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Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

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seelten Gebeine aufnahm? Oder sollt ich nicht
vielmehr, bei dieser lehrreichen rührenden Erin-
nerung fragen: Warum erniedrigte sich der so
tief, der vor der Zeit der Welt eine unendliche
Herrlichkeit bei seinem Vater hatte? Warum
ward der, vor dem sich nun alle Selige und En-
gel beugen, unter so viel Mühseligkeiten des Le-
bens, unter so viel Kummer der Seele, unter
so viel Bedrängnißen des Mangels, der Schmach
und der Schmerzen, dem Willen seines Vaters
gehorsam, bis zum Tode am Creuz? Warum
neigte er sein Haupt und starb? Warum ward
er ins Grab gesenkt? Und so ein ernster Gedan-
ke an jene trauervolle Leidensnacht, so ein Blick
nach Golgatha und in die Tiefen des Grabes Je-
su Christi, was sagt mir der am Altar meines
Herrn? Christ! du feyerst den Tod deines
Herrn;
den freiwilligsten, den je einer gestor-
ben ist? Siehe auf den Geängsteten, den Ge-
bundnen, den Verklagten, den Müden, und
Verhöhnten und Gemarterten! du feyerst den
quaalenvollesten Tod, den je einer gestorben
ist! Diese Angst, für deine [ - 3 Zeichen fehlen]he empfunden;
diese Feßeln, für deine Freiheit getragen; dieses
Urtheil, für deine Begnadigung erduldet; diese
Wunden, um deiner Sünden willen gefühlt;

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ſeelten Gebeine aufnahm? Oder ſollt ich nicht
vielmehr, bei dieſer lehrreichen rührenden Erin-
nerung fragen: Warum erniedrigte ſich der ſo
tief, der vor der Zeit der Welt eine unendliche
Herrlichkeit bei ſeinem Vater hatte? Warum
ward der, vor dem ſich nun alle Selige und En-
gel beugen, unter ſo viel Mühſeligkeiten des Le-
bens, unter ſo viel Kummer der Seele, unter
ſo viel Bedrängnißen des Mangels, der Schmach
und der Schmerzen, dem Willen ſeines Vaters
gehorſam, bis zum Tode am Creuz? Warum
neigte er ſein Haupt und ſtarb? Warum ward
er ins Grab geſenkt? Und ſo ein ernſter Gedan-
ke an jene trauervolle Leidensnacht, ſo ein Blick
nach Golgatha und in die Tiefen des Grabes Je-
ſu Chriſti, was ſagt mir der am Altar meines
Herrn? Chriſt! du feyerſt den Tod deines
Herrn;
den freiwilligſten, den je einer geſtor-
ben iſt? Siehe auf den Geängſteten, den Ge-
bundnen, den Verklagten, den Müden, und
Verhöhnten und Gemarterten! du feyerſt den
quaalenvolleſten Tod, den je einer geſtorben
iſt! Dieſe Angſt, für deine [ – 3 Zeichen fehlen]he empfunden;
dieſe Feßeln, für deine Freiheit getragen; dieſes
Urtheil, für deine Begnadigung erduldet; dieſe
Wunden, um deiner Sünden willen gefühlt;

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[199/0251] ſeelten Gebeine aufnahm? Oder ſollt ich nicht vielmehr, bei dieſer lehrreichen rührenden Erin- nerung fragen: Warum erniedrigte ſich der ſo tief, der vor der Zeit der Welt eine unendliche Herrlichkeit bei ſeinem Vater hatte? Warum ward der, vor dem ſich nun alle Selige und En- gel beugen, unter ſo viel Mühſeligkeiten des Le- bens, unter ſo viel Kummer der Seele, unter ſo viel Bedrängnißen des Mangels, der Schmach und der Schmerzen, dem Willen ſeines Vaters gehorſam, bis zum Tode am Creuz? Warum neigte er ſein Haupt und ſtarb? Warum ward er ins Grab geſenkt? Und ſo ein ernſter Gedan- ke an jene trauervolle Leidensnacht, ſo ein Blick nach Golgatha und in die Tiefen des Grabes Je- ſu Chriſti, was ſagt mir der am Altar meines Herrn? Chriſt! du feyerſt den Tod deines Herrn; den freiwilligſten, den je einer geſtor- ben iſt? Siehe auf den Geängſteten, den Ge- bundnen, den Verklagten, den Müden, und Verhöhnten und Gemarterten! du feyerſt den quaalenvolleſten Tod, den je einer geſtorben iſt! Dieſe Angſt, für deine ___he empfunden; dieſe Feßeln, für deine Freiheit getragen; dieſes Urtheil, für deine Begnadigung erduldet; dieſe Wunden, um deiner Sünden willen gefühlt; die- N 4

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Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/251>, abgerufen am 27.11.2024.