Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite



Sonne uns nicht mehr leuchtet, und Sterne
unter unsern Füßen liegen, und Gott selbst,
von Angesicht zu Angesicht von uns angeschauet,
unsre Sonne in Ewigkeit ist? Die Schrancken
der Zeit, die uns von der Ewigkeit entfernen, sind
noch nicht durchbrochen; wir sehn hier nur was
vor Augen ist, denken und urtheilen nur nach
sinnlichen Vorstellungen; können, auf einer
niedrigen Stuffe vernünftiger unsterblicher
Geister, nur mit Mühe unsern Geist
über den Staub zu dem erheben, unter dem,
auf der erhabensten Stuffe der Geister, der Erz-
engel noch unendlich erniedrigt ist; fern vom
Throne Gottes, stammeln wir nur jenes Loblied
der Mitgenoßen seiner Ewigkeit. -- Aber, wir
leben dennoch im Heiligthume unsers Gottes,
dem Vorhofe seines Allerheiligsten. Die Natur
um uns her, ist ein festlicher Tempel, (Psalm
19, 2. 3.) in welchem die Himmel uns seine Herr-
lichkeit verkündigen; und die Erde uns zum An-
blick und zum Genuße seiner Güte einladet; in
welchem der Tag der Nacht, die Nacht dem Ta-
ge, ein Jahr, ein Jahrhundert dem andern, von
seiner Liebe erzählen, und tausend Stimmen
aus der Ferne, und in der Nähe, von allen
Seiten uns zurufen: Lobet den Herrn!

Je-
B



Sonne uns nicht mehr leuchtet, und Sterne
unter unſern Füßen liegen, und Gott ſelbſt,
von Angeſicht zu Angeſicht von uns angeſchauet,
unſre Sonne in Ewigkeit iſt? Die Schrancken
der Zeit, die uns von der Ewigkeit entfernen, ſind
noch nicht durchbrochen; wir ſehn hier nur was
vor Augen iſt, denken und urtheilen nur nach
ſinnlichen Vorſtellungen; können, auf einer
niedrigen Stuffe vernünftiger unſterblicher
Geiſter, nur mit Mühe unſern Geiſt
über den Staub zu dem erheben, unter dem,
auf der erhabenſten Stuffe der Geiſter, der Erz-
engel noch unendlich erniedrigt iſt; fern vom
Throne Gottes, ſtammeln wir nur jenes Loblied
der Mitgenoßen ſeiner Ewigkeit. — Aber, wir
leben dennoch im Heiligthume unſers Gottes,
dem Vorhofe ſeines Allerheiligſten. Die Natur
um uns her, iſt ein feſtlicher Tempel, (Pſalm
19, 2. 3.) in welchem die Himmel uns ſeine Herr-
lichkeit verkündigen; und die Erde uns zum An-
blick und zum Genuße ſeiner Güte einladet; in
welchem der Tag der Nacht, die Nacht dem Ta-
ge, ein Jahr, ein Jahrhundert dem andern, von
ſeiner Liebe erzählen, und tauſend Stimmen
aus der Ferne, und in der Nähe, von allen
Seiten uns zurufen: Lobet den Herrn!

Je-
B
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0069" n="17"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Sonne uns nicht mehr leuchtet, und Sterne<lb/>
unter un&#x017F;ern Füßen liegen, und Gott &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
von Ange&#x017F;icht zu Ange&#x017F;icht von uns ange&#x017F;chauet,<lb/>
un&#x017F;re Sonne in Ewigkeit i&#x017F;t? Die Schrancken<lb/>
der Zeit, die uns von der Ewigkeit entfernen, &#x017F;ind<lb/>
noch nicht durchbrochen; wir &#x017F;ehn hier nur was<lb/>
vor Augen i&#x017F;t, denken und urtheilen nur nach<lb/>
&#x017F;innlichen Vor&#x017F;tellungen; können, auf einer<lb/>
niedrigen Stuffe vernünftiger un&#x017F;terblicher<lb/>
Gei&#x017F;ter, nur mit Mühe un&#x017F;ern Gei&#x017F;t<lb/>
über den Staub zu dem erheben, unter dem,<lb/>
auf der erhaben&#x017F;ten Stuffe der Gei&#x017F;ter, der Erz-<lb/>
engel noch unendlich erniedrigt i&#x017F;t; fern vom<lb/>
Throne Gottes, &#x017F;tammeln wir nur jenes Loblied<lb/>
der Mitgenoßen &#x017F;einer Ewigkeit. &#x2014; Aber, wir<lb/>
leben dennoch im Heiligthume un&#x017F;ers Gottes,<lb/>
dem Vorhofe &#x017F;eines Allerheilig&#x017F;ten. Die Natur<lb/>
um uns her, i&#x017F;t ein fe&#x017F;tlicher Tempel, (P&#x017F;alm<lb/>
19, 2. 3.) in welchem die Himmel uns &#x017F;eine Herr-<lb/>
lichkeit verkündigen; und die Erde uns zum An-<lb/>
blick und zum Genuße &#x017F;einer Güte einladet; in<lb/>
welchem der Tag der Nacht, die Nacht dem Ta-<lb/>
ge, ein Jahr, ein Jahrhundert dem andern, von<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;einer</hi> Liebe erzählen, und tau&#x017F;end Stimmen<lb/>
aus der Ferne, und in der Nähe, von allen<lb/>
Seiten uns zurufen: Lobet den Herrn!</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">B</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Je-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0069] Sonne uns nicht mehr leuchtet, und Sterne unter unſern Füßen liegen, und Gott ſelbſt, von Angeſicht zu Angeſicht von uns angeſchauet, unſre Sonne in Ewigkeit iſt? Die Schrancken der Zeit, die uns von der Ewigkeit entfernen, ſind noch nicht durchbrochen; wir ſehn hier nur was vor Augen iſt, denken und urtheilen nur nach ſinnlichen Vorſtellungen; können, auf einer niedrigen Stuffe vernünftiger unſterblicher Geiſter, nur mit Mühe unſern Geiſt über den Staub zu dem erheben, unter dem, auf der erhabenſten Stuffe der Geiſter, der Erz- engel noch unendlich erniedrigt iſt; fern vom Throne Gottes, ſtammeln wir nur jenes Loblied der Mitgenoßen ſeiner Ewigkeit. — Aber, wir leben dennoch im Heiligthume unſers Gottes, dem Vorhofe ſeines Allerheiligſten. Die Natur um uns her, iſt ein feſtlicher Tempel, (Pſalm 19, 2. 3.) in welchem die Himmel uns ſeine Herr- lichkeit verkündigen; und die Erde uns zum An- blick und zum Genuße ſeiner Güte einladet; in welchem der Tag der Nacht, die Nacht dem Ta- ge, ein Jahr, ein Jahrhundert dem andern, von ſeiner Liebe erzählen, und tauſend Stimmen aus der Ferne, und in der Nähe, von allen Seiten uns zurufen: Lobet den Herrn! Je- B

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/69
Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/69>, abgerufen am 18.06.2024.