Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. VI. Von Thau, Reiff, Regen,
sind, die aus der Lufft herunter fallen; so ist
Thau mit einem niedergehenden Nebel zu-
vergleichen.

Wie er
entstehet.
§. 271.

Wenn die Dünste in der Lufft
niederfallen sollen, so müssen sie in Tröpflein
zusammen fliessen. Und daß dieses geschie-
het, wenn es thauet, weiset auch der Augen-
schein, indem sich der Thau in Gestalt klei-
ner Tröpflein an die obere rauhe Flächen
der Cörper anhänget. Es giebts aber auch
die Vernunfft. Die Dünste sind nicht
schweerer als die Lufft (§. 247): derowegen
wenn sie niederfallen sollen, müssen sie von
schweererer Art als die Lufft werden. Von
der Kälte lassen sie sich nicht so sehr verdi-
cken (§. 249): derowegen müssen mehrere
zusammen fliessen, damit aus ihnen kleine
Tröpflein werden, die schweerer sind als die
Lufft. Man kan auch gar wohl begreiffen,
wie dieses in der Natur geschiehet. Der
Thau fället des Nachts und sonderlich ge-
gen Morgen, wenn die Lufft, wie das Ther-
mometer zeiget (§. 55. T. II. Exper.), sich
abkühlet. Jndem dieses geschiehet, wird
sie dichter (§. 133 T. I. Exp.). Weil nun ihre
Theile näher zusammen kommen, so werden
auch die zwischen ihnen enthaltene Dünste
näher zusammen gebracht, und fliessen da-
her in Tröpflein zusammen. Die Grösse
dieser Tröpflein kan man nicht aus der
Grösse derer erachten, die man auf dem

Gra-

Cap. VI. Von Thau, Reiff, Regen,
ſind, die aus der Lufft herunter fallen; ſo iſt
Thau mit einem niedergehenden Nebel zu-
vergleichen.

Wie er
entſtehet.
§. 271.

Wenn die Duͤnſte in der Lufft
niederfallen ſollen, ſo muͤſſen ſie in Troͤpflein
zuſammen flieſſen. Und daß dieſes geſchie-
het, wenn es thauet, weiſet auch der Augen-
ſchein, indem ſich der Thau in Geſtalt klei-
ner Troͤpflein an die obere rauhe Flaͤchen
der Coͤrper anhaͤnget. Es giebts aber auch
die Vernunfft. Die Duͤnſte ſind nicht
ſchweerer als die Lufft (§. 247): derowegen
wenn ſie niederfallen ſollen, muͤſſen ſie von
ſchweererer Art als die Lufft werden. Von
der Kaͤlte laſſen ſie ſich nicht ſo ſehr verdi-
cken (§. 249): derowegen muͤſſen mehrere
zuſammen flieſſen, damit aus ihnen kleine
Troͤpflein werden, die ſchweerer ſind als die
Lufft. Man kan auch gar wohl begreiffen,
wie dieſes in der Natur geſchiehet. Der
Thau faͤllet des Nachts und ſonderlich ge-
gen Morgen, wenn die Lufft, wie das Ther-
mometer zeiget (§. 55. T. II. Exper.), ſich
abkuͤhlet. Jndem dieſes geſchiehet, wird
ſie dichter (§. 133 T. I. Exp.). Weil nun ihre
Theile naͤher zuſammen kommen, ſo werden
auch die zwiſchen ihnen enthaltene Duͤnſte
naͤher zuſammen gebracht, und flieſſen da-
her in Troͤpflein zuſammen. Die Groͤſſe
dieſer Troͤpflein kan man nicht aus der
Groͤſſe derer erachten, die man auf dem

Gra-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0402" n="366"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Cap. VI.</hi> Von Thau, Reiff, Regen,</hi></fw><lb/>
&#x017F;ind, die aus der Lufft herunter fallen; &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
Thau mit einem niedergehenden Nebel zu-<lb/>
vergleichen.</p><lb/>
              <note place="left">Wie er<lb/>
ent&#x017F;tehet.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 271.</head>
              <p>Wenn die Du&#x0364;n&#x017F;te in der Lufft<lb/>
niederfallen &#x017F;ollen, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie in Tro&#x0364;pflein<lb/>
zu&#x017F;ammen flie&#x017F;&#x017F;en. Und daß die&#x017F;es ge&#x017F;chie-<lb/>
het, wenn es thauet, wei&#x017F;et auch der Augen-<lb/>
&#x017F;chein, indem &#x017F;ich der Thau in Ge&#x017F;talt klei-<lb/>
ner Tro&#x0364;pflein an die obere rauhe Fla&#x0364;chen<lb/>
der Co&#x0364;rper anha&#x0364;nget. Es giebts aber auch<lb/>
die Vernunfft. Die Du&#x0364;n&#x017F;te &#x017F;ind nicht<lb/>
&#x017F;chweerer als die Lufft (§. 247): derowegen<lb/>
wenn &#x017F;ie niederfallen &#x017F;ollen, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie von<lb/>
&#x017F;chweererer Art als die Lufft werden. Von<lb/>
der Ka&#x0364;lte la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie &#x017F;ich nicht &#x017F;o &#x017F;ehr verdi-<lb/>
cken (§. 249): derowegen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en mehrere<lb/>
zu&#x017F;ammen flie&#x017F;&#x017F;en, damit aus ihnen kleine<lb/>
Tro&#x0364;pflein werden, die &#x017F;chweerer &#x017F;ind als die<lb/>
Lufft. Man kan auch gar wohl begreiffen,<lb/>
wie die&#x017F;es in der Natur ge&#x017F;chiehet. Der<lb/>
Thau fa&#x0364;llet des Nachts und &#x017F;onderlich ge-<lb/>
gen Morgen, wenn die Lufft, wie das Ther-<lb/>
mometer zeiget (§. 55. <hi rendition="#aq">T. II. Exper.</hi>), &#x017F;ich<lb/>
abku&#x0364;hlet. Jndem die&#x017F;es ge&#x017F;chiehet, wird<lb/>
&#x017F;ie dichter (§. 133 <hi rendition="#aq">T. I. Exp.</hi>). Weil nun ihre<lb/>
Theile na&#x0364;her zu&#x017F;ammen kommen, &#x017F;o werden<lb/>
auch die zwi&#x017F;chen ihnen enthaltene Du&#x0364;n&#x017F;te<lb/>
na&#x0364;her zu&#x017F;ammen gebracht, und flie&#x017F;&#x017F;en da-<lb/>
her in Tro&#x0364;pflein zu&#x017F;ammen. Die Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e<lb/>
die&#x017F;er Tro&#x0364;pflein kan man nicht aus der<lb/>
Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e derer erachten, die man auf dem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Gra-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[366/0402] Cap. VI. Von Thau, Reiff, Regen, ſind, die aus der Lufft herunter fallen; ſo iſt Thau mit einem niedergehenden Nebel zu- vergleichen. §. 271. Wenn die Duͤnſte in der Lufft niederfallen ſollen, ſo muͤſſen ſie in Troͤpflein zuſammen flieſſen. Und daß dieſes geſchie- het, wenn es thauet, weiſet auch der Augen- ſchein, indem ſich der Thau in Geſtalt klei- ner Troͤpflein an die obere rauhe Flaͤchen der Coͤrper anhaͤnget. Es giebts aber auch die Vernunfft. Die Duͤnſte ſind nicht ſchweerer als die Lufft (§. 247): derowegen wenn ſie niederfallen ſollen, muͤſſen ſie von ſchweererer Art als die Lufft werden. Von der Kaͤlte laſſen ſie ſich nicht ſo ſehr verdi- cken (§. 249): derowegen muͤſſen mehrere zuſammen flieſſen, damit aus ihnen kleine Troͤpflein werden, die ſchweerer ſind als die Lufft. Man kan auch gar wohl begreiffen, wie dieſes in der Natur geſchiehet. Der Thau faͤllet des Nachts und ſonderlich ge- gen Morgen, wenn die Lufft, wie das Ther- mometer zeiget (§. 55. T. II. Exper.), ſich abkuͤhlet. Jndem dieſes geſchiehet, wird ſie dichter (§. 133 T. I. Exp.). Weil nun ihre Theile naͤher zuſammen kommen, ſo werden auch die zwiſchen ihnen enthaltene Duͤnſte naͤher zuſammen gebracht, und flieſſen da- her in Troͤpflein zuſammen. Die Groͤſſe dieſer Troͤpflein kan man nicht aus der Groͤſſe derer erachten, die man auf dem Gra-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/402
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/402>, abgerufen am 22.11.2024.