Mit krummen Rücken trägt; und die nicht mehr er- blaßt, Wenn sie was poltern hört; weil sie seit sechzig Jahren, Bey grauser Mitternacht, manch Abentheur erfahren; Die schon den Kobold kennt; und ohn ein brennend Licht Jn ihren Keller geht, und mit Gespenstern spricht; Wenn Nacht und Phantasey ihr den Verstand gerau- bet, Und sie beym Mondenschein sich selbst zu sehen glau- bet;) Auf einmal aller Muth in dürrer Brust verläßt; Das Schrecken heftet ihr den Fuß am Boden fest: So starrt auch Charamund, da er sich selbst erblicket; Jndem er seinen Hut tief in die Augen drücket, Sieht er dem wilden Geist noch einmal ins Gesicht; Springt voller Furcht zurück, und weis im Schrecken nicht, Ob man durch Zauberey die Augen ihm bethöret, Ob jener, oder er, den Geistern zugehöret.
Doch
Zweytes Buch.
Mit krummen Ruͤcken traͤgt; und die nicht mehr er- blaßt, Wenn ſie was poltern hoͤrt; weil ſie ſeit ſechzig Jahren, Bey grauſer Mitternacht, manch Abentheur erfahren; Die ſchon den Kobold kennt; und ohn ein brennend Licht Jn ihren Keller geht, und mit Geſpenſtern ſpricht; Wenn Nacht und Phantaſey ihr den Verſtand gerau- bet, Und ſie beym Mondenſchein ſich ſelbſt zu ſehen glau- bet;) Auf einmal aller Muth in duͤrrer Bruſt verlaͤßt; Das Schrecken heftet ihr den Fuß am Boden feſt: So ſtarrt auch Charamund, da er ſich ſelbſt erblicket; Jndem er ſeinen Hut tief in die Augen druͤcket, Sieht er dem wilden Geiſt noch einmal ins Geſicht; Springt voller Furcht zuruͤck, und weis im Schrecken nicht, Ob man durch Zauberey die Augen ihm bethoͤret, Ob jener, oder er, den Geiſtern zugehoͤret.
Doch
<TEI><text><body><divn="1"><lg><l><pbfacs="#f0267"n="203"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Zweytes Buch.</hi></fw></l><lb/><l>Mit krummen Ruͤcken traͤgt; und die nicht mehr er-<lb/><hirendition="#et">blaßt,</hi></l><lb/><l>Wenn ſie was poltern hoͤrt; weil ſie ſeit ſechzig Jahren,</l><lb/><l>Bey grauſer Mitternacht, manch Abentheur erfahren;</l><lb/><l>Die ſchon den Kobold kennt; und ohn ein brennend<lb/><hirendition="#et">Licht</hi></l><lb/><l>Jn ihren Keller geht, und mit Geſpenſtern ſpricht;</l><lb/><l>Wenn Nacht und Phantaſey ihr den Verſtand gerau-<lb/><hirendition="#et">bet,</hi></l><lb/><l>Und ſie beym Mondenſchein ſich ſelbſt zu ſehen glau-<lb/><hirendition="#et">bet;)</hi></l><lb/><l>Auf einmal aller Muth in duͤrrer Bruſt verlaͤßt;</l><lb/><l>Das Schrecken heftet ihr den Fuß am Boden feſt:</l><lb/><l>So ſtarrt auch Charamund, da er ſich ſelbſt erblicket;</l><lb/><l>Jndem er ſeinen Hut tief in die Augen druͤcket,</l><lb/><l>Sieht er dem wilden Geiſt noch einmal ins Geſicht;</l><lb/><l>Springt voller Furcht zuruͤck, und weis im Schrecken<lb/><hirendition="#et">nicht,</hi></l><lb/><l>Ob man durch Zauberey die Augen ihm bethoͤret,</l><lb/><l>Ob jener, oder er, den Geiſtern zugehoͤret.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Doch</fw><lb/></l></lg></div></body></text></TEI>
[203/0267]
Zweytes Buch.
Mit krummen Ruͤcken traͤgt; und die nicht mehr er-
blaßt,
Wenn ſie was poltern hoͤrt; weil ſie ſeit ſechzig Jahren,
Bey grauſer Mitternacht, manch Abentheur erfahren;
Die ſchon den Kobold kennt; und ohn ein brennend
Licht
Jn ihren Keller geht, und mit Geſpenſtern ſpricht;
Wenn Nacht und Phantaſey ihr den Verſtand gerau-
bet,
Und ſie beym Mondenſchein ſich ſelbſt zu ſehen glau-
bet;)
Auf einmal aller Muth in duͤrrer Bruſt verlaͤßt;
Das Schrecken heftet ihr den Fuß am Boden feſt:
So ſtarrt auch Charamund, da er ſich ſelbſt erblicket;
Jndem er ſeinen Hut tief in die Augen druͤcket,
Sieht er dem wilden Geiſt noch einmal ins Geſicht;
Springt voller Furcht zuruͤck, und weis im Schrecken
nicht,
Ob man durch Zauberey die Augen ihm bethoͤret,
Ob jener, oder er, den Geiſtern zugehoͤret.
Doch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/267>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.