Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763].

Bild:
<< vorherige Seite

Verwandlungen.

Dem Waizenmehl zum Hohn, und meiner Macht zum
Schimpfe;

Sie rühret noch kein Ach, und kein verliebtes Flehn,
Und glaubt voll Stolz, sie sey auch ohne Puder schön.
Mein Herz, von ihr entbrannt, wünscht sie zu über-
winden;

Doch wie kan ich den Weg zu ihrem Herzen finden?
Wie werd ich sichtbar seyn, wenn du nicht helfen
willst,

Und das verliebte Flehn von einem Geist erfüllst?
Und Göttin, wo ich soll ein rothes Haar verstecken,
Und wo mein Puder soll die falschen Locken decken;
So muß Selinde sich ihr schwarzes Haar bestreun,
Sonst wünsch ich mir nicht mehr der Pudergott zu
seyn.

So mag der junge Herr vor langer Weile rasen,
Wenn er den Puder nicht kan von dem Aufschlag
blasen;

Der dicke Rathsherr mag ohn alles Ansehn gehn,
Wenn man vom Puder nicht sein Kleid bestaubt wird
sehn;

So

Verwandlungen.

Dem Waizenmehl zum Hohn, und meiner Macht zum
Schimpfe;

Sie ruͤhret noch kein Ach, und kein verliebtes Flehn,
Und glaubt voll Stolz, ſie ſey auch ohne Puder ſchoͤn.
Mein Herz, von ihr entbrannt, wuͤnſcht ſie zu uͤber-
winden;

Doch wie kan ich den Weg zu ihrem Herzen finden?
Wie werd ich ſichtbar ſeyn, wenn du nicht helfen
willſt,

Und das verliebte Flehn von einem Geiſt erfuͤllſt?
Und Goͤttin, wo ich ſoll ein rothes Haar verſtecken,
Und wo mein Puder ſoll die falſchen Locken decken;
So muß Selinde ſich ihr ſchwarzes Haar beſtreun,
Sonſt wuͤnſch ich mir nicht mehr der Pudergott zu
ſeyn.

So mag der junge Herr vor langer Weile raſen,
Wenn er den Puder nicht kan von dem Aufſchlag
blaſen;

Der dicke Rathsherr mag ohn alles Anſehn gehn,
Wenn man vom Puder nicht ſein Kleid beſtaubt wird
ſehn;

So
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg>
          <l>
            <pb facs="#f0236" n="172"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Verwandlungen.</hi> </fw>
          </l><lb/>
          <l>Dem Waizenmehl zum Hohn, und meiner Macht zum<lb/><hi rendition="#et">Schimpfe;</hi></l><lb/>
          <l>Sie ru&#x0364;hret noch kein Ach, und kein verliebtes Flehn,</l><lb/>
          <l>Und glaubt voll Stolz, &#x017F;ie &#x017F;ey auch ohne Puder &#x017F;cho&#x0364;n.</l><lb/>
          <l>Mein Herz, von ihr entbrannt, wu&#x0364;n&#x017F;cht &#x017F;ie zu u&#x0364;ber-<lb/><hi rendition="#et">winden;</hi></l><lb/>
          <l>Doch wie kan ich den Weg zu ihrem Herzen finden?</l><lb/>
          <l>Wie werd ich &#x017F;ichtbar &#x017F;eyn, wenn du nicht helfen<lb/><hi rendition="#et">will&#x017F;t,</hi></l><lb/>
          <l>Und das verliebte Flehn von einem Gei&#x017F;t erfu&#x0364;ll&#x017F;t?</l><lb/>
          <l>Und Go&#x0364;ttin, wo ich &#x017F;oll ein rothes Haar ver&#x017F;tecken,</l><lb/>
          <l>Und wo mein Puder &#x017F;oll die fal&#x017F;chen Locken decken;</l><lb/>
          <l>So muß Selinde &#x017F;ich ihr &#x017F;chwarzes Haar be&#x017F;treun,</l><lb/>
          <l>Son&#x017F;t wu&#x0364;n&#x017F;ch ich mir nicht mehr der Pudergott zu<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;eyn.</hi></l><lb/>
          <l>So mag der junge Herr vor langer Weile ra&#x017F;en,</l><lb/>
          <l>Wenn er den Puder nicht kan von dem Auf&#x017F;chlag<lb/><hi rendition="#et">bla&#x017F;en;</hi></l><lb/>
          <l>Der dicke Rathsherr mag ohn alles An&#x017F;ehn gehn,</l><lb/>
          <l>Wenn man vom Puder nicht &#x017F;ein Kleid be&#x017F;taubt wird<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ehn;</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/></l>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0236] Verwandlungen. Dem Waizenmehl zum Hohn, und meiner Macht zum Schimpfe; Sie ruͤhret noch kein Ach, und kein verliebtes Flehn, Und glaubt voll Stolz, ſie ſey auch ohne Puder ſchoͤn. Mein Herz, von ihr entbrannt, wuͤnſcht ſie zu uͤber- winden; Doch wie kan ich den Weg zu ihrem Herzen finden? Wie werd ich ſichtbar ſeyn, wenn du nicht helfen willſt, Und das verliebte Flehn von einem Geiſt erfuͤllſt? Und Goͤttin, wo ich ſoll ein rothes Haar verſtecken, Und wo mein Puder ſoll die falſchen Locken decken; So muß Selinde ſich ihr ſchwarzes Haar beſtreun, Sonſt wuͤnſch ich mir nicht mehr der Pudergott zu ſeyn. So mag der junge Herr vor langer Weile raſen, Wenn er den Puder nicht kan von dem Aufſchlag blaſen; Der dicke Rathsherr mag ohn alles Anſehn gehn, Wenn man vom Puder nicht ſein Kleid beſtaubt wird ſehn; So

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/236
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/236>, abgerufen am 24.11.2024.