Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.Cap. V. Von dem Auffsteigen andere Cörper in flüßigen Materien, dieleichter sind als dieselbe Materie (§. 195 T. I. Exper.). Derowegen weil die Lufft unten dichter ist, weiter hinauf aber immer dünner wird (§. 189); so können die Dün- ste zwar in der unteren Lufft in die Höhe steigen, in der oberen aber müssen sie han- gen bleiben (§. 195 T. I. Exper.). Daß diese und keine andere Ursache ist, warum die Dünste aufsteigen, ist nicht allein aus den angeführten Gründen klar; sondern man siehet auch, daß keine andere als diese vorhanden. Es gewinnet freylich wohl das Ansehen, als wenn sie auch von der Wärme könnten in die Höhe gebracht wer- den: denn wir sehen daß das Wasser aus- dünstet, indem es kalt wird und ihm die Wärme entgehet (§. 124); ja wir fühlen es auch, daß der Dampff, welcher aus warmem Wasser aufsteiget, sehr heiß ist. Al- lein wenn man die Sache genauer überle- get, so wird sichs bald zeigen, daß die Wär- me die Dünste nicht in die Höhe treiben kan. Anfangs siehet man daß die Dünste allzeit in die Höhe steigen, sich aber niemals nach der Seite bewegen: da hingegen die Wärme sich sowol nach der Seite ausbrei- tet, als in die Höhe steiget. Wenn nun die Wärme die Dünste fort triebe; so mü- ste es doch auch geschehen, daß einige nach der Seite mit fort gerissen würden: wel- ches
Cap. V. Von dem Auffſteigen andere Coͤrper in fluͤßigen Materien, dieleichter ſind als dieſelbe Materie (§. 195 T. I. Exper.). Derowegen weil die Lufft unten dichter iſt, weiter hinauf aber immer duͤnner wird (§. 189); ſo koͤnnen die Duͤn- ſte zwar in der unteren Lufft in die Hoͤhe ſteigen, in der oberen aber muͤſſen ſie han- gen bleiben (§. 195 T. I. Exper.). Daß dieſe und keine andere Urſache iſt, warum die Duͤnſte aufſteigen, iſt nicht allein aus den angefuͤhrten Gruͤnden klar; ſondern man ſiehet auch, daß keine andere als dieſe vorhanden. Es gewinnet freylich wohl das Anſehen, als wenn ſie auch von der Waͤrme koͤnnten in die Hoͤhe gebracht wer- den: denn wir ſehen daß das Waſſer aus- duͤnſtet, indem es kalt wird und ihm die Waͤrme entgehet (§. 124); ja wir fuͤhlen es auch, daß der Dampff, welcher aus warmem Waſſer aufſteiget, ſehr heiß iſt. Al- lein wenn man die Sache genauer uͤberle- get, ſo wird ſichs bald zeigen, daß die Waͤr- me die Duͤnſte nicht in die Hoͤhe treiben kan. Anfangs ſiehet man daß die Duͤnſte allzeit in die Hoͤhe ſteigen, ſich aber niemals nach der Seite bewegen: da hingegen die Waͤrme ſich ſowol nach der Seite ausbrei- tet, als in die Hoͤhe ſteiget. Wenn nun die Waͤrme die Duͤnſte fort triebe; ſo muͤ- ſte es doch auch geſchehen, daß einige nach der Seite mit fort geriſſen wuͤrden: wel- ches
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Cap. V. Von dem Auffſteigen
andere Coͤrper in fluͤßigen Materien, die
leichter ſind als dieſelbe Materie (§. 195 T.
I. Exper.). Derowegen weil die Lufft
unten dichter iſt, weiter hinauf aber immer
duͤnner wird (§. 189); ſo koͤnnen die Duͤn-
ſte zwar in der unteren Lufft in die Hoͤhe
ſteigen, in der oberen aber muͤſſen ſie han-
gen bleiben (§. 195 T. I. Exper.). Daß
dieſe und keine andere Urſache iſt, warum
die Duͤnſte aufſteigen, iſt nicht allein aus
den angefuͤhrten Gruͤnden klar; ſondern
man ſiehet auch, daß keine andere als dieſe
vorhanden. Es gewinnet freylich wohl
das Anſehen, als wenn ſie auch von der
Waͤrme koͤnnten in die Hoͤhe gebracht wer-
den: denn wir ſehen daß das Waſſer aus-
duͤnſtet, indem es kalt wird und ihm die
Waͤrme entgehet (§. 124); ja wir fuͤhlen
es auch, daß der Dampff, welcher aus
warmem Waſſer aufſteiget, ſehr heiß iſt. Al-
lein wenn man die Sache genauer uͤberle-
get, ſo wird ſichs bald zeigen, daß die Waͤr-
me die Duͤnſte nicht in die Hoͤhe treiben
kan. Anfangs ſiehet man daß die Duͤnſte
allzeit in die Hoͤhe ſteigen, ſich aber niemals
nach der Seite bewegen: da hingegen die
Waͤrme ſich ſowol nach der Seite ausbrei-
tet, als in die Hoͤhe ſteiget. Wenn nun
die Waͤrme die Duͤnſte fort triebe; ſo muͤ-
ſte es doch auch geſchehen, daß einige nach
der Seite mit fort geriſſen wuͤrden: wel-
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