Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.gemeinen Wesen überhaupt. Nemlich es ist nicht zu leugnen, daß einigeMenschen einen Uberfluß in Nahrung, Klei- dung, Wohnung und Geräthe suchen, so daß sie es nicht allein entbehren können, sondern auch aus verschiedenen Ursachen solten, die in besonderen Fällen aus der Beschaffenheit der Pflichten gegen sich selst gar leicht zu entdecken sind. Es sind auch viele Dinge so beschaffen, daß das menschliche Geschlechte deswegen nicht unglückseelig seyn würde, wenn man sie gleich gar nicht hätte. Unterdessen blei- bet doch auch gewis, daß dadurch noch nicht genungsam erwiesen ist, man solle dieselben gar wegwerffen, ingleichen was einige als einen Uberfluß zu vermeiden haben, sollen überhaupt alle fahren lassen. Wir haben demnach wohl zu bedencken, daß bey der grossen Menge der Menschen nicht wohl alle durch dergleichen Verrichtun- gen, die bloß die Nothdurfft des Lebens erfordert, ihren zur Nothdurfft erforderten Unterhalt finden können. Und eben daher ist es geschehen, daß, da die Menschen sich gemehret haben, und ein jeder hat gerne seinen Unterhalt haben wollen, sie auf al- lerhand Arbeit gefallen, von der man An- fangs nichts gewust. Solchergestalt ist es nicht unrecht, wenn diejenigen, so mit ihrem Vermögen anderen, die Noth lei- den müssen, dienen können, auch nach Er- for- K 5
gemeinen Weſen uͤberhaupt. Nemlich es iſt nicht zu leugnen, daß einigeMenſchen einen Uberfluß in Nahrung, Klei- dung, Wohnung und Geraͤthe ſuchen, ſo daß ſie es nicht allein entbehren koͤnnen, ſondern auch aus verſchiedenen Urſachen ſolten, die in beſonderen Faͤllen aus der Beſchaffenheit der Pflichten gegen ſich ſelſt gar leicht zu entdecken ſind. Es ſind auch viele Dinge ſo beſchaffen, daß das menſchliche Geſchlechte deswegen nicht ungluͤckſeelig ſeyn wuͤrde, wenn man ſie gleich gar nicht haͤtte. Unterdeſſen blei- bet doch auch gewis, daß dadurch noch nicht genungſam erwieſen iſt, man ſolle dieſelben gar wegwerffen, ingleichen was einige als einen Uberfluß zu vermeiden haben, ſollen uͤberhaupt alle fahren laſſen. Wir haben demnach wohl zu bedencken, daß bey der groſſen Menge der Menſchen nicht wohl alle durch dergleichen Verrichtun- gen, die bloß die Nothdurfft des Lebens erfordert, ihren zur Nothdurfft erforderten Unterhalt finden koͤnnen. Und eben daher iſt es geſchehen, daß, da die Menſchen ſich gemehret haben, und ein jeder hat gerne ſeinen Unterhalt haben wollen, ſie auf al- lerhand Arbeit gefallen, von der man An- fangs nichts gewuſt. Solchergeſtalt iſt es nicht unrecht, wenn diejenigen, ſo mit ihrem Vermoͤgen anderen, die Noth lei- den muͤſſen, dienen koͤnnen, auch nach Er- for- K 5
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gemeinen Weſen uͤberhaupt.
Nemlich es iſt nicht zu leugnen, daß einige
Menſchen einen Uberfluß in Nahrung, Klei-
dung, Wohnung und Geraͤthe ſuchen, ſo
daß ſie es nicht allein entbehren koͤnnen,
ſondern auch aus verſchiedenen Urſachen
ſolten, die in beſonderen Faͤllen aus der
Beſchaffenheit der Pflichten gegen ſich
ſelſt gar leicht zu entdecken ſind. Es ſind
auch viele Dinge ſo beſchaffen, daß das
menſchliche Geſchlechte deswegen nicht
ungluͤckſeelig ſeyn wuͤrde, wenn man ſie
gleich gar nicht haͤtte. Unterdeſſen blei-
bet doch auch gewis, daß dadurch noch
nicht genungſam erwieſen iſt, man ſolle
dieſelben gar wegwerffen, ingleichen was
einige als einen Uberfluß zu vermeiden
haben, ſollen uͤberhaupt alle fahren laſſen.
Wir haben demnach wohl zu bedencken, daß
bey der groſſen Menge der Menſchen nicht
wohl alle durch dergleichen Verrichtun-
gen, die bloß die Nothdurfft des Lebens
erfordert, ihren zur Nothdurfft erforderten
Unterhalt finden koͤnnen. Und eben daher
iſt es geſchehen, daß, da die Menſchen ſich
gemehret haben, und ein jeder hat gerne
ſeinen Unterhalt haben wollen, ſie auf al-
lerhand Arbeit gefallen, von der man An-
fangs nichts gewuſt. Solchergeſtalt iſt
es nicht unrecht, wenn diejenigen, ſo mit
ihrem Vermoͤgen anderen, die Noth lei-
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