute Ordnung handhaben könnte. Die
Gefahr, schrieb er, ist so groß, daß so eben die
Glocken für die zwei und zwanzigste Person läuten,
die heute gestorben ist. Dieses wird auch für mich
geschehen, wenn es Gott gefallen sollte.

Einige Tage darauf starb auch er an dieser Krank-
heit in einem Alter von noch nicht 41 Jahren.

Braver Rotrou! Was würdest du gesagt haben,
wenn du im Jahre 1806 gesehen hättest, wie Men-
schen Ämter und Stellen aller Art im Stiche ließen,
und da, wo die Gefahr doch wohl mit der, welcher
du dich aussetztest, nicht zu vergleichen war, nur
an sich und an nichts weiter dachten, und ihr Heil
in der Flucht suchten; wo selbst Ärzte ihre Kran-
ken in Verzweiflung ließen, und davon eilten! Da
indessen alles in der Welt seine guten Seiten hat,
so wäre es ja auch wohl leicht möglich, daß die
Abwesenheit mancher Ärzte ihr Gutes gehabt ha-
ben könnte. Nur sind diejenigen nicht zu dieser
Klasse zu rechnen, welche aus politischen Absichten
oder ähnlichen Motiven zu flüchten sich weislich ent-
schlossen hatten.



Claude Perrault, ein berühmter französischer Ge-
lehrter des 17ten Jahrhunderts, zeigte schon früh



Polizei und gute Ordnung handhaben könnte. Die
Gefahr, ſchrieb er, iſt ſo groß, daß ſo eben die
Glocken für die zwei und zwanzigſte Perſon läuten,
die heute geſtorben iſt. Dieſes wird auch für mich
geſchehen, wenn es Gott gefallen ſollte.

Einige Tage darauf ſtarb auch er an dieſer Krank-
heit in einem Alter von noch nicht 41 Jahren.

Braver Rotrou! Was würdeſt du geſagt haben,
wenn du im Jahre 1806 geſehen hätteſt, wie Men-
ſchen Ämter und Stellen aller Art im Stiche ließen,
und da, wo die Gefahr doch wohl mit der, welcher
du dich ausſetzteſt, nicht zu vergleichen war, nur
an ſich und an nichts weiter dachten, und ihr Heil
in der Flucht ſuchten; wo ſelbſt Ärzte ihre Kran-
ken in Verzweiflung ließen, und davon eilten! Da
indeſſen alles in der Welt ſeine guten Seiten hat,
ſo wäre es ja auch wohl leicht möglich, daß die
Abweſenheit mancher Ärzte ihr Gutes gehabt ha-
ben könnte. Nur ſind diejenigen nicht zu dieſer
Klaſſe zu rechnen, welche aus politiſchen Abſichten
oder ähnlichen Motiven zu flüchten ſich weislich ent-
ſchloſſen hatten.



Claude Perrault, ein berühmter franzöſiſcher Ge-
lehrter des 17ten Jahrhunderts, zeigte ſchon früh

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0119" n="103"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Polizei und gute Ordnung handhaben könnte. Die<lb/>
Gefahr, &#x017F;chrieb er, i&#x017F;t &#x017F;o groß, daß &#x017F;o eben die<lb/>
Glocken für die zwei und zwanzig&#x017F;te Per&#x017F;on läuten,<lb/>
die heute ge&#x017F;torben i&#x017F;t. Die&#x017F;es wird auch für mich<lb/>
ge&#x017F;chehen, wenn es Gott gefallen &#x017F;ollte.</p><lb/>
          <p>Einige Tage darauf &#x017F;tarb auch er an die&#x017F;er Krank-<lb/>
heit in einem Alter von noch nicht 41 Jahren.</p><lb/>
          <p>Braver Rotrou! Was würde&#x017F;t du ge&#x017F;agt haben,<lb/>
wenn du im Jahre 1806 ge&#x017F;ehen hätte&#x017F;t, wie Men-<lb/>
&#x017F;chen Ämter und Stellen aller Art im Stiche ließen,<lb/>
und da, wo die Gefahr doch wohl mit der, welcher<lb/>
du dich aus&#x017F;etzte&#x017F;t, nicht zu vergleichen war, nur<lb/>
an &#x017F;ich und an nichts weiter dachten, und ihr Heil<lb/>
in der Flucht &#x017F;uchten; wo &#x017F;elb&#x017F;t Ärzte ihre Kran-<lb/>
ken in Verzweiflung ließen, und davon eilten! Da<lb/>
inde&#x017F;&#x017F;en alles in der Welt &#x017F;eine guten Seiten hat,<lb/>
&#x017F;o wäre es ja auch wohl leicht möglich, daß die<lb/>
Abwe&#x017F;enheit mancher Ärzte ihr Gutes gehabt ha-<lb/>
ben könnte. Nur &#x017F;ind diejenigen nicht zu die&#x017F;er<lb/>
Kla&#x017F;&#x017F;e zu rechnen, welche aus politi&#x017F;chen Ab&#x017F;ichten<lb/>
oder ähnlichen Motiven zu flüchten &#x017F;ich weislich ent-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en hatten.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Claude Perrault, ein berühmter franzö&#x017F;i&#x017F;cher Ge-<lb/>
lehrter des 17ten Jahrhunderts, zeigte &#x017F;chon früh<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0119] Polizei und gute Ordnung handhaben könnte. Die Gefahr, ſchrieb er, iſt ſo groß, daß ſo eben die Glocken für die zwei und zwanzigſte Perſon läuten, die heute geſtorben iſt. Dieſes wird auch für mich geſchehen, wenn es Gott gefallen ſollte. Einige Tage darauf ſtarb auch er an dieſer Krank- heit in einem Alter von noch nicht 41 Jahren. Braver Rotrou! Was würdeſt du geſagt haben, wenn du im Jahre 1806 geſehen hätteſt, wie Men- ſchen Ämter und Stellen aller Art im Stiche ließen, und da, wo die Gefahr doch wohl mit der, welcher du dich ausſetzteſt, nicht zu vergleichen war, nur an ſich und an nichts weiter dachten, und ihr Heil in der Flucht ſuchten; wo ſelbſt Ärzte ihre Kran- ken in Verzweiflung ließen, und davon eilten! Da indeſſen alles in der Welt ſeine guten Seiten hat, ſo wäre es ja auch wohl leicht möglich, daß die Abweſenheit mancher Ärzte ihr Gutes gehabt ha- ben könnte. Nur ſind diejenigen nicht zu dieſer Klaſſe zu rechnen, welche aus politiſchen Abſichten oder ähnlichen Motiven zu flüchten ſich weislich ent- ſchloſſen hatten. Claude Perrault, ein berühmter franzöſiſcher Ge- lehrter des 17ten Jahrhunderts, zeigte ſchon früh

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824/119
Zitationshilfe: Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824/119>, abgerufen am 21.11.2024.