Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Gesetzen. Anlaß geben würde, wenn man erst erwei-sen sollte, der Gläubiger habe das seine selbst nöthig, oder der Schuldner werde durch den Verlauff des Pfandes in Scha- den gesetzet, und was dergleichen mehr ist; so können die bürgerlichen Gesetze in einem jeden Falle den Verkauff des Pfandes er- lauben, wenn der Schuldner nicht in dem Stande ist es zu gesetzter Zeit einzulösen und der Gläubiger nicht länger warten wil (§. 401). Wenn der Gläubiger das Pfand, welches der Schuldner nicht ein- lösen wil, noch kan, für einen rechrmäßigen Preiß verkauffet und das Ubrige demsel- ben heraus giebet, so wird der natürlichen Billigkeit zunahe getreten (§. 951. Mor.) und ist eben nicht nöthig, daß der Ver- kauff gerichtlich geschiehet. Allein weil doch dadurch abermahl viele Weilläuff- tigkeiten bey Gerichten entstehen würden, wenn man dem Schuldner zugefallen, der wegen des Verkauffes Klage führet, be- weisen sollte, daß Pfand sey für einen recht- mäßigen Preiß verkauffet worden, oder auch nicht höher, als es der Gläubiger angiebet; so ist abermahls rathsamer, daß die bürgerlichen Gesetze schlechter Dinges verordnen, es solle kein Pfand wieder den Willen des Eigenthums-Herrns anders als gerichtlich verkauffet werden. Und damit dieser keine Ursache sich zubeschwee- ren E e 5
Geſetzen. Anlaß geben wuͤrde, wenn man erſt erwei-ſen ſollte, der Glaͤubiger habe das ſeine ſelbſt noͤthig, oder der Schuldner werde durch den Verlauff des Pfandes in Scha- den geſetzet, und was dergleichen mehr iſt; ſo koͤnnen die buͤrgerlichen Geſetze in einem jeden Falle den Verkauff des Pfandes er- lauben, wenn der Schuldner nicht in dem Stande iſt es zu geſetzter Zeit einzuloͤſen und der Glaͤubiger nicht laͤnger warten wil (§. 401). Wenn der Glaͤubiger das Pfand, welches der Schuldner nicht ein- loͤſen wil, noch kan, fuͤr einen rechrmaͤßigen Preiß verkauffet und das Ubrige demſel- ben heraus giebet, ſo wird der natuͤrlichen Billigkeit zunahe getreten (§. 951. Mor.) und iſt eben nicht noͤthig, daß der Ver- kauff gerichtlich geſchiehet. Allein weil doch dadurch abermahl viele Weillaͤuff- tigkeiten bey Gerichten entſtehen wuͤrden, wenn man dem Schuldner zugefallen, der wegen des Verkauffes Klage fuͤhret, be- weiſen ſollte, daß Pfand ſey fuͤr einen recht- maͤßigen Preiß verkauffet worden, oder auch nicht hoͤher, als es der Glaͤubiger angiebet; ſo iſt abermahls rathſamer, daß die buͤrgerlichen Geſetze ſchlechter Dinges verordnen, es ſolle kein Pfand wieder den Willen des Eigenthums-Herrns anders als gerichtlich verkauffet werden. Und damit dieſer keine Urſache ſich zubeſchwee- ren E e 5
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Geſetzen.
Anlaß geben wuͤrde, wenn man erſt erwei-
ſen ſollte, der Glaͤubiger habe das ſeine
ſelbſt noͤthig, oder der Schuldner werde
durch den Verlauff des Pfandes in Scha-
den geſetzet, und was dergleichen mehr iſt;
ſo koͤnnen die buͤrgerlichen Geſetze in einem
jeden Falle den Verkauff des Pfandes er-
lauben, wenn der Schuldner nicht in dem
Stande iſt es zu geſetzter Zeit einzuloͤſen
und der Glaͤubiger nicht laͤnger warten wil
(§. 401). Wenn der Glaͤubiger das
Pfand, welches der Schuldner nicht ein-
loͤſen wil, noch kan, fuͤr einen rechrmaͤßigen
Preiß verkauffet und das Ubrige demſel-
ben heraus giebet, ſo wird der natuͤrlichen
Billigkeit zunahe getreten (§. 951. Mor.)
und iſt eben nicht noͤthig, daß der Ver-
kauff gerichtlich geſchiehet. Allein weil
doch dadurch abermahl viele Weillaͤuff-
tigkeiten bey Gerichten entſtehen wuͤrden,
wenn man dem Schuldner zugefallen, der
wegen des Verkauffes Klage fuͤhret, be-
weiſen ſollte, daß Pfand ſey fuͤr einen recht-
maͤßigen Preiß verkauffet worden, oder
auch nicht hoͤher, als es der Glaͤubiger
angiebet; ſo iſt abermahls rathſamer, daß
die buͤrgerlichen Geſetze ſchlechter Dinges
verordnen, es ſolle kein Pfand wieder den
Willen des Eigenthums-Herrns anders
als gerichtlich verkauffet werden. Und
damit dieſer keine Urſache ſich zubeſchwee-
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