Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.des gemeinen Wesens. Leute zu gehen pflegen, hingegen in Haupt-Strassen, sonderlich die am Marckte lie- gen, und wo demnach jedermann viel zu gehen hat, müssen sie nicht gedultet wer- den. Dieses aber kan um so viel eher ge- schehen, wenn man sie nicht alle Tage nö- thig hat, und daher nichts daran gelegen ist, ob sie an abgelegenen Orten wohnen, oder nicht. Solten aber auch einige Stäncker Wahre von täglichem Gebrauch haben; so kan man doch Anstalten ma- chen, daß sie ihre Wahre an einem gelege- nen Orte verkauffen. Z. E. Fleischer ma- chen so wohl mit der Mastung des Viehes, als mit dem Schlachten vielen Unflat und Gestanck. Allein man kan entweder in einem abgelegenen Orte der Stadt, oder auch ausser derselben ein besonderes Ge- bäude haben, da so wohl Ställe für das Viehe sind, als auch ein bequemes Schlacht-Hauß ist, und solchergestalt nie- mand dadurch beschweeret wird. Hinge- gen schicket sichs nicht, daß man sie nach ihrem Gefallen unter andern Leuten woh- nen lässet. Weil überhaupt die Vieh- zucht viel Unreinigkeit und folgends an Or- ten, wo die Lufft nicht frey durchstreichen kan, Gestanck verursachet; so sol man in Städten, die wohl erbauet sind, und da die Jnnwohner nicht nöthig haben sich von Ackerbaue und der Viehzucht zu nähren, abson-
des gemeinen Weſens. Leute zu gehen pflegen, hingegen in Haupt-Straſſen, ſonderlich die am Marckte lie- gen, und wo demnach jedermann viel zu gehen hat, muͤſſen ſie nicht gedultet wer- den. Dieſes aber kan um ſo viel eher ge- ſchehen, wenn man ſie nicht alle Tage noͤ- thig hat, und daher nichts daran gelegen iſt, ob ſie an abgelegenen Orten wohnen, oder nicht. Solten aber auch einige Staͤncker Wahre von taͤglichem Gebrauch haben; ſo kan man doch Anſtalten ma- chen, daß ſie ihre Wahre an einem gelege- nen Orte verkauffen. Z. E. Fleiſcher ma- chen ſo wohl mit der Maſtung des Viehes, als mit dem Schlachten vielen Unflat und Geſtanck. Allein man kan entweder in einem abgelegenen Orte der Stadt, oder auch auſſer derſelben ein beſonderes Ge- baͤude haben, da ſo wohl Staͤlle fuͤr das Viehe ſind, als auch ein bequemes Schlacht-Hauß iſt, und ſolchergeſtalt nie- mand dadurch beſchweeret wird. Hinge- gen ſchicket ſichs nicht, daß man ſie nach ihrem Gefallen unter andern Leuten woh- nen laͤſſet. Weil uͤberhaupt die Vieh- zucht viel Unreinigkeit und folgends an Or- ten, wo die Lufft nicht frey durchſtreichen kan, Geſtanck verurſachet; ſo ſol man in Staͤdten, die wohl erbauet ſind, und da die Jnnwohner nicht noͤthig haben ſich von Ackerbaue und der Viehzucht zu naͤhren, abſon-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0401" n="383"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des gemeinen Weſens.</hi></fw><lb/> Leute zu gehen pflegen, hingegen in Haupt-<lb/> Straſſen, ſonderlich die am Marckte lie-<lb/> gen, und wo demnach jedermann viel zu<lb/> gehen hat, muͤſſen ſie nicht gedultet wer-<lb/> den. Dieſes aber kan um ſo viel eher ge-<lb/> ſchehen, wenn man ſie nicht alle Tage noͤ-<lb/> thig hat, und daher nichts daran gelegen<lb/> iſt, ob ſie an abgelegenen Orten wohnen,<lb/> oder nicht. Solten aber auch einige<lb/> Staͤncker Wahre von taͤglichem Gebrauch<lb/> haben; ſo kan man doch Anſtalten ma-<lb/> chen, daß ſie ihre Wahre an einem gelege-<lb/> nen Orte verkauffen. Z. E. Fleiſcher ma-<lb/> chen ſo wohl mit der Maſtung des Viehes,<lb/> als mit dem Schlachten vielen Unflat und<lb/> Geſtanck. Allein man kan entweder in<lb/> einem abgelegenen Orte der Stadt, oder<lb/> auch auſſer derſelben ein beſonderes Ge-<lb/> baͤude haben, da ſo wohl Staͤlle fuͤr das<lb/> Viehe ſind, als auch ein bequemes<lb/> Schlacht-Hauß iſt, und ſolchergeſtalt nie-<lb/> mand dadurch beſchweeret wird. Hinge-<lb/> gen ſchicket ſichs nicht, daß man ſie nach<lb/> ihrem Gefallen unter andern Leuten woh-<lb/> nen laͤſſet. Weil uͤberhaupt die Vieh-<lb/> zucht viel Unreinigkeit und folgends an Or-<lb/> ten, wo die Lufft nicht frey durchſtreichen<lb/> kan, Geſtanck verurſachet; ſo ſol man in<lb/> Staͤdten, die wohl erbauet ſind, und da<lb/> die Jnnwohner nicht noͤthig haben ſich von<lb/> Ackerbaue und der Viehzucht zu naͤhren,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">abſon-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [383/0401]
des gemeinen Weſens.
Leute zu gehen pflegen, hingegen in Haupt-
Straſſen, ſonderlich die am Marckte lie-
gen, und wo demnach jedermann viel zu
gehen hat, muͤſſen ſie nicht gedultet wer-
den. Dieſes aber kan um ſo viel eher ge-
ſchehen, wenn man ſie nicht alle Tage noͤ-
thig hat, und daher nichts daran gelegen
iſt, ob ſie an abgelegenen Orten wohnen,
oder nicht. Solten aber auch einige
Staͤncker Wahre von taͤglichem Gebrauch
haben; ſo kan man doch Anſtalten ma-
chen, daß ſie ihre Wahre an einem gelege-
nen Orte verkauffen. Z. E. Fleiſcher ma-
chen ſo wohl mit der Maſtung des Viehes,
als mit dem Schlachten vielen Unflat und
Geſtanck. Allein man kan entweder in
einem abgelegenen Orte der Stadt, oder
auch auſſer derſelben ein beſonderes Ge-
baͤude haben, da ſo wohl Staͤlle fuͤr das
Viehe ſind, als auch ein bequemes
Schlacht-Hauß iſt, und ſolchergeſtalt nie-
mand dadurch beſchweeret wird. Hinge-
gen ſchicket ſichs nicht, daß man ſie nach
ihrem Gefallen unter andern Leuten woh-
nen laͤſſet. Weil uͤberhaupt die Vieh-
zucht viel Unreinigkeit und folgends an Or-
ten, wo die Lufft nicht frey durchſtreichen
kan, Geſtanck verurſachet; ſo ſol man in
Staͤdten, die wohl erbauet ſind, und da
die Jnnwohner nicht noͤthig haben ſich von
Ackerbaue und der Viehzucht zu naͤhren,
abſon-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |