Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. XVI. Von Erzeugung
ne daß sie dadurch zerbrochen werden. Al-
lein da in der noch gar zarten Frucht in
Mutter-Leibe die Knochen nur wie Gallert-
Faden anzusehen sind; so lassen sie sich gar
leicht zerreissen. Und ist demnach möglich,
daß durch die Alteration der Mutter, die
ich erst umständlicher erkläret habe, das
Kind in Mutter-Leibe gerädert wird. Ma-
lebranche
macht zwar die Erklärung etwas
anders: allein es kommet in dem Haupt-
Grunde dieselbe mit meiner überein und ha-
be ich sie nur nach meiner Art begreiflicher
zu machen gesucht. Sonst siehet man
hieraus, daß der Zustand der Mutter in ih-
rer Schwangerschafft einen grossen Einfluß
in das Kind hat, und demnach viel erspries-
liches für das Kind in Mutter-Leibe sich
hieraus leiten liesse, wenn man darauf ge-
naueracht haben wolte.

Woher
Misge-
burten
kommen.
§. 449.

Wenn zwey Saamen-Thier-
lein in ein einiges Eyerlein gebracht werden
(§. 444); so kan dadurch eine zweyleibige
Frucht, oder wenigstens eine Frucht zur
Welt gebracht werden, die an einigen Glied-
massen einen Uberfluß hat, als z. E. zwey
Köpffe, vier Armen, und so weiter. Es
gehet auch an, daß unter den Saamen-
Thierlein einige vorhanden, die was ausser-
ordentliches an sich haben, und daraus nach

die-

Cap. XVI. Von Erzeugung
ne daß ſie dadurch zerbrochen werden. Al-
lein da in der noch gar zarten Frucht in
Mutter-Leibe die Knochen nur wie Gallert-
Faden anzuſehen ſind; ſo laſſen ſie ſich gar
leicht zerreiſſen. Und iſt demnach moͤglich,
daß durch die Alteration der Mutter, die
ich erſt umſtaͤndlicher erklaͤret habe, das
Kind in Mutter-Leibe geraͤdert wird. Ma-
lebranche
macht zwar die Erklaͤrung etwas
anders: allein es kommet in dem Haupt-
Grunde dieſelbe mit meiner uͤberein und ha-
be ich ſie nur nach meiner Art begreiflicher
zu machen geſucht. Sonſt ſiehet man
hieraus, daß der Zuſtand der Mutter in ih-
rer Schwangerſchafft einen groſſen Einfluß
in das Kind hat, und demnach viel erſpries-
liches fuͤr das Kind in Mutter-Leibe ſich
hieraus leiten lieſſe, wenn man darauf ge-
naueracht haben wolte.

Woher
Misge-
burten
kommen.
§. 449.

Wenn zwey Saamen-Thier-
lein in ein einiges Eyerlein gebracht werden
(§. 444); ſo kan dadurch eine zweyleibige
Frucht, oder wenigſtens eine Frucht zur
Welt gebracht werden, die an einigen Glied-
maſſen einen Uberfluß hat, als z. E. zwey
Koͤpffe, vier Armen, und ſo weiter. Es
gehet auch an, daß unter den Saamen-
Thierlein einige vorhanden, die was auſſer-
ordentliches an ſich haben, und daraus nach

die-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0762" n="726"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Cap. XVI.</hi> Von Erzeugung</hi></fw><lb/>
ne daß &#x017F;ie dadurch zerbrochen werden. Al-<lb/>
lein da in der noch gar zarten Frucht in<lb/>
Mutter-Leibe die Knochen nur wie Gallert-<lb/>
Faden anzu&#x017F;ehen &#x017F;ind; &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie &#x017F;ich gar<lb/>
leicht zerrei&#x017F;&#x017F;en. Und i&#x017F;t demnach mo&#x0364;glich,<lb/>
daß durch die <hi rendition="#aq">Alteration</hi> der Mutter, die<lb/>
ich er&#x017F;t um&#x017F;ta&#x0364;ndlicher erkla&#x0364;ret habe, das<lb/>
Kind in Mutter-Leibe gera&#x0364;dert wird. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Ma-<lb/>
lebranche</hi></hi> macht zwar die Erkla&#x0364;rung etwas<lb/>
anders: allein es kommet in dem Haupt-<lb/>
Grunde die&#x017F;elbe mit meiner u&#x0364;berein und ha-<lb/>
be ich &#x017F;ie nur nach meiner Art begreiflicher<lb/>
zu machen ge&#x017F;ucht. Son&#x017F;t &#x017F;iehet man<lb/>
hieraus, daß der Zu&#x017F;tand der Mutter in ih-<lb/>
rer Schwanger&#x017F;chafft einen gro&#x017F;&#x017F;en Einfluß<lb/>
in das Kind hat, und demnach viel er&#x017F;pries-<lb/>
liches fu&#x0364;r das Kind in Mutter-Leibe &#x017F;ich<lb/>
hieraus leiten lie&#x017F;&#x017F;e, wenn man darauf ge-<lb/>
naueracht haben wolte.</p><lb/>
              <note place="left">Woher<lb/>
Misge-<lb/>
burten<lb/>
kommen.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 449.</head>
              <p>Wenn zwey Saamen-Thier-<lb/>
lein in ein einiges Eyerlein gebracht werden<lb/>
(§. 444); &#x017F;o kan dadurch eine zweyleibige<lb/>
Frucht, oder wenig&#x017F;tens eine Frucht zur<lb/>
Welt gebracht werden, die an einigen Glied-<lb/>
ma&#x017F;&#x017F;en einen Uberfluß hat, als z. E. zwey<lb/>
Ko&#x0364;pffe, vier Armen, und &#x017F;o weiter. Es<lb/>
gehet auch an, daß unter den Saamen-<lb/>
Thierlein einige vorhanden, die was au&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
ordentliches an &#x017F;ich haben, und daraus nach<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[726/0762] Cap. XVI. Von Erzeugung ne daß ſie dadurch zerbrochen werden. Al- lein da in der noch gar zarten Frucht in Mutter-Leibe die Knochen nur wie Gallert- Faden anzuſehen ſind; ſo laſſen ſie ſich gar leicht zerreiſſen. Und iſt demnach moͤglich, daß durch die Alteration der Mutter, die ich erſt umſtaͤndlicher erklaͤret habe, das Kind in Mutter-Leibe geraͤdert wird. Ma- lebranche macht zwar die Erklaͤrung etwas anders: allein es kommet in dem Haupt- Grunde dieſelbe mit meiner uͤberein und ha- be ich ſie nur nach meiner Art begreiflicher zu machen geſucht. Sonſt ſiehet man hieraus, daß der Zuſtand der Mutter in ih- rer Schwangerſchafft einen groſſen Einfluß in das Kind hat, und demnach viel erſpries- liches fuͤr das Kind in Mutter-Leibe ſich hieraus leiten lieſſe, wenn man darauf ge- naueracht haben wolte. §. 449. Wenn zwey Saamen-Thier- lein in ein einiges Eyerlein gebracht werden (§. 444); ſo kan dadurch eine zweyleibige Frucht, oder wenigſtens eine Frucht zur Welt gebracht werden, die an einigen Glied- maſſen einen Uberfluß hat, als z. E. zwey Koͤpffe, vier Armen, und ſo weiter. Es gehet auch an, daß unter den Saamen- Thierlein einige vorhanden, die was auſſer- ordentliches an ſich haben, und daraus nach die-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/762
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 726. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/762>, abgerufen am 02.06.2024.