Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Das 3. Cap. Von dem forderung ihrer Umstände etwas auf der-gleichen Dinge wenden, ohne welche die Nothdurfft des Lebens bestehen kan (§. 458. 492. 510. Mor.) Und ist dieses bes- ser, als wenn man solchen Leuten von sei- nem Uberflusse umsonst aushülffe. Denn so machte man viel Müßiggänger und Bettler. Müßiggang lehret nichts gutes, als aller Laster Anfang, und wer sich bey gesundem Leibe zum betteln gewöhnet, wird nicht viel löbliches in der Welt verrichten: welches alles hier umständlicher auszu- führen, zu weitläufftig fallen würde. Man bedencke selbst, was das betteln veränder- liches in dem innern und äussern Zustande des Menschen nach sich ziehet, so wird man dessen bald inne werden. Wer demnach auf den Zusammenhang der Dinge zu sehen gewohnet ist, das ist, alles vernünfftig über- leget (§. 368 Met.); der wird gar gerne zugeben, daß einige Menschen in der Welt in Nahrung, Kleidung, Wohnung und andern Bequemlichkeiten des Lebens weiter gehen müssen, als es die Nothdurfft des Lebens erfordert, damit viele andere auf eine bequeme Art finden mögen, was sie zur Nothdurfft brauchen. Uber dieses muß man auch den Uberfluß wohl zu beurthei- len wissen. Nemlich da der Mensch nicht allein auf die Nothdurfft des Lebens, son- dern auch auf alle Bequemlichkeiten sehen sol,
Das 3. Cap. Von dem forderung ihrer Umſtaͤnde etwas auf der-gleichen Dinge wenden, ohne welche die Nothdurfft des Lebens beſtehen kan (§. 458. 492. 510. Mor.) Und iſt dieſes beſ- ſer, als wenn man ſolchen Leuten von ſei- nem Uberfluſſe umſonſt aushuͤlffe. Denn ſo machte man viel Muͤßiggaͤnger und Bettler. Muͤßiggang lehret nichts gutes, als aller Laſter Anfang, und wer ſich bey geſundem Leibe zum betteln gewoͤhnet, wird nicht viel loͤbliches in der Welt verrichten: welches alles hier umſtaͤndlicher auszu- fuͤhren, zu weitlaͤufftig fallen wuͤrde. Man bedencke ſelbſt, was das betteln veraͤnder- liches in dem innern und aͤuſſern Zuſtande des Menſchen nach ſich ziehet, ſo wird man deſſen bald inne werden. Wer demnach auf den Zuſammenhang der Dinge zu ſehen gewohnet iſt, das iſt, alles vernuͤnfftig uͤber- leget (§. 368 Met.); der wird gar gerne zugeben, daß einige Menſchen in der Welt in Nahrung, Kleidung, Wohnung und andern Bequemlichkeiten des Lebens weiter gehen muͤſſen, als es die Nothdurfft des Lebens erfordert, damit viele andere auf eine bequeme Art finden moͤgen, was ſie zur Nothdurfft brauchen. Uber dieſes muß man auch den Uberfluß wohl zu beurthei- len wiſſen. Nemlich da der Menſch nicht allein auf die Nothdurfft des Lebens, ſon- dern auch auf alle Bequemlichkeiten ſehen ſol,
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Das 3. Cap. Von dem
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gleichen Dinge wenden, ohne welche die
Nothdurfft des Lebens beſtehen kan (§.
458. 492. 510. Mor.) Und iſt dieſes beſ-
ſer, als wenn man ſolchen Leuten von ſei-
nem Uberfluſſe umſonſt aushuͤlffe. Denn
ſo machte man viel Muͤßiggaͤnger und
Bettler. Muͤßiggang lehret nichts gutes,
als aller Laſter Anfang, und wer ſich bey
geſundem Leibe zum betteln gewoͤhnet, wird
nicht viel loͤbliches in der Welt verrichten:
welches alles hier umſtaͤndlicher auszu-
fuͤhren, zu weitlaͤufftig fallen wuͤrde. Man
bedencke ſelbſt, was das betteln veraͤnder-
liches in dem innern und aͤuſſern Zuſtande
des Menſchen nach ſich ziehet, ſo wird man
deſſen bald inne werden. Wer demnach
auf den Zuſammenhang der Dinge zu ſehen
gewohnet iſt, das iſt, alles vernuͤnfftig uͤber-
leget (§. 368 Met.); der wird gar gerne
zugeben, daß einige Menſchen in der Welt
in Nahrung, Kleidung, Wohnung und
andern Bequemlichkeiten des Lebens weiter
gehen muͤſſen, als es die Nothdurfft des
Lebens erfordert, damit viele andere auf
eine bequeme Art finden moͤgen, was ſie
zur Nothdurfft brauchen. Uber dieſes muß
man auch den Uberfluß wohl zu beurthei-
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