manden wahrgenommen worden. Er hat eine viel genauere Zusammenstimmung der Ebbe und Fluth mit dem Lauffe des Monds gefunden, als bisher bekandt gewesen. Es zeigen nemlich die Observationen, die er mit einander verglichen, daß die Grös- se der Fluth sich nach der Weite des Monds von der Erde richtet, daß sie nemlich grösser ist, wenn der Mond der Erde nahe ist, als wenn er weit davon weg ist. Und daher ist es als was sonderbahres anzusehen, daß die Fluth in Quartier-Monden, wenn der Mond im Perigaeo oder Erdnahe ist, so groß seyn kan als im Neu- und Voll-Mon- den, wenn derselbe im Apogaeo oder Erd- ferne ist. Eben so hat er bekräfftiget, was vor dem de la Hire und Picard zuerst wahrgenommen, als sie zu Brest und Dün- kirchen die Ebbe und Fluth observiret, daß sie sich nemlich mehr nach dem mittleren, als nach dem wahren Lauffe des Monds richtet: denn es träget sich öffters zu, daß, wenn die wahre Bewegung des Monds längsamer ist als die mittlere, die Fluth frü- her kommet, und hingegen später, wenn sie geschwinder ist. Und daher mag es wohl kommen seyn, daß man insgemein glaubet, daß die gröste Fluth sowohl vor dem Neu- und Voll-Monden, als nach demselben kommen kan. Ferner hat er angemercket, daß, je grösser die Fluth ist, je grösser wird
auch
Cap. IX. Von dem Waſſer
manden wahrgenommen worden. Er hat eine viel genauere Zuſammenſtimmung der Ebbe und Fluth mit dem Lauffe des Monds gefunden, als bisher bekandt geweſen. Es zeigen nemlich die Obſervationen, die er mit einander verglichen, daß die Groͤſ- ſe der Fluth ſich nach der Weite des Monds von der Erde richtet, daß ſie nemlich groͤſſer iſt, wenn der Mond der Erde nahe iſt, als wenn er weit davon weg iſt. Und daher iſt es als was ſonderbahres anzuſehen, daß die Fluth in Quartier-Monden, wenn der Mond im Perigæo oder Erdnahe iſt, ſo groß ſeyn kan als im Neu- und Voll-Mon- den, wenn derſelbe im Apogæo oder Erd- ferne iſt. Eben ſo hat er bekraͤfftiget, was vor dem de la Hire und Picard zuerſt wahrgenommen, als ſie zu Breſt und Duͤn- kirchen die Ebbe und Fluth obſerviret, daß ſie ſich nemlich mehr nach dem mittleren, als nach dem wahren Lauffe des Monds richtet: denn es traͤget ſich oͤffters zu, daß, wenn die wahre Bewegung des Monds laͤngſamer iſt als die mittlere, die Fluth fruͤ- her kommet, und hingegen ſpaͤter, wenn ſie geſchwinder iſt. Und daher mag es wohl kommen ſeyn, daß man insgemein glaubet, daß die groͤſte Fluth ſowohl vor dem Neu- und Voll-Monden, als nach demſelben kommen kan. Ferner hat er angemercket, daß, je groͤſſer die Fluth iſt, je groͤſſer wird
auch
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Cap. IX. Von dem Waſſer
manden wahrgenommen worden. Er hat
eine viel genauere Zuſammenſtimmung der
Ebbe und Fluth mit dem Lauffe des Monds
gefunden, als bisher bekandt geweſen. Es
zeigen nemlich die Obſervationen, die
er mit einander verglichen, daß die Groͤſ-
ſe der Fluth ſich nach der Weite des Monds
von der Erde richtet, daß ſie nemlich groͤſſer
iſt, wenn der Mond der Erde nahe iſt, als
wenn er weit davon weg iſt. Und daher iſt
es als was ſonderbahres anzuſehen, daß die
Fluth in Quartier-Monden, wenn der
Mond im Perigæo oder Erdnahe iſt, ſo
groß ſeyn kan als im Neu- und Voll-Mon-
den, wenn derſelbe im Apogæo oder Erd-
ferne iſt. Eben ſo hat er bekraͤfftiget, was
vor dem de la Hire und Picard zuerſt
wahrgenommen, als ſie zu Breſt und Duͤn-
kirchen die Ebbe und Fluth obſerviret, daß
ſie ſich nemlich mehr nach dem mittleren,
als nach dem wahren Lauffe des Monds
richtet: denn es traͤget ſich oͤffters zu, daß,
wenn die wahre Bewegung des Monds
laͤngſamer iſt als die mittlere, die Fluth fruͤ-
her kommet, und hingegen ſpaͤter, wenn ſie
geſchwinder iſt. Und daher mag es wohl
kommen ſeyn, daß man insgemein glaubet,
daß die groͤſte Fluth ſowohl vor dem Neu-
und Voll-Monden, als nach demſelben
kommen kan. Ferner hat er angemercket,
daß, je groͤſſer die Fluth iſt, je groͤſſer wird
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/566>, abgerufen am 22.11.2024.
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