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Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

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IV.
Luc. 1, 46. 47. 49.
Meine Seele, erhebet den herrn, und mein Geist
freuet sich Gottes meines Heilandes: denn er
hat große Dinge an mir gethan; er, der da mäch-
tig ist, und des Name heilig ist.



Gott hat große Dinge an mir gethan. War-
um wird doch diese Ueberzeugung so selten in
den menschlichen Herzen recht rege? warum
eilt sie immer wieder so flüchtig vorüber? warum
fühlen so wenige sie recht innig in ihrem ganzen
Nachdruck. Und dennoch ist das gerade die ver-
borgne Quelle so vieler Unzufriedenheit, so vie-
les Murrens wider Gott, so vieler Unruhe, mit
der uns immer tausend unbefriedigte Wünsche
peinigen, so tiefer trostloser Traurigkeit, mit
welcher wir bald diesem bald jenem verlohrnen
Gute nachweinen. Es steht so sehr in unsrer
Macht, durch ein gefühlvolles Andenken, und
ein zuversichtliches Vertrauen, auf den Gott
gerichtet, der bisher so väterlich für uns gesorgt
hat, und künftig, ewig väterlich für uns zu
sorgen verheißen hat, die bittre verderbliche Quel-
le unzufriedner Sorgen zu verstopfen, die überströ-

men-


IV.
Luc. 1, 46. 47. 49.
Meine Seele, erhebet den herrn, und mein Geiſt
freuet ſich Gottes meines Heilandes: denn er
hat große Dinge an mir gethan; er, der da mäch-
tig iſt, und des Name heilig iſt.



Gott hat große Dinge an mir gethan. War-
um wird doch dieſe Ueberzeugung ſo ſelten in
den menſchlichen Herzen recht rege? warum
eilt ſie immer wieder ſo flüchtig vorüber? warum
fühlen ſo wenige ſie recht innig in ihrem ganzen
Nachdruck. Und dennoch iſt das gerade die ver-
borgne Quelle ſo vieler Unzufriedenheit, ſo vie-
les Murrens wider Gott, ſo vieler Unruhe, mit
der uns immer tauſend unbefriedigte Wünſche
peinigen, ſo tiefer troſtloſer Traurigkeit, mit
welcher wir bald dieſem bald jenem verlohrnen
Gute nachweinen. Es ſteht ſo ſehr in unſrer
Macht, durch ein gefühlvolles Andenken, und
ein zuverſichtliches Vertrauen, auf den Gott
gerichtet, der bisher ſo väterlich für uns geſorgt
hat, und künftig, ewig väterlich für uns zu
ſorgen verheißen hat, die bittre verderbliche Quel-
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[46/0098] IV. Luc. 1, 46. 47. 49. Meine Seele, erhebet den herrn, und mein Geiſt freuet ſich Gottes meines Heilandes: denn er hat große Dinge an mir gethan; er, der da mäch- tig iſt, und des Name heilig iſt. Gott hat große Dinge an mir gethan. War- um wird doch dieſe Ueberzeugung ſo ſelten in den menſchlichen Herzen recht rege? warum eilt ſie immer wieder ſo flüchtig vorüber? warum fühlen ſo wenige ſie recht innig in ihrem ganzen Nachdruck. Und dennoch iſt das gerade die ver- borgne Quelle ſo vieler Unzufriedenheit, ſo vie- les Murrens wider Gott, ſo vieler Unruhe, mit der uns immer tauſend unbefriedigte Wünſche peinigen, ſo tiefer troſtloſer Traurigkeit, mit welcher wir bald dieſem bald jenem verlohrnen Gute nachweinen. Es ſteht ſo ſehr in unſrer Macht, durch ein gefühlvolles Andenken, und ein zuverſichtliches Vertrauen, auf den Gott gerichtet, der bisher ſo väterlich für uns geſorgt hat, und künftig, ewig väterlich für uns zu ſorgen verheißen hat, die bittre verderbliche Quel- le unzufriedner Sorgen zu verſtopfen, die überſtrö- men-

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Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/98>, abgerufen am 18.06.2024.