Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

und den Verträgen überhaupt.
um dessen willen etwas geleistet wird; und
das eher geleistet werden muß, was verspro-
chen wird, als man thut, was man thun soll;
und durch die Annehmung man sich blos er-
kläret, dasselbe zu thun, wenn der Verspre-
chende das, was er versprochen, wird gelei-
stet haben; so darf der, dem etwas ver-
sprochen ist, die Absicht nicht eher er-
füllen, als bis das Versprochene gelei-
stet worden; wenn aber dieses gesche-
hen, so ist er die Absicht zu erfüllen
verbunden, und wenn er dieses nicht
thut, so muß er, was er durchs Ver-
sprechen erhalten hat, wieder ersetzen.

Es erhellet auch, daß dieses gleichfalls
geschehen müße, wenn der, welchem
etwas versprochen worden, eher stirbt,
als er die Absicht erfüllt hat, unter
welcher ihm etwas gegeben wor-
den ist.

§. 405.

Es ist etwas Ursach an einem Ver-Vom
Verspre-
chen ei-
nes Jr-
renden.

sprechen (causam promisso dat), wenn es
der einige Grund ist, warum etwas verspro-
chen wird, welches sonst nicht wäre verspro-
chen worden. Weil in dem Falle, da der
Jrrthum die Ursache am Versprechen ist, man
annimmt, es sey unter der Bedingung ge-
schehen, woferne dasjenige wahr ist, welches
man durch einen Jrrthum vor wahr annimmt;
folglich die Bedingung, unter welcher das
Versprechen geschehen, nicht würcklich vor-

handen;
Q 3

und den Vertraͤgen uͤberhaupt.
um deſſen willen etwas geleiſtet wird; und
das eher geleiſtet werden muß, was verſpro-
chen wird, als man thut, was man thun ſoll;
und durch die Annehmung man ſich blos er-
klaͤret, daſſelbe zu thun, wenn der Verſpre-
chende das, was er verſprochen, wird gelei-
ſtet haben; ſo darf der, dem etwas ver-
ſprochen iſt, die Abſicht nicht eher er-
fuͤllen, als bis das Verſprochene gelei-
ſtet worden; wenn aber dieſes geſche-
hen, ſo iſt er die Abſicht zu erfuͤllen
verbunden, und wenn er dieſes nicht
thut, ſo muß er, was er durchs Ver-
ſprechen erhalten hat, wieder erſetzen.

Es erhellet auch, daß dieſes gleichfalls
geſchehen muͤße, wenn der, welchem
etwas verſprochen worden, eher ſtirbt,
als er die Abſicht erfuͤllt hat, unter
welcher ihm etwas gegeben wor-
den iſt.

§. 405.

Es iſt etwas Urſach an einem Ver-Vom
Verſpre-
chen ei-
nes Jr-
renden.

ſprechen (cauſam promiſſo dat), wenn es
der einige Grund iſt, warum etwas verſpro-
chen wird, welches ſonſt nicht waͤre verſpro-
chen worden. Weil in dem Falle, da der
Jrrthum die Urſache am Verſprechen iſt, man
annimmt, es ſey unter der Bedingung ge-
ſchehen, woferne dasjenige wahr iſt, welches
man durch einen Jrrthum vor wahr annimmt;
folglich die Bedingung, unter welcher das
Verſprechen geſchehen, nicht wuͤrcklich vor-

handen;
Q 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0281" n="245"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und den Vertra&#x0364;gen u&#x0364;berhaupt.</hi></fw><lb/>
um de&#x017F;&#x017F;en willen etwas gelei&#x017F;tet wird; und<lb/>
das eher gelei&#x017F;tet werden muß, was ver&#x017F;pro-<lb/>
chen wird, als man thut, was man thun &#x017F;oll;<lb/>
und durch die Annehmung man &#x017F;ich blos er-<lb/>
kla&#x0364;ret, da&#x017F;&#x017F;elbe zu thun, wenn der Ver&#x017F;pre-<lb/>
chende das, was er ver&#x017F;prochen, wird gelei-<lb/>
&#x017F;tet haben; &#x017F;o <hi rendition="#fr">darf der, dem etwas ver-<lb/>
&#x017F;prochen i&#x017F;t, die Ab&#x017F;icht nicht eher er-<lb/>
fu&#x0364;llen, als bis das Ver&#x017F;prochene gelei-<lb/>
&#x017F;tet worden; wenn aber die&#x017F;es ge&#x017F;che-<lb/>
hen, &#x017F;o i&#x017F;t er die Ab&#x017F;icht zu erfu&#x0364;llen<lb/>
verbunden, und wenn er die&#x017F;es nicht<lb/>
thut, &#x017F;o muß er, was er durchs Ver-<lb/>
&#x017F;prechen erhalten hat, wieder er&#x017F;etzen.</hi><lb/>
Es erhellet auch, daß <hi rendition="#fr">die&#x017F;es gleichfalls<lb/>
ge&#x017F;chehen mu&#x0364;ße, wenn der, welchem<lb/>
etwas ver&#x017F;prochen worden, eher &#x017F;tirbt,<lb/>
als er die Ab&#x017F;icht erfu&#x0364;llt hat, unter<lb/>
welcher ihm etwas gegeben wor-<lb/>
den i&#x017F;t.</hi></p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 405.</head><lb/>
              <p><hi rendition="#fr">Es i&#x017F;t etwas Ur&#x017F;ach an einem Ver-</hi><note place="right">Vom<lb/>
Ver&#x017F;pre-<lb/>
chen ei-<lb/>
nes Jr-<lb/>
renden.</note><lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;prechen</hi><hi rendition="#aq">(cau&#x017F;am promi&#x017F;&#x017F;o dat),</hi> wenn es<lb/>
der einige Grund i&#x017F;t, warum etwas ver&#x017F;pro-<lb/>
chen wird, welches &#x017F;on&#x017F;t nicht wa&#x0364;re ver&#x017F;pro-<lb/>
chen worden. Weil in dem Falle, da der<lb/>
Jrrthum die Ur&#x017F;ache am Ver&#x017F;prechen i&#x017F;t, man<lb/>
annimmt, es &#x017F;ey unter der Bedingung ge-<lb/>
&#x017F;chehen, woferne dasjenige wahr i&#x017F;t, welches<lb/>
man durch einen Jrrthum vor wahr annimmt;<lb/>
folglich die Bedingung, unter welcher das<lb/>
Ver&#x017F;prechen ge&#x017F;chehen, nicht wu&#x0364;rcklich vor-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q 3</fw><fw place="bottom" type="catch">handen;</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[245/0281] und den Vertraͤgen uͤberhaupt. um deſſen willen etwas geleiſtet wird; und das eher geleiſtet werden muß, was verſpro- chen wird, als man thut, was man thun ſoll; und durch die Annehmung man ſich blos er- klaͤret, daſſelbe zu thun, wenn der Verſpre- chende das, was er verſprochen, wird gelei- ſtet haben; ſo darf der, dem etwas ver- ſprochen iſt, die Abſicht nicht eher er- fuͤllen, als bis das Verſprochene gelei- ſtet worden; wenn aber dieſes geſche- hen, ſo iſt er die Abſicht zu erfuͤllen verbunden, und wenn er dieſes nicht thut, ſo muß er, was er durchs Ver- ſprechen erhalten hat, wieder erſetzen. Es erhellet auch, daß dieſes gleichfalls geſchehen muͤße, wenn der, welchem etwas verſprochen worden, eher ſtirbt, als er die Abſicht erfuͤllt hat, unter welcher ihm etwas gegeben wor- den iſt. §. 405. Es iſt etwas Urſach an einem Ver- ſprechen (cauſam promiſſo dat), wenn es der einige Grund iſt, warum etwas verſpro- chen wird, welches ſonſt nicht waͤre verſpro- chen worden. Weil in dem Falle, da der Jrrthum die Urſache am Verſprechen iſt, man annimmt, es ſey unter der Bedingung ge- ſchehen, woferne dasjenige wahr iſt, welches man durch einen Jrrthum vor wahr annimmt; folglich die Bedingung, unter welcher das Verſprechen geſchehen, nicht wuͤrcklich vor- handen; Vom Verſpre- chen ei- nes Jr- renden. Q 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/281
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/281>, abgerufen am 24.11.2024.