und was es vor ein Mann seyn müsse.dig sey, und welchem nicht; folglich muß er den Spruch thun, ob der, welcher ein Recht wider den andern zu haben vorgiebt, dasselbe habe, oder nicht; und hierinnen besteht das Urtheil des Schiedsrichters (§. 770.). Hieraus folgt gleichsam von selbst, daß der Schiedsrich- ter unpartheyisch seyn muß (§. 768.), und da das Ansehen der Person(respe- ctus personarum) in der Bestimmung des Willens durch Bewegungs-Gründe, die von der Person, zu deren Vortheil etwas geschieht, hergenommen sind, dergestalt daß man nicht auf die Wahrheit sieht; so muß er kein An- sehen der Person haben. Und weil man den einen redlichen Mann(virum bonum) nennt, der die Gerechtigkeit und Ehrlichkeit liebt, was aber derselben entgegen ist, haßt, dergleichen ein jeder seyn soll (§. 86. 49.); folglich wer ein redlicher Mann seyn will, verstehen muß, was recht und ehrlich, was unrecht und nicht ehr- lich, folglich auch was billig und unbil- lig ist (§. 83.), und also die Wahrheit lieben; so muß auch ein Schiedsrich- ter ein redlicher Mann seyn; und folg- lich verstehen, was recht und unrecht, was billig und unbillig ist, er muß die Wahrheit lieben, und sich von keiner Parthey durch Geschencke bestechen lassen.
§. 773.
II. Th. 18. H. Von der natuͤrlichen Art
und was es vor ein Mañ ſeyn muͤſſe.dig ſey, und welchem nicht; folglich muß er den Spruch thun, ob der, welcher ein Recht wider den andern zu haben vorgiebt, daſſelbe habe, oder nicht; und hierinnen beſteht das Urtheil des Schiedsrichters (§. 770.). Hieraus folgt gleichſam von ſelbſt, daß der Schiedsrich- ter unpartheyiſch ſeyn muß (§. 768.), und da das Anſehen der Perſon(reſpe- ctus perſonarum) in der Beſtimmung des Willens durch Bewegungs-Gruͤnde, die von der Perſon, zu deren Vortheil etwas geſchieht, hergenommen ſind, dergeſtalt daß man nicht auf die Wahrheit ſieht; ſo muß er kein An- ſehen der Perſon haben. Und weil man den einen redlichen Mann(virum bonum) nennt, der die Gerechtigkeit und Ehrlichkeit liebt, was aber derſelben entgegen iſt, haßt, dergleichen ein jeder ſeyn ſoll (§. 86. 49.); folglich wer ein redlicher Mann ſeyn will, verſtehen muß, was recht und ehrlich, was unrecht und nicht ehr- lich, folglich auch was billig und unbil- lig iſt (§. 83.), und alſo die Wahrheit lieben; ſo muß auch ein Schiedsrich- ter ein redlicher Mann ſeyn; und folg- lich verſtehen, was recht und unrecht, was billig und unbillig iſt, er muß die Wahrheit lieben, und ſich von keiner Parthey durch Geſchencke beſtechen laſſen.
§. 773.
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II. Th. 18. H. Von der natuͤrlichen Art
dig ſey, und welchem nicht; folglich muß
er den Spruch thun, ob der, welcher
ein Recht wider den andern zu haben
vorgiebt, daſſelbe habe, oder nicht; und
hierinnen beſteht das Urtheil des
Schiedsrichters (§. 770.). Hieraus folgt
gleichſam von ſelbſt, daß der Schiedsrich-
ter unpartheyiſch ſeyn muß (§. 768.),
und da das Anſehen der Perſon (reſpe-
ctus perſonarum) in der Beſtimmung des
Willens durch Bewegungs-Gruͤnde, die von
der Perſon, zu deren Vortheil etwas geſchieht,
hergenommen ſind, dergeſtalt daß man nicht
auf die Wahrheit ſieht; ſo muß er kein An-
ſehen der Perſon haben. Und weil man
den einen redlichen Mann (virum bonum)
nennt, der die Gerechtigkeit und Ehrlichkeit
liebt, was aber derſelben entgegen iſt, haßt,
dergleichen ein jeder ſeyn ſoll (§. 86. 49.);
folglich wer ein redlicher Mann ſeyn
will, verſtehen muß, was recht und
ehrlich, was unrecht und nicht ehr-
lich, folglich auch was billig und unbil-
lig iſt (§. 83.), und alſo die Wahrheit
lieben; ſo muß auch ein Schiedsrich-
ter ein redlicher Mann ſeyn; und folg-
lich verſtehen, was recht und unrecht,
was billig und unbillig iſt, er muß die
Wahrheit lieben, und ſich von keiner
Parthey durch Geſchencke beſtechen
laſſen.
und was
es vor
ein Mañ
ſeyn
muͤſſe.
§. 773.
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/600>, abgerufen am 22.11.2024.
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