führet ist, eine freye Republick zunennen pfleget. Und also hat man hier nicht zu be- sorgen, wie in der Monarchie und Aristocra- tie (§. 259. 261), daß durch Mißbrauch der Macht der gemeinen Wohlfahrt und Si- cherheit Eintrag geschehe.
§. 263.
Unterdessen kan Unverstand undUnge- mach der Politie. Hartnäckigkeit eben so grossen Schaden anrichten, als Mißbrauch der Macht in andern Regierungs-Formen. Denn da die meisten unverständig sind, so ist auch leicht zu erachten, daß solche Fälle kommen können, in welchen die meisten nicht be- greiffen, was zur gemeinen Wohlfahrt und Sicherheit gereichet, absonderlich wenn es das Ansehen gewinnet, als ob die gemei- ne Wohlfahrt und Sicherheit dem beson- deren Interesse zuwieder wäre, oder auch wohl in der That zuwieder ist, und dan- nenhero nachgeben muß (§. 218). Sind sie nun zugleich so geartet, daß sie sich nicht andere weisen lassen; sondern vielmehr glauben, sie verstünden es besser, oder doch wenigstens so gut als andere, ja auch wohl gar diejenigen, von welchen sie sich sollten weisen lassen, für verdächtig halten: so bleiben sie steif und feste auf ihrer Meinung, und muß dahero das Gute nachbleiben, was sonst in einer andern Regierungs For- me seinen Fortgang erreichet hätte. Ha- ben sie Haß gegen diejenigen, welche besser
als
(Politick) N
Arten des gemeinen Weſens.
fuͤhret iſt, eine freye Republick zunennen pfleget. Und alſo hat man hier nicht zu be- ſorgen, wie in der Monarchie und Ariſtocra- tie (§. 259. 261), daß durch Mißbrauch der Macht der gemeinen Wohlfahrt und Si- cherheit Eintrag geſchehe.
§. 263.
Unterdeſſen kan Unverſtand undUnge- mach der Politie. Hartnaͤckigkeit eben ſo groſſen Schaden anrichten, als Mißbrauch der Macht in andern Regierungs-Formen. Denn da die meiſten unverſtaͤndig ſind, ſo iſt auch leicht zu erachten, daß ſolche Faͤlle kommen koͤnnen, in welchen die meiſten nicht be- greiffen, was zur gemeinen Wohlfahrt und Sicherheit gereichet, abſonderlich wenn es das Anſehen gewinnet, als ob die gemei- ne Wohlfahrt und Sicherheit dem beſon- deren Intereſſe zuwieder waͤre, oder auch wohl in der That zuwieder iſt, und dan- nenhero nachgeben muß (§. 218). Sind ſie nun zugleich ſo geartet, daß ſie ſich nicht andere weiſen laſſen; ſondern vielmehr glauben, ſie verſtuͤnden es beſſer, oder doch wenigſtens ſo gut als andere, ja auch wohl gar diejenigen, von welchen ſie ſich ſollten weiſen laſſen, fuͤr verdaͤchtig halten: ſo bleiben ſie ſteif und feſte auf ihrer Meinung, und muß dahero das Gute nachbleiben, was ſonſt in einer andern Regierungs For- me ſeinen Fortgang erreichet haͤtte. Ha- ben ſie Haß gegen diejenigen, welche beſſer
als
(Politick) N
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0211"n="193"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Arten des gemeinen Weſens.</hi></fw><lb/>
fuͤhret iſt, eine <hirendition="#fr">freye Republick</hi> zunennen<lb/>
pfleget. Und alſo hat man hier nicht zu be-<lb/>ſorgen, wie in der Monarchie und Ariſtocra-<lb/>
tie (§. 259. 261), daß durch Mißbrauch der<lb/>
Macht der gemeinen Wohlfahrt und Si-<lb/>
cherheit Eintrag geſchehe.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 263.</head><p>Unterdeſſen kan Unverſtand und<noteplace="right">Unge-<lb/>
mach der<lb/>
Politie.</note><lb/>
Hartnaͤckigkeit eben ſo groſſen Schaden<lb/>
anrichten, als Mißbrauch der Macht in<lb/>
andern Regierungs-Formen. Denn da<lb/>
die meiſten unverſtaͤndig ſind, ſo iſt auch<lb/>
leicht zu erachten, daß ſolche Faͤlle kommen<lb/>
koͤnnen, in welchen die meiſten nicht be-<lb/>
greiffen, was zur gemeinen Wohlfahrt und<lb/>
Sicherheit gereichet, abſonderlich wenn es<lb/>
das Anſehen gewinnet, als ob die gemei-<lb/>
ne Wohlfahrt und Sicherheit dem beſon-<lb/>
deren <hirendition="#aq">Intereſſe</hi> zuwieder waͤre, oder auch<lb/>
wohl in der That zuwieder iſt, und dan-<lb/>
nenhero nachgeben muß (§. 218). Sind<lb/>ſie nun zugleich ſo geartet, daß ſie ſich nicht<lb/>
andere weiſen laſſen; ſondern vielmehr<lb/>
glauben, ſie verſtuͤnden es beſſer, oder doch<lb/>
wenigſtens ſo gut als andere, ja auch wohl<lb/>
gar diejenigen, von welchen ſie ſich ſollten<lb/>
weiſen laſſen, fuͤr verdaͤchtig halten: ſo<lb/>
bleiben ſie ſteif und feſte auf ihrer Meinung,<lb/>
und muß dahero das Gute nachbleiben,<lb/>
was ſonſt in einer andern Regierungs For-<lb/>
me ſeinen Fortgang erreichet haͤtte. Ha-<lb/>
ben ſie Haß gegen diejenigen, welche beſſer<lb/><fwplace="bottom"type="sig">(<hirendition="#aq"><hirendition="#i">Politick</hi></hi>) N</fw><fwplace="bottom"type="catch">als</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[193/0211]
Arten des gemeinen Weſens.
fuͤhret iſt, eine freye Republick zunennen
pfleget. Und alſo hat man hier nicht zu be-
ſorgen, wie in der Monarchie und Ariſtocra-
tie (§. 259. 261), daß durch Mißbrauch der
Macht der gemeinen Wohlfahrt und Si-
cherheit Eintrag geſchehe.
§. 263.Unterdeſſen kan Unverſtand und
Hartnaͤckigkeit eben ſo groſſen Schaden
anrichten, als Mißbrauch der Macht in
andern Regierungs-Formen. Denn da
die meiſten unverſtaͤndig ſind, ſo iſt auch
leicht zu erachten, daß ſolche Faͤlle kommen
koͤnnen, in welchen die meiſten nicht be-
greiffen, was zur gemeinen Wohlfahrt und
Sicherheit gereichet, abſonderlich wenn es
das Anſehen gewinnet, als ob die gemei-
ne Wohlfahrt und Sicherheit dem beſon-
deren Intereſſe zuwieder waͤre, oder auch
wohl in der That zuwieder iſt, und dan-
nenhero nachgeben muß (§. 218). Sind
ſie nun zugleich ſo geartet, daß ſie ſich nicht
andere weiſen laſſen; ſondern vielmehr
glauben, ſie verſtuͤnden es beſſer, oder doch
wenigſtens ſo gut als andere, ja auch wohl
gar diejenigen, von welchen ſie ſich ſollten
weiſen laſſen, fuͤr verdaͤchtig halten: ſo
bleiben ſie ſteif und feſte auf ihrer Meinung,
und muß dahero das Gute nachbleiben,
was ſonſt in einer andern Regierungs For-
me ſeinen Fortgang erreichet haͤtte. Ha-
ben ſie Haß gegen diejenigen, welche beſſer
als
Unge-
mach der
Politie.
(Politick) N
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/211>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.