Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.Cap. XIII. Von der Ernährung ten kan. Es beweget sich demnach das Ge-blütte in den Adern beständig gegen dem Hertzen zu und hingegen in den Puls-A- dern beständig von ihm weg: keinen aber von beyden fehlet es jemahls an Geblüte. Dero- wegen ist nöthig, daß das Blut aus den Pulß-Adern wieder in die gemeine Blut-A- dern kommen kan. Weil nun aber keine merckliche Gänge zu finden sind, die aus ei- ner Ader in die andere gehen; so müssen sie über die maassen subtile seyn, daß wir sie nicht sehen können, und folgends, weil durch so enge Röhrlein wenig Geblüte aus den Puls-Adern in die Blut-Adern kommen kan, müssen sie überall in einer grossen Men- ge angetroffen werden, wo Aestlein von Blut- und Puls-Adern einander näher lie- gen. Alles, was ich hier durch Gründe aus einander hergeleitet, kommet mit demjeni- gen überein, was Herr Leeuwenhoek durch tüchtige Vergrösserungs-Gläser observiret und zu Erläuterung dieser Materie schon an- derswo umständlich beschrieben worden (§. 98. T. III. Exp.). Jndem das Blut aus dem Hertzen in die Puls-Ader gespritzt wird, kan es nicht zugleich aus der Blut-Ader hin- einfliessen. Derowegen sind vor dem Hertzen Behältnisse, welche von den Hertz-Ohren (auriculis cordis) formiret werden, die man die Vorkammern nennen kan, darinnen sich das Geblütte, welches durch die Adern be-
Cap. XIII. Von der Ernaͤhrung ten kan. Es beweget ſich demnach das Ge-bluͤtte in den Adern beſtaͤndig gegen dem Hertzen zu und hingegen in den Puls-A- dern beſtaͤndig von ihm weg: keinen aber von beyden fehlet es jemahls an Gebluͤte. Dero- wegen iſt noͤthig, daß das Blut aus den Pulß-Adern wieder in die gemeine Blut-A- dern kommen kan. Weil nun aber keine merckliche Gaͤnge zu finden ſind, die aus ei- ner Ader in die andere gehen; ſo muͤſſen ſie uͤber die maaſſen ſubtile ſeyn, daß wir ſie nicht ſehen koͤnnen, und folgends, weil durch ſo enge Roͤhrlein wenig Gebluͤte aus den Puls-Adern in die Blut-Adern kommen kan, muͤſſen ſie uͤberall in einer groſſen Men- ge angetroffen werden, wo Aeſtlein von Blut- und Puls-Adern einander naͤher lie- gen. Alles, was ich hier durch Gruͤnde aus einander hergeleitet, kommet mit demjeni- gen uͤberein, was Herr Leeuwenhoek durch tuͤchtige Vergroͤſſerungs-Glaͤſer obſerviret und zu Erlaͤuterung dieſer Materie ſchon an- derswo umſtaͤndlich beſchrieben worden (§. 98. T. III. Exp.). Jndem das Blut aus dem Hertzen in die Puls-Ader geſpritzt wird, kan es nicht zugleich aus der Blut-Ader hin- einflieſſen. Derowegen ſind vor dem Hertzen Behaͤltniſſe, welche von den Hertz-Ohren (auriculis cordis) formiret werden, die man die Vorkammern nennen kan, darinnen ſich das Gebluͤtte, welches durch die Adern be-
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Cap. XIII. Von der Ernaͤhrung
ten kan. Es beweget ſich demnach das Ge-
bluͤtte in den Adern beſtaͤndig gegen dem
Hertzen zu und hingegen in den Puls-A-
dern beſtaͤndig von ihm weg: keinen aber von
beyden fehlet es jemahls an Gebluͤte. Dero-
wegen iſt noͤthig, daß das Blut aus den
Pulß-Adern wieder in die gemeine Blut-A-
dern kommen kan. Weil nun aber keine
merckliche Gaͤnge zu finden ſind, die aus ei-
ner Ader in die andere gehen; ſo muͤſſen
ſie uͤber die maaſſen ſubtile ſeyn, daß wir ſie
nicht ſehen koͤnnen, und folgends, weil durch
ſo enge Roͤhrlein wenig Gebluͤte aus den
Puls-Adern in die Blut-Adern kommen
kan, muͤſſen ſie uͤberall in einer groſſen Men-
ge angetroffen werden, wo Aeſtlein von
Blut- und Puls-Adern einander naͤher lie-
gen. Alles, was ich hier durch Gruͤnde aus
einander hergeleitet, kommet mit demjeni-
gen uͤberein, was Herr Leeuwenhoek durch
tuͤchtige Vergroͤſſerungs-Glaͤſer obſerviret
und zu Erlaͤuterung dieſer Materie ſchon an-
derswo umſtaͤndlich beſchrieben worden (§.
98. T. III. Exp.). Jndem das Blut aus
dem Hertzen in die Puls-Ader geſpritzt wird,
kan es nicht zugleich aus der Blut-Ader hin-
einflieſſen. Derowegen ſind vor dem Hertzen
Behaͤltniſſe, welche von den Hertz-Ohren
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