tung aufzunehmen und im Lernen sich fleis- sig zuerweisen. Hierdurch haben nicht allein die Lernenden den Nutzen, daß sie et- was lernen und ihre Zeit nicht vergeblich hinbringen; sondern die Lehrenden werden auch dadurch aufgemuntert sich selbst in Erkäntniß der Wahrheit noch immer mehr zu gründen.
§. 292.
Wenn demnach die LernendenVorsor- ge der Lehren- den für die Ler- nenden. was tüchtiges lernen sollen, so müssen die Lehrenden auch davor sorgen, daß sie ih- re Lehren nicht verachten und entweder gar nicht anhören, oder doch nur zu einem Ohre hinein, zum andern wieder heraus- lassen. Derowegen ist nicht allein nöthig, daß sie in Erfahrung kommen, wie die Ler- nenden ihre Lehren fassen; sondern auch zugleich vermögend sind sie zum Lernen zu verbinden. Das erste geschiehet durch Examiniren, wenn sie nemlich dnrch ge- schickte Fragen erforschen, ob sie dasjenige verstehen, was sie gelernet, und wieder die Einwürffe, die sie ihnen machen, vertheidi- gen können. Zu dem Ende wäre dienlich, wenn man dergleichen Untersuchungen an- stellete, theils ehe die Lernenden die ihnen vorgetragene Lehren durch ihren besondern Fleiß wiederholet, theils nachdem diese Wiederholung geschehen. Jm ersten Fal- le würde man Gelegenheit bekommen theils ihre Fähigkeit zu beurtheilen, theils auch zu
erken-
des gemeinen Weſens.
tung aufzunehmen und im Lernen ſich fleiſ- ſig zuerweiſen. Hierdurch haben nicht allein die Lernenden den Nutzen, daß ſie et- was lernen und ihre Zeit nicht vergeblich hinbringen; ſondern die Lehrenden werden auch dadurch aufgemuntert ſich ſelbſt in Erkaͤntniß der Wahrheit noch immer mehr zu gruͤnden.
§. 292.
Wenn demnach die LernendenVorſor- ge der Lehren- den fuͤr die Ler- nenden. was tuͤchtiges lernen ſollen, ſo muͤſſen die Lehrenden auch davor ſorgen, daß ſie ih- re Lehren nicht ⃒ verachten und entweder gar nicht anhoͤren, oder doch nur zu einem Ohre hinein, zum andern wieder heraus- laſſen. Derowegen iſt nicht allein noͤthig, daß ſie in Erfahrung kommen, wie die Ler- nenden ihre Lehren faſſen; ſondern ⃒ auch zugleich vermoͤgend ſind ſie zum Lernen zu verbinden. Das erſte geſchiehet durch Examiniren, wenn ſie nemlich dnrch ge- ſchickte Fragen erforſchen, ob ſie dasjenige verſtehen, was ſie gelernet, und wieder die Einwuͤrffe, die ſie ihnen machen, vertheidi- gen koͤnnen. Zu dem Ende waͤre dienlich, wenn man dergleichen Unterſuchungen an- ſtellete, theils ehe die Lernenden die ihnen vorgetragene Lehren durch ihren beſondern Fleiß wiederholet, theils nachdem dieſe Wiederholung geſchehen. Jm erſten Fal- le wuͤrde man Gelegenheit bekommen theils ihre Faͤhigkeit zu beurtheilen, theils auch zu
erken-
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des gemeinen Weſens.
tung aufzunehmen und im Lernen ſich fleiſ-
ſig zuerweiſen. Hierdurch haben nicht
allein die Lernenden den Nutzen, daß ſie et-
was lernen und ihre Zeit nicht vergeblich
hinbringen; ſondern die Lehrenden werden
auch dadurch aufgemuntert ſich ſelbſt in
Erkaͤntniß der Wahrheit noch immer mehr
zu gruͤnden.
§. 292.Wenn demnach die Lernenden
was tuͤchtiges lernen ſollen, ſo muͤſſen die
Lehrenden auch davor ſorgen, daß ſie ih-
re Lehren nicht ⃒ verachten und entweder
gar nicht anhoͤren, oder doch nur zu einem
Ohre hinein, zum andern wieder heraus-
laſſen. Derowegen iſt nicht allein noͤthig,
daß ſie in Erfahrung kommen, wie die Ler-
nenden ihre Lehren faſſen; ſondern ⃒ auch
zugleich vermoͤgend ſind ſie zum Lernen zu
verbinden. Das erſte geſchiehet durch
Examiniren, wenn ſie nemlich dnrch ge-
ſchickte Fragen erforſchen, ob ſie dasjenige
verſtehen, was ſie gelernet, und wieder die
Einwuͤrffe, die ſie ihnen machen, vertheidi-
gen koͤnnen. Zu dem Ende waͤre dienlich,
wenn man dergleichen Unterſuchungen an-
ſtellete, theils ehe die Lernenden die ihnen
vorgetragene Lehren durch ihren beſondern
Fleiß wiederholet, theils nachdem dieſe
Wiederholung geſchehen. Jm erſten Fal-
le wuͤrde man Gelegenheit bekommen theils
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Vorſor-
ge der
Lehren-
den fuͤr
die Ler-
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/239>, abgerufen am 21.11.2024.
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