Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.des gemeinen Wesens. Guten und Bösen fehle. Derowegen hatman auf Mittel und Wege zu gedencken, wie gleich die Kinder bey ihrer Auferzie- hung zur Erkänntniß des Guten und Bö- sen angeführet werden: die Erwachsenen hingegen beständig darinnen zunehmen. Was nun die Kinder betrifft, so siehet man leicht, daß, da denen Eltern oblieget, die Kinder zur Tugend anzuführen (§. 95), man Anstalten zu machen hat, wie sie zu Ausübung dieser Pflicht können angehal- ten werden. Und weil in diesem Stücke die Lehrer in den Schulen ihre Stelle ver- treten (§. 284); so hat man zugleich in Schulen und auf Academien dergleichen Anstalten zu machen, daß Kinder und jun- ge Leute zu gründlicher Erkänntniß des Guten und Bösen angeführet werden. Die Evwachsenenen hingegen, und die ein männliches Alter erreichet, oder auch wei- ter kommen, können im Guten nicht an- ders als in denen öffentlichen Zusammen- künfften von denen öffentlichen Lehrern un- terrichtet werden. Und deswegen hat man in einem gemeinen Wesen zu Lehrern solche Personen zu bestellen, die eine gründliche Erkänntniß des Guten und Bö- sen, auch selbst Erfahrung im Guten und Bösen haben: nemlich Erfahrung im Gu- ten, indem sie es selbst ausgeübet und auf andere, die es ausüben; acht gegeben; Er-
des gemeinen Weſens. Guten und Boͤſen fehle. Derowegen hatman auf Mittel und Wege zu gedencken, wie gleich die Kinder bey ihrer Auferzie- hung zur Erkaͤnntniß des Guten und Boͤ- ſen angefuͤhret werden: die Erwachſenen hingegen beſtaͤndig darinnen zunehmen. Was nun die Kinder betrifft, ſo ſiehet man leicht, daß, da denen Eltern oblieget, die Kinder zur Tugend anzufuͤhren (§. 95), man Anſtalten zu machen hat, wie ſie zu Ausuͤbung dieſer Pflicht koͤnnen angehal- ten werden. Und weil in dieſem Stuͤcke die Lehrer in den Schulen ihre Stelle ver- treten (§. 284); ſo hat man zugleich in Schulen und auf Academien dergleichen Anſtalten zu machen, daß Kinder und jun- ge Leute zu gruͤndlicher Erkaͤnntniß des Guten und Boͤſen angefuͤhret werden. Die Evwachſenenen hingegen, und die ein maͤnnliches Alter erreichet, oder auch wei- ter kommen, koͤnnen im Guten nicht an- ders als in denen oͤffentlichen Zuſammen- kuͤnfften von denen oͤffentlichen Lehrern un- terrichtet werden. Und deswegen hat man in einem gemeinen Weſen zu Lehrern ſolche Perſonen zu beſtellen, die eine gruͤndliche Erkaͤnntniß des Guten und Boͤ- ſen, auch ſelbſt Erfahrung im Guten und Boͤſen haben: nemlich Erfahrung im Gu- ten, indem ſie es ſelbſt ausgeuͤbet und auf andere, die es ausuͤben; acht gegeben; Er-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0273" n="255"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des gemeinen Weſens.</hi></fw><lb/> Guten und Boͤſen fehle. Derowegen hat<lb/> man auf Mittel und Wege zu gedencken,<lb/> wie gleich die Kinder bey ihrer Auferzie-<lb/> hung zur Erkaͤnntniß des Guten und Boͤ-<lb/> ſen angefuͤhret werden: die Erwachſenen<lb/> hingegen beſtaͤndig darinnen zunehmen.<lb/> Was nun die Kinder betrifft, ſo ſiehet man<lb/> leicht, daß, da denen Eltern oblieget, die<lb/> Kinder zur Tugend anzufuͤhren (§. 95),<lb/> man Anſtalten zu machen hat, wie ſie zu<lb/> Ausuͤbung dieſer Pflicht koͤnnen angehal-<lb/> ten werden. Und weil in dieſem Stuͤcke<lb/> die Lehrer in den Schulen ihre Stelle ver-<lb/> treten (§. 284); ſo hat man zugleich in<lb/> Schulen und auf Academien dergleichen<lb/> Anſtalten zu machen, daß Kinder und jun-<lb/> ge Leute zu gruͤndlicher Erkaͤnntniß des<lb/> Guten und Boͤſen angefuͤhret werden. Die<lb/> Evwachſenenen hingegen, und die ein<lb/> maͤnnliches Alter erreichet, oder auch wei-<lb/> ter kommen, koͤnnen im Guten nicht an-<lb/> ders als in denen oͤffentlichen Zuſammen-<lb/> kuͤnfften von denen oͤffentlichen Lehrern un-<lb/> terrichtet werden. Und deswegen hat<lb/> man in einem gemeinen Weſen zu Lehrern<lb/> ſolche Perſonen zu beſtellen, die eine<lb/> gruͤndliche Erkaͤnntniß des Guten und Boͤ-<lb/> ſen, auch ſelbſt Erfahrung im Guten und<lb/> Boͤſen haben: nemlich Erfahrung im Gu-<lb/> ten, indem ſie es ſelbſt ausgeuͤbet und auf<lb/> andere, die es ausuͤben; acht gegeben;<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Er-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [255/0273]
des gemeinen Weſens.
Guten und Boͤſen fehle. Derowegen hat
man auf Mittel und Wege zu gedencken,
wie gleich die Kinder bey ihrer Auferzie-
hung zur Erkaͤnntniß des Guten und Boͤ-
ſen angefuͤhret werden: die Erwachſenen
hingegen beſtaͤndig darinnen zunehmen.
Was nun die Kinder betrifft, ſo ſiehet man
leicht, daß, da denen Eltern oblieget, die
Kinder zur Tugend anzufuͤhren (§. 95),
man Anſtalten zu machen hat, wie ſie zu
Ausuͤbung dieſer Pflicht koͤnnen angehal-
ten werden. Und weil in dieſem Stuͤcke
die Lehrer in den Schulen ihre Stelle ver-
treten (§. 284); ſo hat man zugleich in
Schulen und auf Academien dergleichen
Anſtalten zu machen, daß Kinder und jun-
ge Leute zu gruͤndlicher Erkaͤnntniß des
Guten und Boͤſen angefuͤhret werden. Die
Evwachſenenen hingegen, und die ein
maͤnnliches Alter erreichet, oder auch wei-
ter kommen, koͤnnen im Guten nicht an-
ders als in denen oͤffentlichen Zuſammen-
kuͤnfften von denen oͤffentlichen Lehrern un-
terrichtet werden. Und deswegen hat
man in einem gemeinen Weſen zu Lehrern
ſolche Perſonen zu beſtellen, die eine
gruͤndliche Erkaͤnntniß des Guten und Boͤ-
ſen, auch ſelbſt Erfahrung im Guten und
Boͤſen haben: nemlich Erfahrung im Gu-
ten, indem ſie es ſelbſt ausgeuͤbet und auf
andere, die es ausuͤben; acht gegeben;
Er-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |