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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von der Elektricität.
ein. Man kann diese Erscheinungen leicht hervorrufen, wenn man
unter dem beweglichen Stromesleiter e f g h (Fig. 229) in grösserer
Entfernung einen geradlinigen Strom anbringt.

Folgende zwei Versuche liefern interessante Bestätigungen der Ampere'schen
Gesetze. Ueberzieht man den Draht a b c (Fig. 230) mit einem isolirenden Firniss,
ausgenommen an seinen Enden a und c, und legt denselben in einen mit Quecksilber
gefüllten Trog, durch den ein elektrischer Strom geleitet wird, so wird der Leiter sei-
ner Länge nach durchflossen, seine beiden Theile a b und b c üben daher gegen b
hin abstossende Wirkungen aus, deren Resultirende b e ist. Der Leiter bewegt sich
daher in der Richtung b e auf dem Quecksilber weiter. Ein zweiter Versuch ist fol-
gender. Man befestigt eine Drahtspirale an ihrem obern Ende an dem einen Pol
einer galvanischen Kette, das untere Ende lässt man in ein Quecksilberschälchen tau-
chen, das mit dem andern Pol in Verbindung gesetzt wird. Im Moment, in welchem
man den Strom schliesst, wird nun die Drahtspirale durchflossen: es entstehen so in
den einzelnen Windungen derselben parallele Ströme gleicher Richtung, und man be-
obachtet daher, dass die einzelnen Windungen sich nähern, die ganze Spirale also
sich verkürzt.

Die angeführten Versuche geben keinen Aufschluss über die Grösse der Kräfte,
welche verschiedene Ströme je nach ihrer Intensität, Entfernung und Richtung auf
einander ausüben. Um hierzu zu gelangen, hat W. Weber messende Beobachtun-
gen ausgeführt, indem er den elektrodynamischen Kräften genau messbare mechanische
Kräfte entgegenwirken liess und beobachtete, wenn beide sich das Gleichgewicht hal-
ten. Weber bediente sich zu diesen Beobachtungen eines Instrumentes, das er als
Elektrodynamometer bezeichnete. Eine mit übersponnenem Draht umwickelte Rolle
war an zwei Drähten (bifilar) aufgehängt, und es konnten ihr zu einer andern festen
Drahtrolle (Multiplicatorrolle) bestimmte Stellungen gegeben werden. An der Bifilar-
rolle war ein Spiegel befestigt, um in der in Fig. 82 §. 133 dargestellten Weise de-
ren Ablenkungen zu messen. Die Bifilarrolle wurde stets in eine Ebene senkrecht
zur Ebene des magnetischen Meridians gebracht. Die Multiplicatorrolle wurde theils
so aufgestellt, dass die durch sie gelegte Ebene die Bifilarrolle halbirte, theils so, dass
die durch letztere gelegte Ebene die Multiplicatorrolle halbirte, theils auch so, dass
die Mittelpunkte beider Rollen zusammenfielen. Es wurde nun durch beide Rollen ein
Strom geschickt (bei der Bifilarrolle dienten die Aufhängungsdrähte als Leiter), dessen In-
tensität nach den in §. 310 erörterten Methoden bestimmt war. Dieser Strom be-
wirkte eine Drehung der Bifilarrolle, deren Grösse gemessen wurde. Als Kräfte ka-
men bei derselben in Betracht 1) die Directionskraft, durch welche die Rolle in der
ihr anfänglich gegebenen Stellung zu verharren strebte: diese Kraft war theils durch
die Aufhängung an den beiden Drähten, theils durch die unten (§. 336) zu erörternde
Wirkung des Erdmagnetismus bestimmt, 2) die ablenkende Kraft, welche die Multipli-
catorrolle vermöge des Stroms, der in ihr kreiste, ausübte. Die erstere Kraft liess
sich durch die Messung der Schwingungsdauer und der durch Kräfte von gegebener
Grösse hervorgerufenen Ablenkungen leicht ermitteln, so dass dann unmittelbar die
Grösse der ablenkenden Kraft bestimmt werden konnte. Weber fand auf diesem
Wege die folgenden schon von Ampere aufgestellten Gesetze bestätigt: 1) die Anzie-
hung oder Abstossung zweier Stromelemente ist proportional den in der Zeiteinheit
durch dieselben hindurchfliessenden Elektricitätsmengen, sie ist 2) umgekehrt propor-
tional dem Quadrat der Entfernung beider Stromelemente, und sie ist um einen con-
stanten Factor verschieden, je nachdem die Stromelemente einander parallel sind oder

Von der Elektricität.
ein. Man kann diese Erscheinungen leicht hervorrufen, wenn man
unter dem beweglichen Stromesleiter e f g h (Fig. 229) in grösserer
Entfernung einen geradlinigen Strom anbringt.

Folgende zwei Versuche liefern interessante Bestätigungen der Ampère’schen
Gesetze. Ueberzieht man den Draht a b c (Fig. 230) mit einem isolirenden Firniss,
ausgenommen an seinen Enden a und c, und legt denselben in einen mit Quecksilber
gefüllten Trog, durch den ein elektrischer Strom geleitet wird, so wird der Leiter sei-
ner Länge nach durchflossen, seine beiden Theile a b und b c üben daher gegen b
hin abstossende Wirkungen aus, deren Resultirende b e ist. Der Leiter bewegt sich
daher in der Richtung b e auf dem Quecksilber weiter. Ein zweiter Versuch ist fol-
gender. Man befestigt eine Drahtspirale an ihrem obern Ende an dem einen Pol
einer galvanischen Kette, das untere Ende lässt man in ein Quecksilberschälchen tau-
chen, das mit dem andern Pol in Verbindung gesetzt wird. Im Moment, in welchem
man den Strom schliesst, wird nun die Drahtspirale durchflossen: es entstehen so in
den einzelnen Windungen derselben parallele Ströme gleicher Richtung, und man be-
obachtet daher, dass die einzelnen Windungen sich nähern, die ganze Spirale also
sich verkürzt.

Die angeführten Versuche geben keinen Aufschluss über die Grösse der Kräfte,
welche verschiedene Ströme je nach ihrer Intensität, Entfernung und Richtung auf
einander ausüben. Um hierzu zu gelangen, hat W. Weber messende Beobachtun-
gen ausgeführt, indem er den elektrodynamischen Kräften genau messbare mechanische
Kräfte entgegenwirken liess und beobachtete, wenn beide sich das Gleichgewicht hal-
ten. Weber bediente sich zu diesen Beobachtungen eines Instrumentes, das er als
Elektrodynamometer bezeichnete. Eine mit übersponnenem Draht umwickelte Rolle
war an zwei Drähten (bifilar) aufgehängt, und es konnten ihr zu einer andern festen
Drahtrolle (Multiplicatorrolle) bestimmte Stellungen gegeben werden. An der Bifilar-
rolle war ein Spiegel befestigt, um in der in Fig. 82 §. 133 dargestellten Weise de-
ren Ablenkungen zu messen. Die Bifilarrolle wurde stets in eine Ebene senkrecht
zur Ebene des magnetischen Meridians gebracht. Die Multiplicatorrolle wurde theils
so aufgestellt, dass die durch sie gelegte Ebene die Bifilarrolle halbirte, theils so, dass
die durch letztere gelegte Ebene die Multiplicatorrolle halbirte, theils auch so, dass
die Mittelpunkte beider Rollen zusammenfielen. Es wurde nun durch beide Rollen ein
Strom geschickt (bei der Bifilarrolle dienten die Aufhängungsdrähte als Leiter), dessen In-
tensität nach den in §. 310 erörterten Methoden bestimmt war. Dieser Strom be-
wirkte eine Drehung der Bifilarrolle, deren Grösse gemessen wurde. Als Kräfte ka-
men bei derselben in Betracht 1) die Directionskraft, durch welche die Rolle in der
ihr anfänglich gegebenen Stellung zu verharren strebte: diese Kraft war theils durch
die Aufhängung an den beiden Drähten, theils durch die unten (§. 336) zu erörternde
Wirkung des Erdmagnetismus bestimmt, 2) die ablenkende Kraft, welche die Multipli-
catorrolle vermöge des Stroms, der in ihr kreiste, ausübte. Die erstere Kraft liess
sich durch die Messung der Schwingungsdauer und der durch Kräfte von gegebener
Grösse hervorgerufenen Ablenkungen leicht ermitteln, so dass dann unmittelbar die
Grösse der ablenkenden Kraft bestimmt werden konnte. Weber fand auf diesem
Wege die folgenden schon von Ampère aufgestellten Gesetze bestätigt: 1) die Anzie-
hung oder Abstossung zweier Stromelemente ist proportional den in der Zeiteinheit
durch dieselben hindurchfliessenden Elektricitätsmengen, sie ist 2) umgekehrt propor-
tional dem Quadrat der Entfernung beider Stromelemente, und sie ist um einen con-
stanten Factor verschieden, je nachdem die Stromelemente einander parallel sind oder

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[514/0536] Von der Elektricität. ein. Man kann diese Erscheinungen leicht hervorrufen, wenn man unter dem beweglichen Stromesleiter e f g h (Fig. 229) in grösserer Entfernung einen geradlinigen Strom anbringt. Folgende zwei Versuche liefern interessante Bestätigungen der Ampère’schen Gesetze. Ueberzieht man den Draht a b c (Fig. 230) mit einem isolirenden Firniss, ausgenommen an seinen Enden a und c, und legt denselben in einen mit Quecksilber gefüllten Trog, durch den ein elektrischer Strom geleitet wird, so wird der Leiter sei- ner Länge nach durchflossen, seine beiden Theile a b und b c üben daher gegen b hin abstossende Wirkungen aus, deren Resultirende b e ist. Der Leiter bewegt sich daher in der Richtung b e auf dem Quecksilber weiter. Ein zweiter Versuch ist fol- gender. Man befestigt eine Drahtspirale an ihrem obern Ende an dem einen Pol einer galvanischen Kette, das untere Ende lässt man in ein Quecksilberschälchen tau- chen, das mit dem andern Pol in Verbindung gesetzt wird. Im Moment, in welchem man den Strom schliesst, wird nun die Drahtspirale durchflossen: es entstehen so in den einzelnen Windungen derselben parallele Ströme gleicher Richtung, und man be- obachtet daher, dass die einzelnen Windungen sich nähern, die ganze Spirale also sich verkürzt. Die angeführten Versuche geben keinen Aufschluss über die Grösse der Kräfte, welche verschiedene Ströme je nach ihrer Intensität, Entfernung und Richtung auf einander ausüben. Um hierzu zu gelangen, hat W. Weber messende Beobachtun- gen ausgeführt, indem er den elektrodynamischen Kräften genau messbare mechanische Kräfte entgegenwirken liess und beobachtete, wenn beide sich das Gleichgewicht hal- ten. Weber bediente sich zu diesen Beobachtungen eines Instrumentes, das er als Elektrodynamometer bezeichnete. Eine mit übersponnenem Draht umwickelte Rolle war an zwei Drähten (bifilar) aufgehängt, und es konnten ihr zu einer andern festen Drahtrolle (Multiplicatorrolle) bestimmte Stellungen gegeben werden. An der Bifilar- rolle war ein Spiegel befestigt, um in der in Fig. 82 §. 133 dargestellten Weise de- ren Ablenkungen zu messen. Die Bifilarrolle wurde stets in eine Ebene senkrecht zur Ebene des magnetischen Meridians gebracht. Die Multiplicatorrolle wurde theils so aufgestellt, dass die durch sie gelegte Ebene die Bifilarrolle halbirte, theils so, dass die durch letztere gelegte Ebene die Multiplicatorrolle halbirte, theils auch so, dass die Mittelpunkte beider Rollen zusammenfielen. Es wurde nun durch beide Rollen ein Strom geschickt (bei der Bifilarrolle dienten die Aufhängungsdrähte als Leiter), dessen In- tensität nach den in §. 310 erörterten Methoden bestimmt war. Dieser Strom be- wirkte eine Drehung der Bifilarrolle, deren Grösse gemessen wurde. Als Kräfte ka- men bei derselben in Betracht 1) die Directionskraft, durch welche die Rolle in der ihr anfänglich gegebenen Stellung zu verharren strebte: diese Kraft war theils durch die Aufhängung an den beiden Drähten, theils durch die unten (§. 336) zu erörternde Wirkung des Erdmagnetismus bestimmt, 2) die ablenkende Kraft, welche die Multipli- catorrolle vermöge des Stroms, der in ihr kreiste, ausübte. Die erstere Kraft liess sich durch die Messung der Schwingungsdauer und der durch Kräfte von gegebener Grösse hervorgerufenen Ablenkungen leicht ermitteln, so dass dann unmittelbar die Grösse der ablenkenden Kraft bestimmt werden konnte. Weber fand auf diesem Wege die folgenden schon von Ampère aufgestellten Gesetze bestätigt: 1) die Anzie- hung oder Abstossung zweier Stromelemente ist proportional den in der Zeiteinheit durch dieselben hindurchfliessenden Elektricitätsmengen, sie ist 2) umgekehrt propor- tional dem Quadrat der Entfernung beider Stromelemente, und sie ist um einen con- stanten Factor verschieden, je nachdem die Stromelemente einander parallel sind oder

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/536>, abgerufen am 05.12.2024.