Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.pwo_005.001 Mit Boileau gelangt der "gesunde Menschenverstand" (bon sens) pwo_005.004 Nächstdem ist es namentlich Hedelin, der Abt von Aubignac, pwo_005.009 pwo_005.013 § 6. pwo_005.014 pwo_005.015Spekulativ-dogmatische Poetik. Jnzwischen versucht die philosophische Spekulation selbständig ihre pwo_005.016 Neben Gottsched hergehend, unternehmen die Züricher Kunstrichter pwo_005.018 Begründer der ausgebildeten, geschlossen systematischen Theorie pwo_005.026 Seinen Ausgang nahm Baumgarten von der Philosophie Christian pwo_005.033 pwo_005.001 Mit Boileau gelangt der „gesunde Menschenverstand“ (bon sens) pwo_005.004 Nächstdem ist es namentlich Hedelin, der Abt von Aubignac, pwo_005.009 pwo_005.013 § 6. pwo_005.014 pwo_005.015Spekulativ-dogmatische Poetik. Jnzwischen versucht die philosophische Spekulation selbständig ihre pwo_005.016 Neben Gottsched hergehend, unternehmen die Züricher Kunstrichter pwo_005.018 Begründer der ausgebildeten, geschlossen systematischen Theorie pwo_005.026 Seinen Ausgang nahm Baumgarten von der Philosophie Christian pwo_005.033 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0019" n="5"/><lb n="pwo_005.001"/> Berührung mit Horaz, aber zum guten Teil entspringt sie aus Verwandtschaft <lb n="pwo_005.002"/> der beiden kritischen Köpfe.</p> <lb n="pwo_005.003"/> <p> Mit Boileau gelangt der „gesunde Menschenverstand“ (<hi rendition="#aq">bon sens</hi>) <lb n="pwo_005.004"/> in Auffassung der Poesie zur Herrschaft; nichts ist ihm schön als das <lb n="pwo_005.005"/> Wahre; Verstiegenheit der Phantasie erregt seinen Spott – so war <lb n="pwo_005.006"/> er zu einer ästhetischen Autorität auch des deutschen Rationalismus <lb n="pwo_005.007"/> prädestiniert.</p> <lb n="pwo_005.008"/> <p> Nächstdem ist es namentlich <hi rendition="#g">Hedelin,</hi> der Abt von Aubignac, <lb n="pwo_005.009"/> der bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts in Deutschland anerkannte <lb n="pwo_005.010"/> Geltung, in erster Linie für theatralische Fragen, genießt. Auch sonst <lb n="pwo_005.011"/> entfaltet jeder deutsche Beitrag zur Poetik bis in Lessings Tage eine <lb n="pwo_005.012"/> bunte Musterkarte französischer Autoritäten.</p> </div> <div n="3"> <lb n="pwo_005.013"/> <head> <hi rendition="#c">§ 6. <lb n="pwo_005.014"/> Spekulativ-dogmatische Poetik.</hi> </head> <lb n="pwo_005.015"/> <p> Jnzwischen versucht die philosophische Spekulation selbständig ihre <lb n="pwo_005.016"/> Schwingen.</p> <lb n="pwo_005.017"/> <p> Neben Gottsched hergehend, unternehmen die Züricher Kunstrichter <lb n="pwo_005.018"/> Bodmer und Breitinger die Begründung einer eigenen Kunstlehre <lb n="pwo_005.019"/> aus der Phantasie. Obschon von eigenem Geiste durchdrungen, <lb n="pwo_005.020"/> zeigen sich ihre (in der Hauptsache 1740 erschienenen) theoretischen <lb n="pwo_005.021"/> Schriften in den Einzelfragen noch weithin von fremden Autoritäten <lb n="pwo_005.022"/> abhängig. Nicht anders ergeht es Gottscheds hervorragendstem Schüler <lb n="pwo_005.023"/> Johann Elias Schlegel, der (noch in den vierziger Jahren) das <lb n="pwo_005.024"/> Verhältnis der Kunst zur Natur weniger sklavisch darstellen will.</p> <lb n="pwo_005.025"/> <p> Begründer der ausgebildeten, geschlossen systematischen Theorie <lb n="pwo_005.026"/> der Kunst auf spekulativer Grundlage wird indessen erst <hi rendition="#g">Alexander <lb n="pwo_005.027"/> Baumgarten,</hi> dessen „<hi rendition="#g">Aesthetika</hi>“ (Band <hi rendition="#aq">I</hi>: 1750, Band <hi rendition="#aq">II</hi>: <lb n="pwo_005.028"/> 1758) der neuen Wissenschaft den Namen gab. Wie dieser Name <lb n="pwo_005.029"/> sagt, sieht Baumgarten in ihr eine Wissenschaft der sinnlichen Erkenntnis, <lb n="pwo_005.030"/> deren Vollkommenheit, die Schönheit, damit zum Prinzip <lb n="pwo_005.031"/> der Kunst erhoben war.</p> <lb n="pwo_005.032"/> <p> Seinen Ausgang nahm Baumgarten von der Philosophie Christian <lb n="pwo_005.033"/> Wolfs, die weniger ihre Aufgabe in Ergründung des Welträtsels <lb n="pwo_005.034"/> als in dem formalistischen Streben sah, Ordnung in die Uebersicht <lb n="pwo_005.035"/> aller Gebiete des menschlichen Geistes zu bringen: so führte das </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [5/0019]
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Berührung mit Horaz, aber zum guten Teil entspringt sie aus Verwandtschaft pwo_005.002
der beiden kritischen Köpfe.
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Mit Boileau gelangt der „gesunde Menschenverstand“ (bon sens) pwo_005.004
in Auffassung der Poesie zur Herrschaft; nichts ist ihm schön als das pwo_005.005
Wahre; Verstiegenheit der Phantasie erregt seinen Spott – so war pwo_005.006
er zu einer ästhetischen Autorität auch des deutschen Rationalismus pwo_005.007
prädestiniert.
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Nächstdem ist es namentlich Hedelin, der Abt von Aubignac, pwo_005.009
der bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts in Deutschland anerkannte pwo_005.010
Geltung, in erster Linie für theatralische Fragen, genießt. Auch sonst pwo_005.011
entfaltet jeder deutsche Beitrag zur Poetik bis in Lessings Tage eine pwo_005.012
bunte Musterkarte französischer Autoritäten.
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§ 6. pwo_005.014
Spekulativ-dogmatische Poetik. pwo_005.015
Jnzwischen versucht die philosophische Spekulation selbständig ihre pwo_005.016
Schwingen.
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Neben Gottsched hergehend, unternehmen die Züricher Kunstrichter pwo_005.018
Bodmer und Breitinger die Begründung einer eigenen Kunstlehre pwo_005.019
aus der Phantasie. Obschon von eigenem Geiste durchdrungen, pwo_005.020
zeigen sich ihre (in der Hauptsache 1740 erschienenen) theoretischen pwo_005.021
Schriften in den Einzelfragen noch weithin von fremden Autoritäten pwo_005.022
abhängig. Nicht anders ergeht es Gottscheds hervorragendstem Schüler pwo_005.023
Johann Elias Schlegel, der (noch in den vierziger Jahren) das pwo_005.024
Verhältnis der Kunst zur Natur weniger sklavisch darstellen will.
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Begründer der ausgebildeten, geschlossen systematischen Theorie pwo_005.026
der Kunst auf spekulativer Grundlage wird indessen erst Alexander pwo_005.027
Baumgarten, dessen „Aesthetika“ (Band I: 1750, Band II: pwo_005.028
1758) der neuen Wissenschaft den Namen gab. Wie dieser Name pwo_005.029
sagt, sieht Baumgarten in ihr eine Wissenschaft der sinnlichen Erkenntnis, pwo_005.030
deren Vollkommenheit, die Schönheit, damit zum Prinzip pwo_005.031
der Kunst erhoben war.
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Seinen Ausgang nahm Baumgarten von der Philosophie Christian pwo_005.033
Wolfs, die weniger ihre Aufgabe in Ergründung des Welträtsels pwo_005.034
als in dem formalistischen Streben sah, Ordnung in die Uebersicht pwo_005.035
aller Gebiete des menschlichen Geistes zu bringen: so führte das
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