Wände und Mauren der Gebäude schwi- tzen müssen (§. 272). Weil nun bey lang- wieriger strengen Kälte die Wände und Mauren so kalt worden sind, daß sie den sich daran hängenden Dünsten ihre Wär- me, die sie zur Flüßigkeit brauchen (§. 55), be- nehmen; so müssen sie gefrieren (§. 119 T. II. Exper.). Gefrorne Dünste aber sind ein Reiff (§. 273). Jm grossen Winter A. 1709 trug sich was besonders zu, welches man sonst in hiesigen Ländern nicht zu se- hen bekommet. Als nach der grossen stren- gen Kälte, die über ein paar Monathe in ei- nem angehalten hatte, das Thau-Wetter einfiel; so gefroren die Fenster von aussen, die für Vorgemächern und Kammern wa- reu, darein den Winter über niemand viel kommen war. Jch habe schon vorhin er- wiesen, daß sie nach grosser Kälte schwitzen müssen (§. 272). Weil nun in dem ausser- ordenlichen Winter die Kälte ausserordent- lich war; so ist es kein Wunder, daß die Dünste, welche sich an die Glaß-Scheiben gehänget, gefrieren müssen, auch sich bey zunehmendem Thauwetter, da die Feuchtig- tigkeit der Lufft zugenommen, der Reiff an den Fenstern ungemein vermehret.
Was der Regen ist
§. 275.
Der Regen sind Tropffen Was- ser, welche durch die Lufft nach einander her- unter fallen, indem der Himmel mit Wol- cken bekleidet ist. Alles dieses giebet der
Au-
Cap. IV. Von Thau, Reiff, Regen,
Waͤnde und Mauren der Gebaͤude ſchwi- tzen muͤſſen (§. 272). Weil nun bey lang- wieriger ſtrengen Kaͤlte die Waͤnde und Mauren ſo kalt worden ſind, daß ſie den ſich daran haͤngenden Duͤnſten ihre Waͤr- me, die ſie zur Fluͤßigkeit brauchen (§. 55), be- nehmen; ſo muͤſſen ſie gefrieren (§. 119 T. II. Exper.). Gefrorne Duͤnſte aber ſind ein Reiff (§. 273). Jm groſſen Winter A. 1709 trug ſich was beſonders zu, welches man ſonſt in hieſigen Laͤndern nicht zu ſe- hen bekommet. Als nach der groſſen ſtren- gen Kaͤlte, die uͤber ein paar Monathe in ei- nem angehalten hatte, das Thau-Wetter einfiel; ſo gefroren die Fenſter von auſſen, die fuͤr Vorgemaͤchern und Kammern wa- reu, darein den Winter uͤber niemand viel kommen war. Jch habe ſchon vorhin er- wieſen, daß ſie nach groſſer Kaͤlte ſchwitzen muͤſſen (§. 272). Weil nun in dem auſſer- ordenlichen Winter die Kaͤlte auſſerordent- lich war; ſo iſt es kein Wunder, daß die Duͤnſte, welche ſich an die Glaß-Scheiben gehaͤnget, gefrieren muͤſſen, auch ſich bey zunehmendem Thauwetter, da die Feuchtig- tigkeit der Lufft zugenommen, der Reiff an den Fenſtern ungemein vermehret.
Was der Regen iſt
§. 275.
Der Regen ſind Tropffen Waſ- ſer, welche durch die Lufft nach einander her- unter fallen, indem der Himmel mit Wol- cken bekleidet iſt. Alles dieſes giebet der
Au-
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Cap. IV. Von Thau, Reiff, Regen,
Waͤnde und Mauren der Gebaͤude ſchwi-
tzen muͤſſen (§. 272). Weil nun bey lang-
wieriger ſtrengen Kaͤlte die Waͤnde und
Mauren ſo kalt worden ſind, daß ſie den
ſich daran haͤngenden Duͤnſten ihre Waͤr-
me, die ſie zur Fluͤßigkeit brauchen (§. 55), be-
nehmen; ſo muͤſſen ſie gefrieren (§. 119 T.
II. Exper.). Gefrorne Duͤnſte aber ſind
ein Reiff (§. 273). Jm groſſen Winter A.
1709 trug ſich was beſonders zu, welches
man ſonſt in hieſigen Laͤndern nicht zu ſe-
hen bekommet. Als nach der groſſen ſtren-
gen Kaͤlte, die uͤber ein paar Monathe in ei-
nem angehalten hatte, das Thau-Wetter
einfiel; ſo gefroren die Fenſter von auſſen,
die fuͤr Vorgemaͤchern und Kammern wa-
reu, darein den Winter uͤber niemand viel
kommen war. Jch habe ſchon vorhin er-
wieſen, daß ſie nach groſſer Kaͤlte ſchwitzen
muͤſſen (§. 272). Weil nun in dem auſſer-
ordenlichen Winter die Kaͤlte auſſerordent-
lich war; ſo iſt es kein Wunder, daß die
Duͤnſte, welche ſich an die Glaß-Scheiben
gehaͤnget, gefrieren muͤſſen, auch ſich bey
zunehmendem Thauwetter, da die Feuchtig-
tigkeit der Lufft zugenommen, der Reiff an
den Fenſtern ungemein vermehret.
§. 275. Der Regen ſind Tropffen Waſ-
ſer, welche durch die Lufft nach einander her-
unter fallen, indem der Himmel mit Wol-
cken bekleidet iſt. Alles dieſes giebet der
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/406>, abgerufen am 22.11.2024.
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