Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem Frieden u. dem Friedensvertrag.
stehet sich auch aus der Erklärung selbst, daß
der Friede nicht gebrochen werde,
wenn es bey uns nicht stehet, daß
man im Frieden das Versprechen er-
fülle,
z. E. wenn man selbst in Krieg ver-
wickelt ist, und die verheissenen Hülfstrup-
pen, oder Subsidien nicht schicken kann, oder
die Sache, die gegeben werde sollte, verloh-
ren gegangen ist. Friedensartickel (ar-
ticuli pacis)
werden alle eintzelne Stücke des
Vergleichs genannt, in welchen diejenigen
Dinge unterschieden werden, worüber man
sich besonders verglichen hat. Es sind aber
dieselben entweder zusammenhängend
(connexi), wenn man sich über Sachen ver-
gleicht, welche zu einerley Handel gehören,
oder sie sind verschieden (diversi), wenn
man über Sachen einig wird, die zu ver-
schiedenen Händeln gehören. Daher ist leicht
abzunehmen, daß der Friede, wenn er
gleich in verschiedenen Artickeln ge-
brochen wird, doch in den übrigen
fortdaure;
hingegen aber, wenn er von
iemand in zusammenhangenden Ar-
tickeln gebrochen wird, der andere
nicht weiter verbunden sey den Frie-
den zu halten
(§. 442.). Da aber eine
fremde That, wozu er nichts beygetragen
hat, niemand zugerechnet werden kann (§.
26.); so wird der Friede, wenn je-
mandes Unterthanen ohne seine Ein-

willi-

Von dem Frieden u. dem Friedensvertrag.
ſtehet ſich auch aus der Erklaͤrung ſelbſt, daß
der Friede nicht gebrochen werde,
wenn es bey uns nicht ſtehet, daß
man im Frieden das Verſprechen er-
fuͤlle,
z. E. wenn man ſelbſt in Krieg ver-
wickelt iſt, und die verheiſſenen Huͤlfstrup-
pen, oder Subſidien nicht ſchicken kann, oder
die Sache, die gegeben werde ſollte, verloh-
ren gegangen iſt. Friedensartickel (ar-
ticuli pacis)
werden alle eintzelne Stuͤcke des
Vergleichs genannt, in welchen diejenigen
Dinge unterſchieden werden, woruͤber man
ſich beſonders verglichen hat. Es ſind aber
dieſelben entweder zuſammenhaͤngend
(connexi), wenn man ſich uͤber Sachen ver-
gleicht, welche zu einerley Handel gehoͤren,
oder ſie ſind verſchieden (diverſi), wenn
man uͤber Sachen einig wird, die zu ver-
ſchiedenen Haͤndeln gehoͤren. Daher iſt leicht
abzunehmen, daß der Friede, wenn er
gleich in verſchiedenen Artickeln ge-
brochen wird, doch in den uͤbrigen
fortdaure;
hingegen aber, wenn er von
iemand in zuſammenhangenden Ar-
tickeln gebrochen wird, der andere
nicht weiter verbunden ſey den Frie-
den zu halten
(§. 442.). Da aber eine
fremde That, wozu er nichts beygetragen
hat, niemand zugerechnet werden kann (§.
26.); ſo wird der Friede, wenn je-
mandes Unterthanen ohne ſeine Ein-

willi-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0943" n="907"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von dem Frieden u. dem Friedensvertrag.</hi></fw><lb/>
&#x017F;tehet &#x017F;ich auch aus der Erkla&#x0364;rung &#x017F;elb&#x017F;t, <hi rendition="#fr">daß<lb/>
der Friede nicht gebrochen werde,<lb/>
wenn es bey uns nicht &#x017F;tehet, daß<lb/>
man im Frieden das Ver&#x017F;prechen er-<lb/>
fu&#x0364;lle,</hi> z. E. wenn man &#x017F;elb&#x017F;t in Krieg ver-<lb/>
wickelt i&#x017F;t, und die verhei&#x017F;&#x017F;enen Hu&#x0364;lfstrup-<lb/>
pen, oder Sub&#x017F;idien nicht &#x017F;chicken kann, oder<lb/>
die Sache, die gegeben werde &#x017F;ollte, verloh-<lb/>
ren gegangen i&#x017F;t. <hi rendition="#fr">Friedensartickel</hi> <hi rendition="#aq">(ar-<lb/>
ticuli pacis)</hi> werden alle eintzelne Stu&#x0364;cke des<lb/>
Vergleichs genannt, in welchen diejenigen<lb/>
Dinge unter&#x017F;chieden werden, woru&#x0364;ber man<lb/>
&#x017F;ich be&#x017F;onders verglichen hat. Es &#x017F;ind aber<lb/>
die&#x017F;elben entweder <hi rendition="#fr">zu&#x017F;ammenha&#x0364;ngend</hi><lb/><hi rendition="#aq">(connexi),</hi> wenn man &#x017F;ich u&#x0364;ber Sachen ver-<lb/>
gleicht, welche zu einerley Handel geho&#x0364;ren,<lb/>
oder &#x017F;ie &#x017F;ind <hi rendition="#fr">ver&#x017F;chieden</hi> <hi rendition="#aq">(diver&#x017F;i),</hi> wenn<lb/>
man u&#x0364;ber Sachen einig wird, die zu ver-<lb/>
&#x017F;chiedenen Ha&#x0364;ndeln geho&#x0364;ren. Daher i&#x017F;t leicht<lb/>
abzunehmen, <hi rendition="#fr">daß der Friede, wenn er<lb/>
gleich in ver&#x017F;chiedenen Artickeln ge-<lb/>
brochen wird, doch in den u&#x0364;brigen<lb/>
fortdaure;</hi> hingegen aber, <hi rendition="#fr">wenn er von<lb/>
iemand in zu&#x017F;ammenhangenden Ar-<lb/>
tickeln gebrochen wird, der andere<lb/>
nicht weiter verbunden &#x017F;ey den Frie-<lb/>
den zu halten</hi> (§. 442.). Da aber eine<lb/>
fremde That, wozu er nichts beygetragen<lb/>
hat, niemand zugerechnet werden kann (§.<lb/>
26.); <hi rendition="#fr">&#x017F;o wird der Friede, wenn je-<lb/>
mandes Unterthanen ohne &#x017F;eine Ein-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">willi-</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[907/0943] Von dem Frieden u. dem Friedensvertrag. ſtehet ſich auch aus der Erklaͤrung ſelbſt, daß der Friede nicht gebrochen werde, wenn es bey uns nicht ſtehet, daß man im Frieden das Verſprechen er- fuͤlle, z. E. wenn man ſelbſt in Krieg ver- wickelt iſt, und die verheiſſenen Huͤlfstrup- pen, oder Subſidien nicht ſchicken kann, oder die Sache, die gegeben werde ſollte, verloh- ren gegangen iſt. Friedensartickel (ar- ticuli pacis) werden alle eintzelne Stuͤcke des Vergleichs genannt, in welchen diejenigen Dinge unterſchieden werden, woruͤber man ſich beſonders verglichen hat. Es ſind aber dieſelben entweder zuſammenhaͤngend (connexi), wenn man ſich uͤber Sachen ver- gleicht, welche zu einerley Handel gehoͤren, oder ſie ſind verſchieden (diverſi), wenn man uͤber Sachen einig wird, die zu ver- ſchiedenen Haͤndeln gehoͤren. Daher iſt leicht abzunehmen, daß der Friede, wenn er gleich in verſchiedenen Artickeln ge- brochen wird, doch in den uͤbrigen fortdaure; hingegen aber, wenn er von iemand in zuſammenhangenden Ar- tickeln gebrochen wird, der andere nicht weiter verbunden ſey den Frie- den zu halten (§. 442.). Da aber eine fremde That, wozu er nichts beygetragen hat, niemand zugerechnet werden kann (§. 26.); ſo wird der Friede, wenn je- mandes Unterthanen ohne ſeine Ein- willi-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/943
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 907. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/943>, abgerufen am 26.06.2024.