Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.des gemeinen Wesens. liches nach sich ziehen, oder auch zu ande-ren mehr Lust als zum studiren machen kan, hingegen findet stat für allem ande- ren, was dem studiren förderlich ist und die Lust dazu vermehret. Z. E. übermäßiges Trincken beschweeret das Haupt und ma- chet es zum studiren den folgenden Tag un- geschickt. Es mattet den Leib ab, daß man den folgenden Tag nicht so fleißig, wie sonst das seine verrichten kan. Derowegen ist es keine Ergötzlichkeit für studirende, wenn wir gleich bey Seite setzen, daß es über- haupt ein schädliches Laster für alle Men- schen ist (§. 480. Mor.). Gleichergestalt mit Schreyen und Singen Lermen nimmet den Kopff so ein, daß einem des folgenden Ta- ges der Schall von dem Singen bestän- dig in Ohren erklinget. Da nun hier- durch die Aufmercksamkeit gehindert wird, welche bey dem studiren höchst nöthig ist; so ist Lermen mit Schreyen und Singen keine Ergötzlichkeit, die sich für studirende schicket. Auf eine gleiche Art lässet sich zeigen, daß Umgang mit Weibs- Perso- nen, absonderlich wenn er allzufrey ist, sich für studirende nicht schicket. Hingegen da ein Spatziergang in einem Garten mit einem Freunde, mit dem man erbauliche Discurse führen kan, dem studiren nicht hinderlich, sondern vielmehr förderlich ist, indem man dadurch einen neuen Trieb be- P 4
des gemeinen Weſens. liches nach ſich ziehen, oder auch zu ande-ren mehr Luſt als zum ſtudiren machen kan, hingegen findet ſtat fuͤr allem ande- ren, was dem ſtudiren foͤrderlich iſt und die Luſt dazu vermehret. Z. E. uͤbermaͤßiges Trincken beſchweeret das Haupt und ma- chet es zum ſtudiren den folgenden Tag un- geſchickt. Es mattet den Leib ab, daß man den folgenden Tag nicht ſo fleißig, wie ſonſt das ſeine verrichten kan. Derowegen iſt es keine Ergoͤtzlichkeit fuͤr ſtudirende, wenn wir gleich bey Seite ſetzen, daß es uͤber- haupt ein ſchaͤdliches Laſter fuͤr alle Men- ſchen iſt (§. 480. Mor.). Gleichergeſtalt mit Schreyen und Singen Lermen nimmet den Kopff ſo ein, daß einem des folgenden Ta- ges der Schall von dem Singen beſtaͤn- dig in Ohren erklinget. Da nun hier- durch die Aufmerckſamkeit gehindert wird, welche bey dem ſtudiren hoͤchſt noͤthig iſt; ſo iſt Lermen mit Schreyen und Singen keine Ergoͤtzlichkeit, die ſich fuͤr ſtudirende ſchicket. Auf eine gleiche Art laͤſſet ſich zeigen, daß Umgang mit Weibs- Perſo- nen, abſonderlich wenn er allzufrey iſt, ſich fuͤr ſtudirende nicht ſchicket. Hingegen da ein Spatziergang in einem Garten mit einem Freunde, mit dem man erbauliche Diſcurſe fuͤhren kan, dem ſtudiren nicht hinderlich, ſondern vielmehr foͤrderlich iſt, indem man dadurch einen neuen Trieb be- P 4
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des gemeinen Weſens.
liches nach ſich ziehen, oder auch zu ande-
ren mehr Luſt als zum ſtudiren machen
kan, hingegen findet ſtat fuͤr allem ande-
ren, was dem ſtudiren foͤrderlich iſt und die
Luſt dazu vermehret. Z. E. uͤbermaͤßiges
Trincken beſchweeret das Haupt und ma-
chet es zum ſtudiren den folgenden Tag un-
geſchickt. Es mattet den Leib ab, daß man den
folgenden Tag nicht ſo fleißig, wie ſonſt das
ſeine verrichten kan. Derowegen iſt es
keine Ergoͤtzlichkeit fuͤr ſtudirende, wenn
wir gleich bey Seite ſetzen, daß es uͤber-
haupt ein ſchaͤdliches Laſter fuͤr alle Men-
ſchen iſt (§. 480. Mor.). Gleichergeſtalt mit
Schreyen und Singen Lermen nimmet den
Kopff ſo ein, daß einem des folgenden Ta-
ges der Schall von dem Singen beſtaͤn-
dig in Ohren erklinget. Da nun hier-
durch die Aufmerckſamkeit gehindert wird,
welche bey dem ſtudiren hoͤchſt noͤthig iſt;
ſo iſt Lermen mit Schreyen und Singen
keine Ergoͤtzlichkeit, die ſich fuͤr ſtudirende
ſchicket. Auf eine gleiche Art laͤſſet ſich
zeigen, daß Umgang mit Weibs- Perſo-
nen, abſonderlich wenn er allzufrey iſt, ſich
fuͤr ſtudirende nicht ſchicket. Hingegen
da ein Spatziergang in einem Garten mit
einem Freunde, mit dem man erbauliche
Diſcurſe fuͤhren kan, dem ſtudiren nicht
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