Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824.Der listige Tod. Jn Polen lebte ein Rabbi, der weit und breit in Der liſtige Tod. Jn Polen lebte ein Rabbi, der weit und breit in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0042" n="26"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head>Der liſtige Tod.</head><lb/> <p>Jn Polen lebte ein Rabbi, der weit und breit in<lb/> dem Rufe eines großen Kabbaliſten ſtand, und auf<lb/> dieſe Art gar gewaltige Wunderdinge that, beſonders<lb/> an denjenigen, welchen es an Glauben nicht fehlte.<lb/> Er unternahm nicht nur die Heilung aller Krank-<lb/> heiten, ſondern er wagte es ſogar, ſelbſt dem Tode<lb/> das Handwerk zu verderben. Aus allen Gegenden<lb/> kamen Unglückliche an, die ihre Zuflucht in ſolchen<lb/> Fällen zu ihm nahmen. Nicht weit von dem Wohn-<lb/> orte dieſes Rabbi in einem Flecken erkrankte einſt<lb/> plötzlich ein Mann, und zwar ſo, daß der Arzt we-<lb/> nig Hoffnung zur Wiederherſtellung gab. Seine<lb/> arme geängſtigte Frau ſchickte ihren Sohn in der<lb/> größten Eile zu dem Kabbaliſten, und ließ ihn fle-<lb/> hentlich bitten, ihren Mann zu retten. Der Sohn<lb/> langte an, und forderte von dem Rabbi, mit Thrä-<lb/> nen in den Augen, Hülfe für ſeinen Vater. Dieſer<lb/> hörte die Bitte an, entfernte ſich darauf aus dem<lb/> Zimmer, kam aber bald zurück, und ſprach zu dem<lb/> jungen Menſchen: Laufe nur nach Hauſe, und ſage<lb/> deiner Mutter, ihr Mann ſey außer Gefahr. Vol-<lb/> ler Freuden und athemlos überbrachte der Sohn die<lb/> Nachricht, aber der Jubel dauerte nicht lange, denn<lb/> in der folgenden Nacht ward der Zuſtand des Kran-<lb/> ken noch weit ſchlimmer, und der Arzt gab alle<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [26/0042]
Der liſtige Tod.
Jn Polen lebte ein Rabbi, der weit und breit in
dem Rufe eines großen Kabbaliſten ſtand, und auf
dieſe Art gar gewaltige Wunderdinge that, beſonders
an denjenigen, welchen es an Glauben nicht fehlte.
Er unternahm nicht nur die Heilung aller Krank-
heiten, ſondern er wagte es ſogar, ſelbſt dem Tode
das Handwerk zu verderben. Aus allen Gegenden
kamen Unglückliche an, die ihre Zuflucht in ſolchen
Fällen zu ihm nahmen. Nicht weit von dem Wohn-
orte dieſes Rabbi in einem Flecken erkrankte einſt
plötzlich ein Mann, und zwar ſo, daß der Arzt we-
nig Hoffnung zur Wiederherſtellung gab. Seine
arme geängſtigte Frau ſchickte ihren Sohn in der
größten Eile zu dem Kabbaliſten, und ließ ihn fle-
hentlich bitten, ihren Mann zu retten. Der Sohn
langte an, und forderte von dem Rabbi, mit Thrä-
nen in den Augen, Hülfe für ſeinen Vater. Dieſer
hörte die Bitte an, entfernte ſich darauf aus dem
Zimmer, kam aber bald zurück, und ſprach zu dem
jungen Menſchen: Laufe nur nach Hauſe, und ſage
deiner Mutter, ihr Mann ſey außer Gefahr. Vol-
ler Freuden und athemlos überbrachte der Sohn die
Nachricht, aber der Jubel dauerte nicht lange, denn
in der folgenden Nacht ward der Zuſtand des Kran-
ken noch weit ſchlimmer, und der Arzt gab alle
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