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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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II. Die psychischen Gebilde.
verstehen wir diejenigen, die aus dem Verhältniss der quali-
tativen Eigenschaften der Empfindungselemente einer Vor-
stellung, unter den extensiven solche, die aus der räum-
lichen oder zeitlichen Ordnung der Elemente entspringen.
Die Ausdrücke "intensiv" und "extensiv" sollen also hier
nicht auf die Beschaffenheit der Gefühle selbst, die in
Wirklichkeit immer eine intensive ist, sondern auf ihre
Entstehungsbedingungen bezogen werden.

Demnach sind die intensiven und extensiven Gefühle
nicht bloß die subjectiven Begleiterscheinungen der ent-
sprechenden Vorstellungen, sondern, da jede Vorstellung
einerseits aus qualitativ verschiedenen Elementen zu be-
stehen pflegt, anderseits irgend einer extensiven Ordnung
von Eindrücken sich einreiht, so kann eine und dieselbe
Vorstellung gleichzeitig das Substrat intensiver und extensiver
Gefühle sein. So erregt ein Gesichtsobject, das aus ver-
schiedenfarbigen Theilen besteht, ein intensives Gefühl durch
das Verhältniss der Farben zu einander, ein extensives durch
seine Form. Eine Aufeinanderfolge von Klängen ist mit
einem intensiven Gefühl verbunden, das dem qualitativen
Verhältniss der Klänge entspricht, und mit einem extensiven,
das aus der rhythmischen oder arhythmischen zeitlichen
Folge derselben hervorgeht. Darum sind an die Gesichts-
wie an die Gehörsvorstellungen im allgemeinen stets inten-
sive und extensive Gefühle zugleich gebunden; doch kann
natürlich unter bestimmten Bedingungen die eine gegenüber
der andern Form zurücktreten. So ist beim momentanen
Anhören eines Zusammenklangs nur ein intensives Gefühl
wahrzunehmen; umgekehrt beim Anhören einer Taktfolge
aus indifferenten Schalleindrücken macht sich bloß ein exten-
sives Gefühl in merklichem Grade geltend, u. s. w. Zum
Zweck der psychologischen Analyse ist es aber natürlich
zweckmäßig, solche Bedingungen herzustellen, unter denen

II. Die psychischen Gebilde.
verstehen wir diejenigen, die aus dem Verhältniss der quali-
tativen Eigenschaften der Empfindungselemente einer Vor-
stellung, unter den extensiven solche, die aus der räum-
lichen oder zeitlichen Ordnung der Elemente entspringen.
Die Ausdrücke »intensiv« und »extensiv« sollen also hier
nicht auf die Beschaffenheit der Gefühle selbst, die in
Wirklichkeit immer eine intensive ist, sondern auf ihre
Entstehungsbedingungen bezogen werden.

Demnach sind die intensiven und extensiven Gefühle
nicht bloß die subjectiven Begleiterscheinungen der ent-
sprechenden Vorstellungen, sondern, da jede Vorstellung
einerseits aus qualitativ verschiedenen Elementen zu be-
stehen pflegt, anderseits irgend einer extensiven Ordnung
von Eindrücken sich einreiht, so kann eine und dieselbe
Vorstellung gleichzeitig das Substrat intensiver und extensiver
Gefühle sein. So erregt ein Gesichtsobject, das aus ver-
schiedenfarbigen Theilen besteht, ein intensives Gefühl durch
das Verhältniss der Farben zu einander, ein extensives durch
seine Form. Eine Aufeinanderfolge von Klängen ist mit
einem intensiven Gefühl verbunden, das dem qualitativen
Verhältniss der Klänge entspricht, und mit einem extensiven,
das aus der rhythmischen oder arhythmischen zeitlichen
Folge derselben hervorgeht. Darum sind an die Gesichts-
wie an die Gehörsvorstellungen im allgemeinen stets inten-
sive und extensive Gefühle zugleich gebunden; doch kann
natürlich unter bestimmten Bedingungen die eine gegenüber
der andern Form zurücktreten. So ist beim momentanen
Anhören eines Zusammenklangs nur ein intensives Gefühl
wahrzunehmen; umgekehrt beim Anhören einer Taktfolge
aus indifferenten Schalleindrücken macht sich bloß ein exten-
sives Gefühl in merklichem Grade geltend, u. s. w. Zum
Zweck der psychologischen Analyse ist es aber natürlich
zweckmäßig, solche Bedingungen herzustellen, unter denen

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[194/0210] II. Die psychischen Gebilde. verstehen wir diejenigen, die aus dem Verhältniss der quali- tativen Eigenschaften der Empfindungselemente einer Vor- stellung, unter den extensiven solche, die aus der räum- lichen oder zeitlichen Ordnung der Elemente entspringen. Die Ausdrücke »intensiv« und »extensiv« sollen also hier nicht auf die Beschaffenheit der Gefühle selbst, die in Wirklichkeit immer eine intensive ist, sondern auf ihre Entstehungsbedingungen bezogen werden. Demnach sind die intensiven und extensiven Gefühle nicht bloß die subjectiven Begleiterscheinungen der ent- sprechenden Vorstellungen, sondern, da jede Vorstellung einerseits aus qualitativ verschiedenen Elementen zu be- stehen pflegt, anderseits irgend einer extensiven Ordnung von Eindrücken sich einreiht, so kann eine und dieselbe Vorstellung gleichzeitig das Substrat intensiver und extensiver Gefühle sein. So erregt ein Gesichtsobject, das aus ver- schiedenfarbigen Theilen besteht, ein intensives Gefühl durch das Verhältniss der Farben zu einander, ein extensives durch seine Form. Eine Aufeinanderfolge von Klängen ist mit einem intensiven Gefühl verbunden, das dem qualitativen Verhältniss der Klänge entspricht, und mit einem extensiven, das aus der rhythmischen oder arhythmischen zeitlichen Folge derselben hervorgeht. Darum sind an die Gesichts- wie an die Gehörsvorstellungen im allgemeinen stets inten- sive und extensive Gefühle zugleich gebunden; doch kann natürlich unter bestimmten Bedingungen die eine gegenüber der andern Form zurücktreten. So ist beim momentanen Anhören eines Zusammenklangs nur ein intensives Gefühl wahrzunehmen; umgekehrt beim Anhören einer Taktfolge aus indifferenten Schalleindrücken macht sich bloß ein exten- sives Gefühl in merklichem Grade geltend, u. s. w. Zum Zweck der psychologischen Analyse ist es aber natürlich zweckmäßig, solche Bedingungen herzustellen, unter denen

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/210>, abgerufen am 21.11.2024.