Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite



Monate lang von mir entfernt, Du hingegen bist
nun schon im zweiten Jahre auf Reisen, und scheinst
ganz vergessen zu haben, daß ich noch ein junges
Weib bin -- -- u. s. w. -- Der Gescholtene erwie-
derte ihr: Die beiden Gedankenstriche, welche in Dei-
nem Briefe auf das junge Weib folgen, habe ich sehr
wohl verstanden; indessen wäre auch einer hinrei-
chend gewesen, um mir lebhaft zu denken, was Du
dabei gedacht hast. Was deinen seligen Mann be-
trifft, der, wie Du mir zu verstehen gibst, Dich
mehr geliebt hat, als ich, so habe ich nichts dage-
gen, wenn Du Dich, im Falle dir die Zeit zu lang
werden sollte, zu ihm begeben willst. -- So war
denn der Briefwechsel dieser beiden Leutchen nichts,
als ein ununterbrochener Hader und Zank, besonders
aber verstand die Frau die Briefe ihres Mannes
beständig unrecht, oder stellte sich wenigstens so, als
ob sie sie nicht verstände, und antwortete ihm in
der Regel ganz verkehrte Dinge darauf, und dadurch
ward dieser endlich veranlaßt, ihr folgenden drol-
ligen Einfall zu schreiben: Jch wünsche, daß der
Teufel mich holen möchte; denn wenn ich Dir
schriebe, ich wünsche, daß der Teufel Dich holen
möchte, so würdest Du doch nur das Entgegenge-
setzte lesen.

B 2



Monate lang von mir entfernt, Du hingegen biſt
nun ſchon im zweiten Jahre auf Reiſen, und ſcheinſt
ganz vergeſſen zu haben, daß ich noch ein junges
Weib bin — — u. ſ. w. — Der Geſcholtene erwie-
derte ihr: Die beiden Gedankenſtriche, welche in Dei-
nem Briefe auf das junge Weib folgen, habe ich ſehr
wohl verſtanden; indeſſen wäre auch einer hinrei-
chend geweſen, um mir lebhaft zu denken, was Du
dabei gedacht haſt. Was deinen ſeligen Mann be-
trifft, der, wie Du mir zu verſtehen gibſt, Dich
mehr geliebt hat, als ich, ſo habe ich nichts dage-
gen, wenn Du Dich, im Falle dir die Zeit zu lang
werden ſollte, zu ihm begeben willſt. — So war
denn der Briefwechſel dieſer beiden Leutchen nichts,
als ein ununterbrochener Hader und Zank, beſonders
aber verſtand die Frau die Briefe ihres Mannes
beſtändig unrecht, oder ſtellte ſich wenigſtens ſo, als
ob ſie ſie nicht verſtände, und antwortete ihm in
der Regel ganz verkehrte Dinge darauf, und dadurch
ward dieſer endlich veranlaßt, ihr folgenden drol-
ligen Einfall zu ſchreiben: Jch wünſche, daß der
Teufel mich holen möchte; denn wenn ich Dir
ſchriebe, ich wünſche, daß der Teufel Dich holen
möchte, ſo würdeſt Du doch nur das Entgegenge-
ſetzte leſen.

B 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0035" n="19"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Monate lang von mir entfernt, Du hingegen bi&#x017F;t<lb/>
nun &#x017F;chon im zweiten Jahre auf Rei&#x017F;en, und &#x017F;chein&#x017F;t<lb/>
ganz verge&#x017F;&#x017F;en zu haben, daß ich noch ein junges<lb/>
Weib bin &#x2014; &#x2014; u. &#x017F;. w. &#x2014; Der Ge&#x017F;choltene erwie-<lb/>
derte ihr: Die beiden Gedanken&#x017F;triche, welche in Dei-<lb/>
nem Briefe auf das junge Weib folgen, habe ich &#x017F;ehr<lb/>
wohl ver&#x017F;tanden; inde&#x017F;&#x017F;en wäre auch einer hinrei-<lb/>
chend gewe&#x017F;en, um mir lebhaft zu denken, was Du<lb/>
dabei gedacht ha&#x017F;t. Was deinen &#x017F;eligen Mann be-<lb/>
trifft, der, wie Du mir zu ver&#x017F;tehen gib&#x017F;t, Dich<lb/>
mehr geliebt hat, als ich, &#x017F;o habe ich nichts dage-<lb/>
gen, wenn Du Dich, im Falle dir die Zeit zu lang<lb/>
werden &#x017F;ollte, zu ihm begeben will&#x017F;t. &#x2014; So war<lb/>
denn der Briefwech&#x017F;el die&#x017F;er beiden Leutchen nichts,<lb/>
als ein ununterbrochener Hader und Zank, be&#x017F;onders<lb/>
aber ver&#x017F;tand die Frau die Briefe ihres Mannes<lb/>
be&#x017F;tändig unrecht, oder &#x017F;tellte &#x017F;ich wenig&#x017F;tens &#x017F;o, als<lb/>
ob &#x017F;ie &#x017F;ie nicht ver&#x017F;tände, und antwortete ihm in<lb/>
der Regel ganz verkehrte Dinge darauf, und dadurch<lb/>
ward die&#x017F;er endlich veranlaßt, ihr folgenden drol-<lb/>
ligen Einfall zu &#x017F;chreiben: Jch wün&#x017F;che, daß der<lb/>
Teufel <hi rendition="#g">mich</hi> holen möchte; denn wenn ich Dir<lb/>
&#x017F;chriebe, ich wün&#x017F;che, daß der Teufel <hi rendition="#g">Dich</hi> holen<lb/>
möchte, &#x017F;o würde&#x017F;t Du doch nur das Entgegenge-<lb/>
&#x017F;etzte le&#x017F;en.</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">B 2</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[19/0035] Monate lang von mir entfernt, Du hingegen biſt nun ſchon im zweiten Jahre auf Reiſen, und ſcheinſt ganz vergeſſen zu haben, daß ich noch ein junges Weib bin — — u. ſ. w. — Der Geſcholtene erwie- derte ihr: Die beiden Gedankenſtriche, welche in Dei- nem Briefe auf das junge Weib folgen, habe ich ſehr wohl verſtanden; indeſſen wäre auch einer hinrei- chend geweſen, um mir lebhaft zu denken, was Du dabei gedacht haſt. Was deinen ſeligen Mann be- trifft, der, wie Du mir zu verſtehen gibſt, Dich mehr geliebt hat, als ich, ſo habe ich nichts dage- gen, wenn Du Dich, im Falle dir die Zeit zu lang werden ſollte, zu ihm begeben willſt. — So war denn der Briefwechſel dieſer beiden Leutchen nichts, als ein ununterbrochener Hader und Zank, beſonders aber verſtand die Frau die Briefe ihres Mannes beſtändig unrecht, oder ſtellte ſich wenigſtens ſo, als ob ſie ſie nicht verſtände, und antwortete ihm in der Regel ganz verkehrte Dinge darauf, und dadurch ward dieſer endlich veranlaßt, ihr folgenden drol- ligen Einfall zu ſchreiben: Jch wünſche, daß der Teufel mich holen möchte; denn wenn ich Dir ſchriebe, ich wünſche, daß der Teufel Dich holen möchte, ſo würdeſt Du doch nur das Entgegenge- ſetzte leſen. B 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824/35
Zitationshilfe: Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824/35>, abgerufen am 21.11.2024.