Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.pwo_078.001 pwo_078.003 § 48. pwo_078.004 pwo_078.005Einfluß der Rhapsoden. Wennschon natürlich immer für jedes Lied ein Einzeldichter pwo_078.006 Eine bedeutsame Wendung bereitet sich eigentlich bereits mit dem pwo_078.012 Nicht mehr genügt die rein thatsächliche Quellenberufung zur pwo_078.025 "Ik gihorta dhat seggen" pwo_078.027o. ä. Mitten in der Darstellung häufen sich die Berufungen auf die pwo_078.028 Auch von andern Ausrufen des Dichters ist die Darstellung auf pwo_078.033 pwo_078.001 pwo_078.003 § 48. pwo_078.004 pwo_078.005Einfluß der Rhapsoden. Wennschon natürlich immer für jedes Lied ein Einzeldichter pwo_078.006 Eine bedeutsame Wendung bereitet sich eigentlich bereits mit dem pwo_078.012 Nicht mehr genügt die rein thatsächliche Quellenberufung zur pwo_078.025 „Ik gihôrta dhat seggen“ pwo_078.027o. ä. Mitten in der Darstellung häufen sich die Berufungen auf die pwo_078.028 Auch von andern Ausrufen des Dichters ist die Darstellung auf pwo_078.033 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0092" n="78"/><lb n="pwo_078.001"/> kommen; schließlich wird das Subjekt abermals spezialisiert: die Räder <lb n="pwo_078.002"/> sind als Organe der vom Wagen ausgehenden Handlung eingeführt.</p> </div> <div n="3"> <lb n="pwo_078.003"/> <head> <hi rendition="#c">§ 48. <lb n="pwo_078.004"/> Einfluß der Rhapsoden.</hi> </head> <lb n="pwo_078.005"/> <p> Wennschon natürlich immer für jedes Lied ein Einzeldichter <lb n="pwo_078.006"/> vorauszusetzen ist, heißen die ältesten Dichtungen dennoch mit Recht <lb n="pwo_078.007"/> Volkspoesie, schon weil an der Gestaltung des Stoffes, der Sage, <lb n="pwo_078.008"/> ganze Volksgeschlechter Jahrhunderte hindurch unbewußt zusammengewirkt. <lb n="pwo_078.009"/> Aber auch den Vortrag sahen wir ursprünglich in den <lb n="pwo_078.010"/> Mund der Gesamtheit gelegt.</p> <lb n="pwo_078.011"/> <p> Eine bedeutsame Wendung bereitet sich eigentlich bereits mit dem <lb n="pwo_078.012"/> Auftreten des Einzelsängers vor. Zwar ist er zunächst lange Zeit <lb n="pwo_078.013"/> im Stoff an die Sagenüberlieferung, im Stil an die alte Schlichtheit <lb n="pwo_078.014"/> und Knappheit gebunden. Aber im Laufe der Jahrhunderte mußte <lb n="pwo_078.015"/> sich mit Ausbildung eines besonderen Sängerstandes die Subjektivität <lb n="pwo_078.016"/> der einzelnen Dichter bemerkbar machen. Nicht nur daß zahlreiche <lb n="pwo_078.017"/> Parallelversionen derselben Sage umlaufen: es bedarf nun stärkerer <lb n="pwo_078.018"/> Mittel zur Beglaubigung und Ausschmückung seitens der konkurrierenden <lb n="pwo_078.019"/> Rhapsoden. Denn anders spricht das Volk, anders wer um <lb n="pwo_078.020"/> die Gunst des Volkes wirbt: ist die Sprache des Volkes, die Volkspoesie, <lb n="pwo_078.021"/> schlicht und einsilbig, so wird die Sprache der dem Volk zu <lb n="pwo_078.022"/> Munde Redenden, der volkstümlichen oder doch Volkstümlichkeit erstrebenden <lb n="pwo_078.023"/> Poesie leicht aufdringlich und großsprecherisch.</p> <lb n="pwo_078.024"/> <p> Nicht mehr genügt die rein thatsächliche Quellenberufung zur <lb n="pwo_078.025"/> Einführung:</p> <lb n="pwo_078.026"/> <lg> <l><hi rendition="#aq">„Ik gihôrta dhat seggen</hi>“</l> </lg> <lb n="pwo_078.027"/> <p>o. ä. Mitten in der Darstellung häufen sich die Berufungen auf die <lb n="pwo_078.028"/> Quelle und andre Wahrheitsbeteuerungen: <hi rendition="#aq">ih sage iu, mære zallen <lb n="pwo_078.029"/> zîten wart so vil geseit, so wir hœren sagen, waz mag ih <lb n="pwo_078.030"/> sagen mêre? ir mugt daz hie wol hœren, nu wizzit mêr <lb n="pwo_078.031"/> der rede, daz wizzin wêrlîche, nu wizzistaz in trowin etc</hi>.</p> <lb n="pwo_078.032"/> <p> Auch von andern Ausrufen des Dichters ist die Darstellung auf <lb n="pwo_078.033"/> Schritt und Tritt durchbrochen, wodurch eine künstliche Lebhaftigkeit <lb n="pwo_078.034"/> platzgreift: <hi rendition="#aq">wie! hey! hey waz! waz! wie balde! wie schire <lb n="pwo_078.035"/> sie geloufin was</hi>!</p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [78/0092]
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kommen; schließlich wird das Subjekt abermals spezialisiert: die Räder pwo_078.002
sind als Organe der vom Wagen ausgehenden Handlung eingeführt.
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§ 48. pwo_078.004
Einfluß der Rhapsoden. pwo_078.005
Wennschon natürlich immer für jedes Lied ein Einzeldichter pwo_078.006
vorauszusetzen ist, heißen die ältesten Dichtungen dennoch mit Recht pwo_078.007
Volkspoesie, schon weil an der Gestaltung des Stoffes, der Sage, pwo_078.008
ganze Volksgeschlechter Jahrhunderte hindurch unbewußt zusammengewirkt. pwo_078.009
Aber auch den Vortrag sahen wir ursprünglich in den pwo_078.010
Mund der Gesamtheit gelegt.
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Eine bedeutsame Wendung bereitet sich eigentlich bereits mit dem pwo_078.012
Auftreten des Einzelsängers vor. Zwar ist er zunächst lange Zeit pwo_078.013
im Stoff an die Sagenüberlieferung, im Stil an die alte Schlichtheit pwo_078.014
und Knappheit gebunden. Aber im Laufe der Jahrhunderte mußte pwo_078.015
sich mit Ausbildung eines besonderen Sängerstandes die Subjektivität pwo_078.016
der einzelnen Dichter bemerkbar machen. Nicht nur daß zahlreiche pwo_078.017
Parallelversionen derselben Sage umlaufen: es bedarf nun stärkerer pwo_078.018
Mittel zur Beglaubigung und Ausschmückung seitens der konkurrierenden pwo_078.019
Rhapsoden. Denn anders spricht das Volk, anders wer um pwo_078.020
die Gunst des Volkes wirbt: ist die Sprache des Volkes, die Volkspoesie, pwo_078.021
schlicht und einsilbig, so wird die Sprache der dem Volk zu pwo_078.022
Munde Redenden, der volkstümlichen oder doch Volkstümlichkeit erstrebenden pwo_078.023
Poesie leicht aufdringlich und großsprecherisch.
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Nicht mehr genügt die rein thatsächliche Quellenberufung zur pwo_078.025
Einführung:
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„Ik gihôrta dhat seggen“
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o. ä. Mitten in der Darstellung häufen sich die Berufungen auf die pwo_078.028
Quelle und andre Wahrheitsbeteuerungen: ih sage iu, mære zallen pwo_078.029
zîten wart so vil geseit, so wir hœren sagen, waz mag ih pwo_078.030
sagen mêre? ir mugt daz hie wol hœren, nu wizzit mêr pwo_078.031
der rede, daz wizzin wêrlîche, nu wizzistaz in trowin etc.
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Auch von andern Ausrufen des Dichters ist die Darstellung auf pwo_078.033
Schritt und Tritt durchbrochen, wodurch eine künstliche Lebhaftigkeit pwo_078.034
platzgreift: wie! hey! hey waz! waz! wie balde! wie schire pwo_078.035
sie geloufin was!
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