Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.Magnetismus. und bei s7 ein freier Südpol entstehen, aber die Magnetismen s1 undn2, s2 und n3, ebenso n5 und s4, n4 und s3 u. s. w. würden gegen- seitig sich aufheben: der Stab würde also zwei Pole haben, in der ganzen sonstigen Länge desselben wäre aber kein freier Magnetismus. Damit solcher auftreten kann, muss n2 > s1, n3 > s2, n4 > s3 und auf der andern Seite s4 > n5, s5 > n6, s6 > n7 sein, d. h. die Mag- netismen der Molecüle müssen gegen die Mitte hin zunehmen. Setzen wir letzteres voraus, so erklärt sich vollständig das Verhalten des Magnetstabes. Wir werden dieser Voraussetzung am einfachsten die Vorstellung zu Grunde legen, dass, je mehr wir uns der Mitte des Stabes nähern, um so mehr die Zahl der Molecüle zunimmt, welche die polare Richtung angenommen haben, während an den Enden noch eine grössere Zahl in ihrer ursprünglichen unregelmässigen Stellung verharrt. Eine solche Anordnung lässt aber wieder leicht aus der gegenseitigen Einwirkung der Molecüle sich ableiten. Nehmen wir nämlich an, die äussere magnetisirende Kraft gebe zunächst in jedem Querschnitt gleich vielen Molecülen die polare Richtung, so werden auf die Molecüle der Schichte n2 (Fig. 225) die Südpole s1 einwirken, es wird daher hier eine stärkere Richtkraft als bei n1 vorhanden sein, bei n3 werden sowohl die Molecüle s2 wie in schwä- cherem Grade s1 wirken, hier muss also die Richtkraft noch mehr wachsen, u. s. f. Man sieht leicht ein, dass so von beiden Enden nach der Mitte hin die polarisirende Wirkung ansteigt. Eine directe Be- stätigung für diese Folgerungen liefert die Untersuchung der Bruch- stücke eines Magneten. Magnetisirt man eine Stahlnadel und zer- bricht dann dieselbe in einzelne Stücke, so zeigen die mittleren Stücke stets die überwiegende magnetische Wirkung. Jedes magnetische Theilchen übt auf ein anderes, je nachdem331 Magnetismus. und bei s7 ein freier Südpol entstehen, aber die Magnetismen s1 undn2, s2 und n3, ebenso n5 und s4, n4 und s3 u. s. w. würden gegen- seitig sich aufheben: der Stab würde also zwei Pole haben, in der ganzen sonstigen Länge desselben wäre aber kein freier Magnetismus. Damit solcher auftreten kann, muss n2 > s1, n3 > s2, n4 > s3 und auf der andern Seite s4 > n5, s5 > n6, s6 > n7 sein, d. h. die Mag- netismen der Molecüle müssen gegen die Mitte hin zunehmen. Setzen wir letzteres voraus, so erklärt sich vollständig das Verhalten des Magnetstabes. Wir werden dieser Voraussetzung am einfachsten die Vorstellung zu Grunde legen, dass, je mehr wir uns der Mitte des Stabes nähern, um so mehr die Zahl der Molecüle zunimmt, welche die polare Richtung angenommen haben, während an den Enden noch eine grössere Zahl in ihrer ursprünglichen unregelmässigen Stellung verharrt. Eine solche Anordnung lässt aber wieder leicht aus der gegenseitigen Einwirkung der Molecüle sich ableiten. Nehmen wir nämlich an, die äussere magnetisirende Kraft gebe zunächst in jedem Querschnitt gleich vielen Molecülen die polare Richtung, so werden auf die Molecüle der Schichte n2 (Fig. 225) die Südpole s1 einwirken, es wird daher hier eine stärkere Richtkraft als bei n1 vorhanden sein, bei n3 werden sowohl die Molecüle s2 wie in schwä- cherem Grade s1 wirken, hier muss also die Richtkraft noch mehr wachsen, u. s. f. Man sieht leicht ein, dass so von beiden Enden nach der Mitte hin die polarisirende Wirkung ansteigt. Eine directe Be- stätigung für diese Folgerungen liefert die Untersuchung der Bruch- stücke eines Magneten. Magnetisirt man eine Stahlnadel und zer- bricht dann dieselbe in einzelne Stücke, so zeigen die mittleren Stücke stets die überwiegende magnetische Wirkung. 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Magnetismus.
und bei s7 ein freier Südpol entstehen, aber die Magnetismen s1 und
n2, s2 und n3, ebenso n5 und s4, n4 und s3 u. s. w. würden gegen-
seitig sich aufheben: der Stab würde also zwei Pole haben, in der
ganzen sonstigen Länge desselben wäre aber kein freier Magnetismus.
Damit solcher auftreten kann, muss n2 > s1, n3 > s2, n4 > s3 und
auf der andern Seite s4 > n5, s5 > n6, s6 > n7 sein, d. h. die Mag-
netismen der Molecüle müssen gegen die Mitte hin zunehmen. Setzen
wir letzteres voraus, so erklärt sich vollständig das Verhalten des
Magnetstabes. Wir werden dieser Voraussetzung am einfachsten die
Vorstellung zu Grunde legen, dass, je mehr wir uns der Mitte des
Stabes nähern, um so mehr die Zahl der Molecüle zunimmt, welche
die polare Richtung angenommen haben, während an den Enden noch
eine grössere Zahl in ihrer ursprünglichen unregelmässigen Stellung
verharrt. Eine solche Anordnung lässt aber wieder leicht aus der
gegenseitigen Einwirkung der Molecüle sich ableiten. Nehmen
wir nämlich an, die äussere magnetisirende Kraft gebe zunächst in
jedem Querschnitt gleich vielen Molecülen die polare Richtung, so
werden auf die Molecüle der Schichte n2 (Fig. 225) die Südpole s1
einwirken, es wird daher hier eine stärkere Richtkraft als bei n1
vorhanden sein, bei n3 werden sowohl die Molecüle s2 wie in schwä-
cherem Grade s1 wirken, hier muss also die Richtkraft noch mehr
wachsen, u. s. f. Man sieht leicht ein, dass so von beiden Enden nach
der Mitte hin die polarisirende Wirkung ansteigt. Eine directe Be-
stätigung für diese Folgerungen liefert die Untersuchung der Bruch-
stücke eines Magneten. Magnetisirt man eine Stahlnadel und zer-
bricht dann dieselbe in einzelne Stücke, so zeigen die mittleren
Stücke stets die überwiegende magnetische Wirkung.
Jedes magnetische Theilchen übt auf ein anderes, je nachdem
die Magnetismen ungleichartig oder gleichartig sind, eine Anziehung
oder Abstossung aus, die, dem allgemeinen Gesetz der Fernewirkung
gemäss (§. 9), im umgekehrten Verhältniss des Quadrates der Entfer-
nung steht. Die Kräfte, welche zwei Magnete auf einander ausüben,
sind nun aus den anziehenden und abstossenden Wirkungen aller ein-
zelnen Theilchen derselben zusammengesetzt. Beschränken wir uns,
wie dies für practische Zwecke und wenn die Magnete sich in einer
solchen Entfernung von einander befinden, dass ihre Länge dagegen
verschwindet, statthaft ist, auf die gegenseitige Wirkung der Pole, so
erfährt der Pol n des Magneten n s (Fig. 226) eine anziehende Wir-
kung vom Pole S und eine abstossende vom Pole N des Magneten N S,
umgekehrt der Pol s eine abstossende von S und eine anziehende von
N. Aehnlich erfahren die Pole N und S des Magneten N S eine doppelte
Wirkung von n und von s. Lässt man ganze Magnete auf einander
wirken, so ist daher diese Wirkung nicht mehr dem Quadrat, sondern
331
Gesetz der mag-
netischen Ferne-
wirkung.
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