Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].Der Abend. Vor der drohenden Nacht, die schon im Hinterhaltlauert. Schreyende Schaaren von Kibitzen steigen mit silber- nen Flügeln Von dem sumpfichten Meer, und kehren sich gegen die Sonne, Laute Züge geschwätziger Dohlen begeben sich eilend Nach der dampfenden Stadt, und lassen sich flatternd hernieder Auf das einsame Dach, und zur bewachsenen Mauer Eines verfallenen Thurms, von dessen kahlen Ruinen Traurig das fremde Gebüsch zum fernen Erdreich her- abgrünt, Andres Gefieder wendet sich nun zur schirmenden Woh- nung Jn dem dichten Gebüsch, und in den dornichten Hecken, Oder im wölbenden Baum, und in aufgeborstenen Fel- sen. Rings um schweigt der grauende Wald; die einsame Luft selbst Hört nicht mehr der Lerche Gesang, und scheint nun entvölkert; Ausser daß hier noch und da der melancholische Rabe, Mit arbeitendem Flug, nach alten moosichten Eichen Seine G 5
Der Abend. Vor der drohenden Nacht, die ſchon im Hinterhaltlauert. Schreyende Schaaren von Kibitzen ſteigen mit ſilber- nen Fluͤgeln Von dem ſumpfichten Meer, und kehren ſich gegen die Sonne, Laute Zuͤge geſchwaͤtziger Dohlen begeben ſich eilend Nach der dampfenden Stadt, und laſſen ſich flatternd hernieder Auf das einſame Dach, und zur bewachſenen Mauer Eines verfallenen Thurms, von deſſen kahlen Ruinen Traurig das fremde Gebuͤſch zum fernen Erdreich her- abgruͤnt, Andres Gefieder wendet ſich nun zur ſchirmenden Woh- nung Jn dem dichten Gebuͤſch, und in den dornichten Hecken, Oder im woͤlbenden Baum, und in aufgeborſtenen Fel- ſen. Rings um ſchweigt der grauende Wald; die einſame Luft ſelbſt Hoͤrt nicht mehr der Lerche Geſang, und ſcheint nun entvoͤlkert; Auſſer daß hier noch und da der melancholiſche Rabe, Mit arbeitendem Flug, nach alten mooſichten Eichen Seine G 5
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Der Abend.
Vor der drohenden Nacht, die ſchon im Hinterhalt
lauert.
Schreyende Schaaren von Kibitzen ſteigen mit ſilber-
nen Fluͤgeln
Von dem ſumpfichten Meer, und kehren ſich gegen die
Sonne,
Laute Zuͤge geſchwaͤtziger Dohlen begeben ſich eilend
Nach der dampfenden Stadt, und laſſen ſich flatternd
hernieder
Auf das einſame Dach, und zur bewachſenen Mauer
Eines verfallenen Thurms, von deſſen kahlen Ruinen
Traurig das fremde Gebuͤſch zum fernen Erdreich her-
abgruͤnt,
Andres Gefieder wendet ſich nun zur ſchirmenden Woh-
nung
Jn dem dichten Gebuͤſch, und in den dornichten Hecken,
Oder im woͤlbenden Baum, und in aufgeborſtenen Fel-
ſen.
Rings um ſchweigt der grauende Wald; die einſame
Luft ſelbſt
Hoͤrt nicht mehr der Lerche Geſang, und ſcheint nun
entvoͤlkert;
Auſſer daß hier noch und da der melancholiſche Rabe,
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