Mein Reich ist nicht von dieser Welt: sprach der angeklagte Erlöser. Nicht ein irdi- sches Reich: wollte er sagen: sondern ein himm- lisches Reich: nicht ein Reich, über einzelne Staaten; sondern über alle Völker der Erde: nicht ein Reich, das Zeit und Krieg, und Ver- wüstung und Tod zerstören; sondern, welches die Unvergänglichkeit der Ewigkeit aufrecht erhält: nicht ein Reich, welches ich mit dem Blute zahl- reicher Heere; sondern ein Reich, welches ich mit meinem eignen Blute erkaufe, zu dessen glorreichen Höhen ich mich durch einen furcht- baren Tod emporschwinge: nicht ein Reich, dessen Bürger sich auf Erden, durch äußres Gepränge und zeitliche Vortheile unterscheiden; sondern ein Reich, dessen folgsame Unterthanen, von der Welt oft verkannt, mir ihrem Herrn allein offenbar, nach den ewig unwandelbaren Tugend- gesetzen meiner Lehre wandeln, und unter jeder Veränderung wandelbarer Glücksumstände, innre Zufriedenheit und stille Freuden der Seele genie- ßen: nicht ein Reich, dessen Herrlichkeit und Freuden hienieden sichtbar erscheinen, hienieden völlig genoßen werden; sondern ein Reich, des- sen glorreiche Wonne, sich jedem meiner treuen Reichsgenoßen dann erst verklärt, wann ihn
der
Mein Reich iſt nicht von dieſer Welt: ſprach der angeklagte Erlöſer. Nicht ein irdi- ſches Reich: wollte er ſagen: ſondern ein himm- liſches Reich: nicht ein Reich, über einzelne Staaten; ſondern über alle Völker der Erde: nicht ein Reich, das Zeit und Krieg, und Ver- wüſtung und Tod zerſtören; ſondern, welches die Unvergänglichkeit der Ewigkeit aufrecht erhält: nicht ein Reich, welches ich mit dem Blute zahl- reicher Heere; ſondern ein Reich, welches ich mit meinem eignen Blute erkaufe, zu deſſen glorreichen Höhen ich mich durch einen furcht- baren Tod emporſchwinge: nicht ein Reich, deſſen Bürger ſich auf Erden, durch äußres Gepränge und zeitliche Vortheile unterſcheiden; ſondern ein Reich, deſſen folgſame Unterthanen, von der Welt oft verkannt, mir ihrem Herrn allein offenbar, nach den ewig unwandelbaren Tugend- geſetzen meiner Lehre wandeln, und unter jeder Veränderung wandelbarer Glücksumſtände, innre Zufriedenheit und ſtille Freuden der Seele genie- ßen: nicht ein Reich, deſſen Herrlichkeit und Freuden hienieden ſichtbar erſcheinen, hienieden völlig genoßen werden; ſondern ein Reich, deſ- ſen glorreiche Wonne, ſich jedem meiner treuen Reichsgenoßen dann erſt verklärt, wann ihn
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Mein Reich iſt nicht von dieſer Welt:
ſprach der angeklagte Erlöſer. Nicht ein irdi-
ſches Reich: wollte er ſagen: ſondern ein himm-
liſches Reich: nicht ein Reich, über einzelne
Staaten; ſondern über alle Völker der Erde:
nicht ein Reich, das Zeit und Krieg, und Ver-
wüſtung und Tod zerſtören; ſondern, welches die
Unvergänglichkeit der Ewigkeit aufrecht erhält:
nicht ein Reich, welches ich mit dem Blute zahl-
reicher Heere; ſondern ein Reich, welches ich
mit meinem eignen Blute erkaufe, zu deſſen
glorreichen Höhen ich mich durch einen furcht-
baren Tod emporſchwinge: nicht ein Reich, deſſen
Bürger ſich auf Erden, durch äußres Gepränge
und zeitliche Vortheile unterſcheiden; ſondern
ein Reich, deſſen folgſame Unterthanen, von
der Welt oft verkannt, mir ihrem Herrn allein
offenbar, nach den ewig unwandelbaren Tugend-
geſetzen meiner Lehre wandeln, und unter jeder
Veränderung wandelbarer Glücksumſtände, innre
Zufriedenheit und ſtille Freuden der Seele genie-
ßen: nicht ein Reich, deſſen Herrlichkeit und
Freuden hienieden ſichtbar erſcheinen, hienieden
völlig genoßen werden; ſondern ein Reich, deſ-
ſen glorreiche Wonne, ſich jedem meiner treuen
Reichsgenoßen dann erſt verklärt, wann ihn
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Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/290>, abgerufen am 24.11.2024.
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