als schneller Puls bezeichnet und ihm der langsame Puls entge- gengesetzt. Fig. 55 A und B zeigen Beispiele dieser Pulsformen, die von der Häufigkeit oder Seltenheit des Pulses streng zu unterscheiden sind; ein häufiger Puls kann langsam (wie in B Fig. 55) und ein seltener Puls schnell (wie in A) sein oder umgekehrt. 2) Die Raschheit des Sinkens der Pulswelle. Zuweilen sinkt der Puls sehr schnell, nach- dem er angestiegen ist (C); manchmal bleibt er einige Zeit auf an- nähernd gleicher Höhe und sinkt dann langsam (D); 3) die Einfach- heit oder Doppelschlägigkeit des Pulses. Als einfach bezeich- nen wir den Puls, wenn jede einzelne Pulswelle aus einem einzigen An- und Absteigen besteht. Doppelschlägig dagegen nennt man ihn, wenn dieses An- und Absteigen sich noch einmal, wenn gleich schwä- cher, vor dem Eintritt einer neuen Pulswelle wiederholt. Dabei kann die Wiederholung der Oscillation entweder während der Periode des Ansteigens stattfinden (E), was jedoch seltener geschieht, oder sie kann während der Periode des Absteigens vorkommen (F), im letztern Fall fällt die Form des Pulses verschieden aus, je nachdem die Welle mehr oder weniger abgelaufen ist.
Für die Ursachen dieser manchfachen Verschiedenheiten der Pulsformen lassen folgende physikalische Ursachen sich angeben. Die Pulswelle wird um so rascher ansteigen, je schneller der an der Einmündungsstelle des Arteriensystems die ganze Wellenbewegung ver- ursachende Flüssigkeitsstoss ist. Im allgemeinen deutet also diese Pulsform auf eine rasche Ventrikelcontraction. Sie kann aber auch andeuten, dass die Widerstände, die das Blut an der Einmündungs- stelle in das Arteriensystem vorfindet, geringer sind als gewöhnlich; man findet daher den schnellen Puls in besonders auffallendem Grade bei fehlendem Schluss der Aortenklappen. Die Raschheit des Sinkens der Pulswelle ist dagegen ganz und gar von der Beschaffenheit der Arterienwände abhängig. Diese werden schneller nach jeder Aus- dehnung wieder zusammensinken, wenn sie dehnbar und von vollkom- mener Elasticität sind, weil dann die Pulswelle höher und kürzer ist, als wenn die Wandungen eine starre Beschaffenheit besitzen: im letz- teren Fall (z. B. an den verknöcherten Arterien der Greise) beobach- tet man daher einen sehr langsam sinkenden Puls. Eine Wiederholung der Schwingung vor Eintritt einer neuen Pulswelle (doppelschlägigen Puls) findet man namentlich dann, wenn die Welle schnell sinkt und zugleich die Gefässwandung von kleiner aber vollkommener Elas- ticität ist; an rigiden Arterien fehlt daher der doppelschlägige Puls; er ist dagegen sehr stark, wenn die Spannung der Arterienwandungen ungewöhnlich vermindert ist, was in fieberhaften Krankheiten (beson- ders im Typhus) vorzukommen pflegt. Unterstützt wird sein Auftreten durch Widerstände, welche sich dem Strom nach abwärts von der beobachteten Stelle entgegensetzen. Dies lässt sich experimentell
Von der Schwere.
als schneller Puls bezeichnet und ihm der langsame Puls entge- gengesetzt. Fig. 55 A und B zeigen Beispiele dieser Pulsformen, die von der Häufigkeit oder Seltenheit des Pulses streng zu unterscheiden sind; ein häufiger Puls kann langsam (wie in B Fig. 55) und ein seltener Puls schnell (wie in A) sein oder umgekehrt. 2) Die Raschheit des Sinkens der Pulswelle. Zuweilen sinkt der Puls sehr schnell, nach- dem er angestiegen ist (C); manchmal bleibt er einige Zeit auf an- nähernd gleicher Höhe und sinkt dann langsam (D); 3) die Einfach- heit oder Doppelschlägigkeit des Pulses. Als einfach bezeich- nen wir den Puls, wenn jede einzelne Pulswelle aus einem einzigen An- und Absteigen besteht. Doppelschlägig dagegen nennt man ihn, wenn dieses An- und Absteigen sich noch einmal, wenn gleich schwä- cher, vor dem Eintritt einer neuen Pulswelle wiederholt. Dabei kann die Wiederholung der Oscillation entweder während der Periode des Ansteigens stattfinden (E), was jedoch seltener geschieht, oder sie kann während der Periode des Absteigens vorkommen (F), im letztern Fall fällt die Form des Pulses verschieden aus, je nachdem die Welle mehr oder weniger abgelaufen ist.
Für die Ursachen dieser manchfachen Verschiedenheiten der Pulsformen lassen folgende physikalische Ursachen sich angeben. Die Pulswelle wird um so rascher ansteigen, je schneller der an der Einmündungsstelle des Arteriensystems die ganze Wellenbewegung ver- ursachende Flüssigkeitsstoss ist. Im allgemeinen deutet also diese Pulsform auf eine rasche Ventrikelcontraction. Sie kann aber auch andeuten, dass die Widerstände, die das Blut an der Einmündungs- stelle in das Arteriensystem vorfindet, geringer sind als gewöhnlich; man findet daher den schnellen Puls in besonders auffallendem Grade bei fehlendem Schluss der Aortenklappen. Die Raschheit des Sinkens der Pulswelle ist dagegen ganz und gar von der Beschaffenheit der Arterienwände abhängig. Diese werden schneller nach jeder Aus- dehnung wieder zusammensinken, wenn sie dehnbar und von vollkom- mener Elasticität sind, weil dann die Pulswelle höher und kürzer ist, als wenn die Wandungen eine starre Beschaffenheit besitzen: im letz- teren Fall (z. B. an den verknöcherten Arterien der Greise) beobach- tet man daher einen sehr langsam sinkenden Puls. Eine Wiederholung der Schwingung vor Eintritt einer neuen Pulswelle (doppelschlägigen Puls) findet man namentlich dann, wenn die Welle schnell sinkt und zugleich die Gefässwandung von kleiner aber vollkommener Elas- ticität ist; an rigiden Arterien fehlt daher der doppelschlägige Puls; er ist dagegen sehr stark, wenn die Spannung der Arterienwandungen ungewöhnlich vermindert ist, was in fieberhaften Krankheiten (beson- ders im Typhus) vorzukommen pflegt. Unterstützt wird sein Auftreten durch Widerstände, welche sich dem Strom nach abwärts von der beobachteten Stelle entgegensetzen. Dies lässt sich experimentell
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0154"n="132"/><fwplace="top"type="header">Von der Schwere.</fw><lb/>
als <hirendition="#g">schneller</hi> Puls bezeichnet und ihm der <hirendition="#g">langsame</hi> Puls entge-<lb/>
gengesetzt. Fig. 55 A und B zeigen Beispiele dieser Pulsformen, die<lb/>
von der Häufigkeit oder Seltenheit des Pulses streng zu unterscheiden<lb/>
sind; ein häufiger Puls kann langsam (wie in B Fig. 55) und ein seltener<lb/>
Puls schnell (wie in A) sein oder umgekehrt. 2) Die <hirendition="#g">Raschheit des<lb/>
Sinkens</hi> der Pulswelle. Zuweilen sinkt der Puls sehr schnell, nach-<lb/>
dem er angestiegen ist (C); manchmal bleibt er einige Zeit auf an-<lb/>
nähernd gleicher Höhe und sinkt dann langsam (D); 3) die <hirendition="#g">Einfach-<lb/>
heit</hi> oder <hirendition="#g">Doppelschlägigkeit</hi> des Pulses. Als einfach bezeich-<lb/>
nen wir den Puls, wenn jede einzelne Pulswelle aus einem einzigen<lb/>
An- und Absteigen besteht. Doppelschlägig dagegen nennt man ihn,<lb/>
wenn dieses An- und Absteigen sich noch einmal, wenn gleich schwä-<lb/>
cher, vor dem Eintritt einer neuen Pulswelle wiederholt. Dabei kann<lb/>
die Wiederholung der Oscillation entweder während der Periode des<lb/>
Ansteigens stattfinden (E), was jedoch seltener geschieht, oder sie<lb/>
kann während der Periode des Absteigens vorkommen (F), im letztern<lb/>
Fall fällt die Form des Pulses verschieden aus, je nachdem die Welle<lb/>
mehr oder weniger abgelaufen ist.</p><lb/><p>Für die Ursachen dieser manchfachen Verschiedenheiten der<lb/>
Pulsformen lassen folgende physikalische Ursachen sich angeben. Die<lb/>
Pulswelle wird um so <hirendition="#g">rascher</hi> ansteigen, je schneller der an der<lb/>
Einmündungsstelle des Arteriensystems die ganze Wellenbewegung ver-<lb/>
ursachende Flüssigkeitsstoss ist. Im allgemeinen deutet also diese<lb/>
Pulsform auf eine rasche Ventrikelcontraction. Sie kann aber auch<lb/>
andeuten, dass die Widerstände, die das Blut an der Einmündungs-<lb/>
stelle in das Arteriensystem vorfindet, geringer sind als gewöhnlich;<lb/>
man findet daher den schnellen Puls in besonders auffallendem Grade<lb/>
bei fehlendem Schluss der Aortenklappen. Die Raschheit des Sinkens<lb/>
der Pulswelle ist dagegen ganz und gar von der Beschaffenheit der<lb/>
Arterienwände abhängig. Diese werden schneller nach jeder Aus-<lb/>
dehnung wieder zusammensinken, wenn sie dehnbar und von vollkom-<lb/>
mener Elasticität sind, weil dann die Pulswelle höher und kürzer ist,<lb/>
als wenn die Wandungen eine starre Beschaffenheit besitzen: im letz-<lb/>
teren Fall (z. B. an den verknöcherten Arterien der Greise) beobach-<lb/>
tet man daher einen sehr langsam sinkenden Puls. Eine Wiederholung<lb/>
der Schwingung vor Eintritt einer neuen Pulswelle (doppelschlägigen<lb/>
Puls) findet man namentlich dann, wenn die Welle schnell sinkt<lb/>
und zugleich die Gefässwandung von kleiner aber vollkommener Elas-<lb/>
ticität ist; an rigiden Arterien fehlt daher der doppelschlägige Puls;<lb/>
er ist dagegen sehr stark, wenn die Spannung der Arterienwandungen<lb/>
ungewöhnlich vermindert ist, was in fieberhaften Krankheiten (beson-<lb/>
ders im Typhus) vorzukommen pflegt. Unterstützt wird sein Auftreten<lb/>
durch Widerstände, welche sich dem Strom nach abwärts von der<lb/>
beobachteten Stelle entgegensetzen. Dies lässt sich experimentell<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[132/0154]
Von der Schwere.
als schneller Puls bezeichnet und ihm der langsame Puls entge-
gengesetzt. Fig. 55 A und B zeigen Beispiele dieser Pulsformen, die
von der Häufigkeit oder Seltenheit des Pulses streng zu unterscheiden
sind; ein häufiger Puls kann langsam (wie in B Fig. 55) und ein seltener
Puls schnell (wie in A) sein oder umgekehrt. 2) Die Raschheit des
Sinkens der Pulswelle. Zuweilen sinkt der Puls sehr schnell, nach-
dem er angestiegen ist (C); manchmal bleibt er einige Zeit auf an-
nähernd gleicher Höhe und sinkt dann langsam (D); 3) die Einfach-
heit oder Doppelschlägigkeit des Pulses. Als einfach bezeich-
nen wir den Puls, wenn jede einzelne Pulswelle aus einem einzigen
An- und Absteigen besteht. Doppelschlägig dagegen nennt man ihn,
wenn dieses An- und Absteigen sich noch einmal, wenn gleich schwä-
cher, vor dem Eintritt einer neuen Pulswelle wiederholt. Dabei kann
die Wiederholung der Oscillation entweder während der Periode des
Ansteigens stattfinden (E), was jedoch seltener geschieht, oder sie
kann während der Periode des Absteigens vorkommen (F), im letztern
Fall fällt die Form des Pulses verschieden aus, je nachdem die Welle
mehr oder weniger abgelaufen ist.
Für die Ursachen dieser manchfachen Verschiedenheiten der
Pulsformen lassen folgende physikalische Ursachen sich angeben. Die
Pulswelle wird um so rascher ansteigen, je schneller der an der
Einmündungsstelle des Arteriensystems die ganze Wellenbewegung ver-
ursachende Flüssigkeitsstoss ist. Im allgemeinen deutet also diese
Pulsform auf eine rasche Ventrikelcontraction. Sie kann aber auch
andeuten, dass die Widerstände, die das Blut an der Einmündungs-
stelle in das Arteriensystem vorfindet, geringer sind als gewöhnlich;
man findet daher den schnellen Puls in besonders auffallendem Grade
bei fehlendem Schluss der Aortenklappen. Die Raschheit des Sinkens
der Pulswelle ist dagegen ganz und gar von der Beschaffenheit der
Arterienwände abhängig. Diese werden schneller nach jeder Aus-
dehnung wieder zusammensinken, wenn sie dehnbar und von vollkom-
mener Elasticität sind, weil dann die Pulswelle höher und kürzer ist,
als wenn die Wandungen eine starre Beschaffenheit besitzen: im letz-
teren Fall (z. B. an den verknöcherten Arterien der Greise) beobach-
tet man daher einen sehr langsam sinkenden Puls. Eine Wiederholung
der Schwingung vor Eintritt einer neuen Pulswelle (doppelschlägigen
Puls) findet man namentlich dann, wenn die Welle schnell sinkt
und zugleich die Gefässwandung von kleiner aber vollkommener Elas-
ticität ist; an rigiden Arterien fehlt daher der doppelschlägige Puls;
er ist dagegen sehr stark, wenn die Spannung der Arterienwandungen
ungewöhnlich vermindert ist, was in fieberhaften Krankheiten (beson-
ders im Typhus) vorzukommen pflegt. Unterstützt wird sein Auftreten
durch Widerstände, welche sich dem Strom nach abwärts von der
beobachteten Stelle entgegensetzen. Dies lässt sich experimentell
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/154>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.