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Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.

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schafft nicht in der Berechnung, dem Publikum Vergnügen zu bereiten: pwo_015.002
aus einer innern Nötigung wachsen alle echten Kunstwerke hervor. pwo_015.003
Nun kann die wahre Vollkommenheit einer Dichtung doch nur in pwo_015.004
vollendeter Erreichung der Absichten ihres Schöpfers bestehen. Folglich pwo_015.005
kann das Vergnügen nicht die Hauptwirkung des poetischen Werkes, pwo_015.006
sondern nur eine sekundäre Begleit- oder Folgeerscheinung derselben pwo_015.007
darbieten. Am wenigsten kann als Begriffsbestimmung pwo_015.008
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Die Nachahmungstheorie in der Poetik.
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Weiteste Anerkennung bis in unsere Tage hinein genießt die pwo_015.013
Definition der Kunst als Nachahmung der Natur. Auf jeden Zweifel pwo_015.014
antwortete die deutsche Poetik im Umkreis von anderthalb Jahrhunderten pwo_015.015
mit dem Hinweis auf die Autorität des Aristoteles. Dieselbe pwo_015.016
Auffassung verkündet und bethätigt aber der litterarische Nachwuchs pwo_015.017
der Gegenwart als angeblich neueste und vorgeschrittenste Offenbarung pwo_015.018
vom Wesen der Kunst.

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weil sie zu eng ist. Sie würde die Lyrik aus dem Bereich der pwo_015.021
Poesie ausschließen: denn wenn man schon zugestehen wollte, daß pwo_015.022
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Charaktere nachahmen, so läßt sich in wissenschaftlicher Terminologie pwo_015.024
sicherlich nicht sagen, daß die Lyrik Gefühle "nachahmt". Dieser Einwurf pwo_015.025
zu enger Fassung richtet sich nicht eigentlich gegen Aristoteles pwo_015.026
selbst, der in seiner Poetik eben nur Tragödie und Epos abhandelt. pwo_015.027
Daß er den Nachahmungstrieb zum Ausgangspunkt wählt, wird besonders pwo_015.028
durch seine wesentlich auf dem Drama fußende Betrachtung pwo_015.029
verständlicher.

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Diese Definition erscheint indes nicht nur zu eng, sondern auch pwo_015.031
zu vag und allgemein. Sie giebt nur die an sich schon evidente Beziehung pwo_015.032
zum Stoff, nicht aber das ausschlaggebende Mittel, durch pwo_015.033
welches sich die Nachahmung von dem Vorbild scheidet, die Kunst pwo_015.034
über die Natur erhebt.

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Die Nachahmungstheorie in der Poetik.
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durch seine wesentlich auf dem Drama fußende Betrachtung pwo_015.029
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Zitationshilfe: Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_poetik_1899/29>, abgerufen am 21.11.2024.