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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Cap. 3. Von der Einrichtung
besser brauchen können. Um diesem Unheil
vorzukommen, wäre es gut, wenn auf Aca-
demien dergleichen Einrichtungen wären,
daß die studirenden das zu nöthigen Aus-
gaben gewiedmete Geld nicht an ungebüh-
renden Orten anwendeten.

Warum
man ih-
nen eini-
ge Er-
götzlich-
lichretten
zuzulas-
sen.
§. 296.

Der Mensch ist verbunden al-
les zu vermeiden, was seiner Gesundheit
schaden kan (§. 447. Mor.). Durch ste-
tes sitzen und studiren leidet die Gesund-
heit des Leibes Abbruch: welches wir als
eine bekandte Sache aus der Erfahrung
annehmen. Derowegen soll man auch
nicht durch stetes sitzen und studiren seiner
Gesundheit schaden. Und demnach müs-
sen auch lernende nicht stets sitzen und stu-
diren; sondern unterweilen Abwechslun-
gen haben, da der Leib durch bequeme Be-
wegungen erfrischet, das Gemüthe aber
durch andere Gedancken ermuntert wird.
Wie die Ergötzlichkeiten, die bey dem stu-
diren zu untermengen sind, beschaffen seyn
müssen, lässet sich aus vielen Gründen be-
urtheilen. Weil ein jeder Mensch verbun-
den ist, alle besondere Absichten dergestalt
mit einander zu verbinden, daß immer eine
ein Mittel zur andern wird (§. 140. Mor.);
so muß auch die Ergötzlichkeit dem studi-
ren keinen Eintrag thun, und wird dem-
nach alles verworffen, was auf einige Art
und Weise dem studiren etwas hinder-

liches

Cap. 3. Von der Einrichtung
beſſer brauchen koͤnnen. Um dieſem Unheil
vorzukommen, waͤre es gut, wenn auf Aca-
demien dergleichen Einrichtungen waͤren,
daß die ſtudirenden das zu noͤthigen Aus-
gaben gewiedmete Geld nicht an ungebuͤh-
renden Orten anwendeten.

Warum
man ih-
nen eini-
ge Er-
goͤtzlich-
lichretten
zuzulaſ-
ſen.
§. 296.

Der Menſch iſt verbunden al-
les zu vermeiden, was ſeiner Geſundheit
ſchaden kan (§. 447. Mor.). Durch ſte-
tes ſitzen und ſtudiren leidet die Geſund-
heit des Leibes Abbruch: welches wir als
eine bekandte Sache aus der Erfahrung
annehmen. Derowegen ſoll man auch
nicht durch ſtetes ſitzen und ſtudiren ſeiner
Geſundheit ſchaden. Und demnach muͤſ-
ſen auch lernende nicht ſtets ſitzen und ſtu-
diren; ſondern unterweilen Abwechslun-
gen haben, da der Leib durch bequeme Be-
wegungen erfriſchet, das Gemuͤthe aber
durch andere Gedancken ermuntert wird.
Wie die Ergoͤtzlichkeiten, die bey dem ſtu-
diren zu untermengen ſind, beſchaffen ſeyn
muͤſſen, laͤſſet ſich aus vielen Gruͤnden be-
urtheilen. Weil ein jeder Menſch verbun-
den iſt, alle beſondere Abſichten dergeſtalt
mit einander zu verbinden, daß immer eine
ein Mittel zur andern wird (§. 140. Mor.);
ſo muß auch die Ergoͤtzlichkeit dem ſtudi-
ren keinen Eintrag thun, und wird dem-
nach alles verworffen, was auf einige Art
und Weiſe dem ſtudiren etwas hinder-

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[230/0248] Cap. 3. Von der Einrichtung beſſer brauchen koͤnnen. Um dieſem Unheil vorzukommen, waͤre es gut, wenn auf Aca- demien dergleichen Einrichtungen waͤren, daß die ſtudirenden das zu noͤthigen Aus- gaben gewiedmete Geld nicht an ungebuͤh- renden Orten anwendeten. §. 296.Der Menſch iſt verbunden al- les zu vermeiden, was ſeiner Geſundheit ſchaden kan (§. 447. Mor.). Durch ſte- tes ſitzen und ſtudiren leidet die Geſund- heit des Leibes Abbruch: welches wir als eine bekandte Sache aus der Erfahrung annehmen. Derowegen ſoll man auch nicht durch ſtetes ſitzen und ſtudiren ſeiner Geſundheit ſchaden. Und demnach muͤſ- ſen auch lernende nicht ſtets ſitzen und ſtu- diren; ſondern unterweilen Abwechslun- gen haben, da der Leib durch bequeme Be- wegungen erfriſchet, das Gemuͤthe aber durch andere Gedancken ermuntert wird. Wie die Ergoͤtzlichkeiten, die bey dem ſtu- diren zu untermengen ſind, beſchaffen ſeyn muͤſſen, laͤſſet ſich aus vielen Gruͤnden be- urtheilen. Weil ein jeder Menſch verbun- den iſt, alle beſondere Abſichten dergeſtalt mit einander zu verbinden, daß immer eine ein Mittel zur andern wird (§. 140. Mor.); ſo muß auch die Ergoͤtzlichkeit dem ſtudi- ren keinen Eintrag thun, und wird dem- nach alles verworffen, was auf einige Art und Weiſe dem ſtudiren etwas hinder- liches

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/248>, abgerufen am 21.11.2024.