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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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II. Die psychischen Gebilde.
§ 8. Begriff und Eintheilung der psychischen Gebilde.

1. Unter einem "psychischen Gebilde" verstehen wir
jeden zusammengesetzten Bestandtheil unserer unmittelbaren
Erfahrung, der durch bestimmte Merkmale von dem übrigen
Inhalte derselben derart sich abgrenzt, dass er als eine
relativ selbständige Einheit aufgefasst wird und, wo das
praktische Bedürfniss es fordert, mit einem besonderen
Namen bezeichnet worden ist. Hierbei hat diese Namen-
gebung die allgemein von der Sprache festgehaltene Regel
befolgt, dass sie sich auf die Bezeichnung der Classen
und der hauptsächlichsten Gattungen beschränkt, denen
die Erscheinungen subsumirt werden können, während die
Unterscheidung der concreten Gebilde selbst der unmittel-
baren Anschauung überlassen bleibt. So bezeichnen Aus-
drücke wie Vorstellungen, Affecte, Willenshandlungen u. dgl.
allgemeine Classen psychischer Gebilde, solche wie Gesichts-
vorstellungen, Freude, Zorn, Hoffnung u. dgl. einzelne in
jenen Classen enthaltene Gattungen. Insofern diese aus der
praktischen Lebenserfahrung hervorgegangenen Bezeichungen
auf thatsächlich vorhandenen Unterscheidungsmerkmalen be-
ruhen, werden sie auch von der Wissenschaft beibehalten
werden können. Nur muss diese freilich zugleich ebensowohl
von der Beschaffenheit jener Merkmale wie von dem eigenthüm-
lichen Inhalt der einzelnen Hauptformen psychischer Gebilde
Rechenschaft ablegen, um hierdurch den einzelnen Begriffen

II. Die psychischen Gebilde.
§ 8. Begriff und Eintheilung der psychischen Gebilde.

1. Unter einem »psychischen Gebilde« verstehen wir
jeden zusammengesetzten Bestandtheil unserer unmittelbaren
Erfahrung, der durch bestimmte Merkmale von dem übrigen
Inhalte derselben derart sich abgrenzt, dass er als eine
relativ selbständige Einheit aufgefasst wird und, wo das
praktische Bedürfniss es fordert, mit einem besonderen
Namen bezeichnet worden ist. Hierbei hat diese Namen-
gebung die allgemein von der Sprache festgehaltene Regel
befolgt, dass sie sich auf die Bezeichnung der Classen
und der hauptsächlichsten Gattungen beschränkt, denen
die Erscheinungen subsumirt werden können, während die
Unterscheidung der concreten Gebilde selbst der unmittel-
baren Anschauung überlassen bleibt. So bezeichnen Aus-
drücke wie Vorstellungen, Affecte, Willenshandlungen u. dgl.
allgemeine Classen psychischer Gebilde, solche wie Gesichts-
vorstellungen, Freude, Zorn, Hoffnung u. dgl. einzelne in
jenen Classen enthaltene Gattungen. Insofern diese aus der
praktischen Lebenserfahrung hervorgegangenen Bezeichungen
auf thatsächlich vorhandenen Unterscheidungsmerkmalen be-
ruhen, werden sie auch von der Wissenschaft beibehalten
werden können. Nur muss diese freilich zugleich ebensowohl
von der Beschaffenheit jener Merkmale wie von dem eigenthüm-
lichen Inhalt der einzelnen Hauptformen psychischer Gebilde
Rechenschaft ablegen, um hierdurch den einzelnen Begriffen

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[[106]/0122] II. Die psychischen Gebilde. § 8. Begriff und Eintheilung der psychischen Gebilde. 1. Unter einem »psychischen Gebilde« verstehen wir jeden zusammengesetzten Bestandtheil unserer unmittelbaren Erfahrung, der durch bestimmte Merkmale von dem übrigen Inhalte derselben derart sich abgrenzt, dass er als eine relativ selbständige Einheit aufgefasst wird und, wo das praktische Bedürfniss es fordert, mit einem besonderen Namen bezeichnet worden ist. Hierbei hat diese Namen- gebung die allgemein von der Sprache festgehaltene Regel befolgt, dass sie sich auf die Bezeichnung der Classen und der hauptsächlichsten Gattungen beschränkt, denen die Erscheinungen subsumirt werden können, während die Unterscheidung der concreten Gebilde selbst der unmittel- baren Anschauung überlassen bleibt. So bezeichnen Aus- drücke wie Vorstellungen, Affecte, Willenshandlungen u. dgl. allgemeine Classen psychischer Gebilde, solche wie Gesichts- vorstellungen, Freude, Zorn, Hoffnung u. dgl. einzelne in jenen Classen enthaltene Gattungen. Insofern diese aus der praktischen Lebenserfahrung hervorgegangenen Bezeichungen auf thatsächlich vorhandenen Unterscheidungsmerkmalen be- ruhen, werden sie auch von der Wissenschaft beibehalten werden können. Nur muss diese freilich zugleich ebensowohl von der Beschaffenheit jener Merkmale wie von dem eigenthüm- lichen Inhalt der einzelnen Hauptformen psychischer Gebilde Rechenschaft ablegen, um hierdurch den einzelnen Begriffen

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. [106]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/122>, abgerufen am 24.11.2024.