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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Cap. 2. Von dem Ehestande.
Ehebruch
scheidet
die Ehe.
§. 49.

Wenn wir etwas unter gewissen
Bedingungen versprochen und diese wer-
den nicht erfüllet, so darf man sein Ver-
sprechen nicht halten, (§. 1004. Mor.) Da
nun im Ehestande eine Person der anderen
allein ehelich bey zuwohnen verspricht (§. 16.
26), so ist kein Theil dem andern weiter
verbunden, als so lange es ihm allein
den Gebrauch seines Leibes vergönnet.
Derowegen wenn eines von Eheleuten im
Ehebruch lebet, so wird dadurch das an-
dere von seiner Verbindlichkeit frey und sol-
cher gestalt die Ehe getrennet. Wenn dem-
nach die andere mit Wissen sich ferner zu
der, die Ehebruch verübet, hält; so ist
es eben so viel als wenn sie ihre Ehe von
neuem erneuret hätten.

Ob Kebs-
Weiber
erlaubet
sind.
§. 50.

Weil man die jenigen Weibs-Per-
sonen, die ein Ehe-Mann neben seinem Weibe
hält, um ihnen der Lust halber bey zuwoh-
nen, Kebs-Weiber nennet; aller Bey-
schlaff aber, welcher bloß der Lust halber
geschiehet, unzuläßig ist (§. 23): so ist es
auch unrecht Kebs-Weiber zu haben.
Man darf nicht einwenden, daß mit Kebs-
Weibern
auch Kinder erzeuget und aufer-
zogen werden: denn obgleich dieses geschie-
het, so ist es doch nicht die Absicht, warum
man sie hält, sondern nur die Lust, welche man
von ihnen geniesset. Denn sonst wäre diese
Art der Gesellschafft von der Vielweiberey
nicht unterschieden. Der Unterscheid zeiget sich

auch
Cap. 2. Von dem Eheſtande.
Ehebruch
ſcheidet
die Ehe.
§. 49.

Wenn wir etwas unter gewiſſen
Bedingungen verſprochen und dieſe wer-
den nicht erfuͤllet, ſo darf man ſein Ver-
ſprechen nicht halten, (§. 1004. Mor.) Da
nun im Eheſtande eine Perſon der anderen
allein ehelich bey zuwohnen verſpricht (§. 16.
26), ſo iſt kein Theil dem andern weiter
verbunden, als ſo lange es ihm allein
den Gebrauch ſeines Leibes vergoͤnnet.
Derowegen wenn eines von Eheleuten im
Ehebruch lebet, ſo wird dadurch das an-
dere von ſeiner Verbindlichkeit frey und ſol-
cher geſtalt die Ehe getrennet. Wenn dem-
nach die andere mit Wiſſen ſich ferner zu
der, die Ehebruch veruͤbet, haͤlt; ſo iſt
es eben ſo viel als wenn ſie ihre Ehe von
neuem erneuret haͤtten.

Ob Kebs-
Weiber
erlaubet
ſind.
§. 50.

Weil man die jenigen Weibs-Per-
ſonen, die ein Ehe-Mann neben ſeinem Weibe
haͤlt, um ihnen der Luſt halber bey zuwoh-
nen, Kebs-Weiber nennet; aller Bey-
ſchlaff aber, welcher bloß der Luſt halber
geſchiehet, unzulaͤßig iſt (§. 23): ſo iſt es
auch unrecht Kebs-Weiber zu haben.
Man darf nicht einwenden, daß mit Kebs-
Weibern
auch Kinder erzeuget und aufer-
zogen werden: denn obgleich dieſes geſchie-
het, ſo iſt es doch nicht die Abſicht, warum
man ſie haͤlt, ſondeꝛn nuꝛ die Luſt, welche man
von ihnen genieſſet. Denn ſonſt waͤre dieſe
Art der Geſellſchafft von der Vielweiberey
nicht unteꝛſchieden. Deꝛ Unteꝛſcheid zeiget ſich

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[36/0054] Cap. 2. Von dem Eheſtande. §. 49.Wenn wir etwas unter gewiſſen Bedingungen verſprochen und dieſe wer- den nicht erfuͤllet, ſo darf man ſein Ver- ſprechen nicht halten, (§. 1004. Mor.) Da nun im Eheſtande eine Perſon der anderen allein ehelich bey zuwohnen verſpricht (§. 16. 26), ſo iſt kein Theil dem andern weiter verbunden, als ſo lange es ihm allein den Gebrauch ſeines Leibes vergoͤnnet. Derowegen wenn eines von Eheleuten im Ehebruch lebet, ſo wird dadurch das an- dere von ſeiner Verbindlichkeit frey und ſol- cher geſtalt die Ehe getrennet. Wenn dem- nach die andere mit Wiſſen ſich ferner zu der, die Ehebruch veruͤbet, haͤlt; ſo iſt es eben ſo viel als wenn ſie ihre Ehe von neuem erneuret haͤtten. §. 50.Weil man die jenigen Weibs-Per- ſonen, die ein Ehe-Mann neben ſeinem Weibe haͤlt, um ihnen der Luſt halber bey zuwoh- nen, Kebs-Weiber nennet; aller Bey- ſchlaff aber, welcher bloß der Luſt halber geſchiehet, unzulaͤßig iſt (§. 23): ſo iſt es auch unrecht Kebs-Weiber zu haben. Man darf nicht einwenden, daß mit Kebs- Weibern auch Kinder erzeuget und aufer- zogen werden: denn obgleich dieſes geſchie- het, ſo iſt es doch nicht die Abſicht, warum man ſie haͤlt, ſondeꝛn nuꝛ die Luſt, welche man von ihnen genieſſet. Denn ſonſt waͤre dieſe Art der Geſellſchafft von der Vielweiberey nicht unteꝛſchieden. Deꝛ Unteꝛſcheid zeiget ſich auch

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/54>, abgerufen am 24.11.2024.