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Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.

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"Wen dünkten Worte nicht zu arm und schal, pwo_038.002
Zu bannen fest der Schönheit Himmelsstrahl?"
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Selbst in seinem so unheiligen Don Juan singt er:

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"Sie liebte, ja, sie betete ihn an, - pwo_038.005
Sie ward geliebt, als Heilige verehrt"
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(im Original "worshipped"). Auch hier greift, wo jedes menschliche pwo_038.007
Maß zu schwinden beginnt, der Dichter zur Vergöttlichung seiner pwo_038.008
Gestalten.

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Die letzten Zweifel an der Allgemeingültigkeit dieses Stilmittels pwo_038.010
zerstreut ein Hinblick auf die neueste naturalistische Dichtung. pwo_038.011
Obgleich diese sich geneigt zeigt, möglichst alles Geistige auf physische pwo_038.012
Ursachen zurückzuführen, flutet sie wie jede andere Poesie von Vorstellungen pwo_038.013
aus göttlichem Bereich über. So hebt ein Vorkämpfer pwo_038.014
dieser Richtung, Wilhelm Arent, gleich im Prolog seiner Lieder an:

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"Der reinsten Stirne pwo_038.016
Götterlinien trügen, pwo_038.017
Süßester Rehaugen pwo_038.018
Madonnenstrahlen lügen! pwo_038.019
Fremd bleibt dem Weib pwo_038.020
Des Künstlers Himmelsstreben."
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Das erste Lied selbst beginnt:

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"Du bist so stolz und rein, pwo_038.023
Du lilienblasse Maid, pwo_038.024
Dich küßte in der Wiege pwo_038.025
Des Himmels Herrlichkeit."
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Ein anderer, Karl Bleibtreu, läßt ein verworfenes Geschöpf von pwo_038.027
ihrem Liebhaber als "Göttin und Jdol" feiern, ja ihr die Verse pwo_038.028
widmen:

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"Mein flammend Herz - das ist ein Tabernakel: pwo_038.030
Zu Weihrauch dort verbrennen deine Mängel. pwo_038.031
Und aus der Flamme steigst du ohne Makel, pwo_038.032
Ein Phönix neuverjüngt, rein wie ein Engel."
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Hier, wo sonst die Sprache der prosaischsten Prosa herrscht, pwo_038.034
wird recht augenscheinlich, wie weit diese Vorstellungen selbst in die pwo_038.035
Alltagssprache eingedrungen sind, wo immer sie nach dem Ausdruck pwo_038.036
gehobener Gefühle ringt. Jedermann bezeichnet seine Auserkorene

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Zu bannen fest der Schönheit Himmelsstrahl?“
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Selbst in seinem so unheiligen Don Juan singt er:

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  Die letzten Zweifel an der Allgemeingültigkeit dieses Stilmittels pwo_038.010
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  Hier, wo sonst die Sprache der prosaischsten Prosa herrscht, pwo_038.034
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Zitationshilfe: Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_poetik_1899/52>, abgerufen am 22.11.2024.