Selindens trüber Blick spricht Unzufriedenheit, Und alles eilet fort vor der bestimmten Zeit. Sylvan nimmt seinen Hut, und will sich ihr em- pfehlen; Grausamer, (sagte sie,) du willst es mir verhehlen, Was deinen freyen Blick in Unordnung gebracht? Sprich, ist es nicht der Brief, der dich verwirrt ge- macht? Der Stutzer wird bestürzt; Ja, (sagt er,) deinetwegen Zieh ich mit tapfrer Faust den sieggewohnten Degen. Der Brief war ein Cartell; der wilde Renommist Glaubt, daß ein Leipziger ein Bärenheuter ist; Doch, Schöne, da ich ietzt für deine Schönheit streite, So ist auch schon der Sieg mit Lorbern mir zur Seite. Selinde, die erblaßt in ihren Lehnstuhl sinkt, Und in dem bittern Schmerz gesalzne Thränen trinkt, Schien in Verzweifelung und Wehmuth zu zerfließen,
Und
Der Renommiſt.
Selindens truͤber Blick ſpricht Unzufriedenheit, Und alles eilet fort vor der beſtimmten Zeit. Sylvan nimmt ſeinen Hut, und will ſich ihr em- pfehlen; Grauſamer, (ſagte ſie,) du willſt es mir verhehlen, Was deinen freyen Blick in Unordnung gebracht? Sprich, iſt es nicht der Brief, der dich verwirrt ge- macht? Der Stutzer wird beſtuͤrzt; Ja, (ſagt er,) deinetwegen Zieh ich mit tapfrer Fauſt den ſieggewohnten Degen. Der Brief war ein Cartell; der wilde Renommiſt Glaubt, daß ein Leipziger ein Baͤrenheuter iſt; Doch, Schoͤne, da ich ietzt fuͤr deine Schoͤnheit ſtreite, So iſt auch ſchon der Sieg mit Lorbern mir zur Seite. Selinde, die erblaßt in ihren Lehnſtuhl ſinkt, Und in dem bittern Schmerz geſalzne Thraͤnen trinkt, Schien in Verzweifelung und Wehmuth zu zerfließen,
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Der Renommiſt.
Selindens truͤber Blick ſpricht Unzufriedenheit,
Und alles eilet fort vor der beſtimmten Zeit.
Sylvan nimmt ſeinen Hut, und will ſich ihr em-
pfehlen;
Grauſamer, (ſagte ſie,) du willſt es mir verhehlen,
Was deinen freyen Blick in Unordnung gebracht?
Sprich, iſt es nicht der Brief, der dich verwirrt ge-
macht?
Der Stutzer wird beſtuͤrzt; Ja, (ſagt er,) deinetwegen
Zieh ich mit tapfrer Fauſt den ſieggewohnten Degen.
Der Brief war ein Cartell; der wilde Renommiſt
Glaubt, daß ein Leipziger ein Baͤrenheuter iſt;
Doch, Schoͤne, da ich ietzt fuͤr deine Schoͤnheit ſtreite,
So iſt auch ſchon der Sieg mit Lorbern mir zur Seite.
Selinde, die erblaßt in ihren Lehnſtuhl ſinkt,
Und in dem bittern Schmerz geſalzne Thraͤnen trinkt,
Schien in Verzweifelung und Wehmuth zu zerfließen,
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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/178>, abgerufen am 24.11.2024.
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