Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zeiller, Martin: Centvria IV. Variarvm Quæstionvm. Bd. 4. Ulm, 1660.

Bild:
<< vorherige Seite

Die 75. Frag/ des 4. Hundert.
Bösen; und eine Gleicheit im Wollen/ und nicht
Wollen/ unter denselben seyn können? Gleichwol
wil Einer/ es genug seye/ wann Zween in deme
guet/ in welchem Sie miteinander übereinkommen
sollen: Zum Exempel; Wann ein Nachbaur/
der sonsten ein grundböser Mensch ist/ seinen
Nachbauren/ in seinem Geschäfft nicht verhin-
dert/ sondern geruhiglich bey Jhme wohnet/ ihn
täglich grüeßet/ mit Jhme redet/ Jhme die Hand
bietet; So möge ja eine Ainigkeit zwischen solchen
zweyen Nachbauren wol seyn. Dann/ ob schon
der Ander sonst böß/ wann Er aber/ in ansehung
der Unterred: und Beywohnung/ guet ist; so
könne der Fromme wol mit demselben ainig leben.
Sintemal ob schon der Ander sonsten böß/ so ge-
he es doch villeicht den Frommen nichts an; und
deßwegen weil es Jhn nicht betrifft/ Er nicht dar-
nach/ was der Ander sonst thue/ zu fragen habe.

Was den andern Puncten anbelangt/ näm-
lich/ Ob mit den Bösen gantz kein Mitleiden zu
haben/ und denselben ainige Barmherzigkeit nit
zu erweisen seye? So hat man da zwischen der
Menschheit/ und Boßheit/ einen unterscheid zu
machen; mit deren ersten Mitleiden zu haben/
mit der andern nicht. Dann die Barmherzigkeit
fraget nicht/ ob ein Mensch böß/ oder fromm/ son-
dern ob Er arm/ müheseelig/ und angefochten/
daß Sie sich seiner erbarme/ demselben zu Hülff
komme/ Er seye gleich deßen würdig/ oder unwür-

dig.

Die 75. Frag/ des 4. Hundert.
Boͤſen; und eine Gleicheit im Wollen/ und nicht
Wollen/ unter denſelben ſeyn koͤnnen? Gleichwol
wil Einer/ es genug ſeye/ wann Zween in deme
guet/ in welchem Sie miteinander uͤbereinkommen
ſollen: Zum Exempel; Wann ein Nachbaur/
der ſonſten ein grundboͤſer Menſch iſt/ ſeinen
Nachbauren/ in ſeinem Geſchaͤfft nicht verhin-
dert/ ſondern geruhiglich bey Jhme wohnet/ ihn
taͤglich gruͤeßet/ mit Jhme redet/ Jhme die Hand
bietet; So moͤge ja eine Ainigkeit zwiſchen ſolchen
zweyen Nachbauren wol ſeyn. Dann/ ob ſchon
der Ander ſonſt boͤß/ wann Er aber/ in anſehung
der Unterred: und Beywohnung/ guet iſt; ſo
koͤnne der Fromme wol mit demſelben ainig leben.
Sintemal ob ſchon der Ander ſonſten boͤß/ ſo ge-
he es doch villeicht den Frommen nichts an; und
deßwegen weil es Jhn nicht betrifft/ Er nicht dar-
nach/ was der Ander ſonſt thue/ zu fragen habe.

Was den andern Puncten anbelangt/ naͤm-
lich/ Ob mit den Boͤſen gantz kein Mitleiden zu
haben/ und denſelben ainige Barmherzigkeit nit
zu erweiſen ſeye? So hat man da zwiſchen der
Menſchheit/ und Boßheit/ einen unterſcheid zu
machen; mit deren erſten Mitleiden zu haben/
mit der andern nicht. Dann die Barmherzigkeit
fraget nicht/ ob ein Menſch boͤß/ oder fromm/ ſon-
dern ob Er arm/ muͤheſeelig/ und angefochten/
daß Sie ſich ſeiner erbarme/ demſelben zu Huͤlff
komme/ Er ſeye gleich deßen wuͤrdig/ oder unwuͤr-

dig.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0412" n="388"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die 75. Frag/ des 4. Hundert.</hi></fw><lb/>
Bo&#x0364;&#x017F;en; und eine Gleicheit im Wollen/ und nicht<lb/>
Wollen/ unter den&#x017F;elben &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen? Gleichwol<lb/>
wil Einer/ es genug &#x017F;eye/ wann Zween in deme<lb/>
guet/ in welchem Sie miteinander u&#x0364;bereinkommen<lb/>
&#x017F;ollen: Zum Exempel; Wann ein Nachbaur/<lb/>
der &#x017F;on&#x017F;ten ein grundbo&#x0364;&#x017F;er Men&#x017F;ch i&#x017F;t/ &#x017F;einen<lb/>
Nachbauren/ in &#x017F;einem Ge&#x017F;cha&#x0364;fft nicht verhin-<lb/>
dert/ &#x017F;ondern geruhiglich bey Jhme wohnet/ ihn<lb/>
ta&#x0364;glich gru&#x0364;eßet/ mit Jhme redet/ Jhme die Hand<lb/>
bietet; So mo&#x0364;ge ja eine Ainigkeit zwi&#x017F;chen &#x017F;olchen<lb/>
zweyen Nachbauren wol &#x017F;eyn. Dann/ ob &#x017F;chon<lb/>
der Ander &#x017F;on&#x017F;t bo&#x0364;ß/ wann Er aber/ in an&#x017F;ehung<lb/>
der Unterred: und Beywohnung/ guet i&#x017F;t; &#x017F;o<lb/>
ko&#x0364;nne der Fromme wol mit dem&#x017F;elben ainig leben.<lb/>
Sintemal ob &#x017F;chon der Ander &#x017F;on&#x017F;ten bo&#x0364;ß/ &#x017F;o ge-<lb/>
he es doch villeicht den Frommen nichts an; und<lb/>
deßwegen weil es Jhn nicht betrifft/ Er nicht dar-<lb/>
nach/ was der Ander &#x017F;on&#x017F;t thue/ zu fragen habe.</p><lb/>
          <p>Was den andern Puncten anbelangt/ na&#x0364;m-<lb/>
lich/ Ob mit den Bo&#x0364;&#x017F;en gantz kein Mitleiden zu<lb/>
haben/ und den&#x017F;elben ainige Barmherzigkeit nit<lb/>
zu erwei&#x017F;en &#x017F;eye? So hat man da zwi&#x017F;chen der<lb/>
Men&#x017F;chheit/ und Boßheit/ einen unter&#x017F;cheid zu<lb/>
machen; mit deren er&#x017F;ten Mitleiden zu haben/<lb/>
mit der andern nicht. Dann die Barmherzigkeit<lb/>
fraget nicht/ ob ein Men&#x017F;ch bo&#x0364;ß/ oder fromm/ &#x017F;on-<lb/>
dern ob Er arm/ mu&#x0364;he&#x017F;eelig/ und angefochten/<lb/>
daß Sie &#x017F;ich &#x017F;einer erbarme/ dem&#x017F;elben zu Hu&#x0364;lff<lb/>
komme/ Er &#x017F;eye gleich deßen wu&#x0364;rdig/ oder unwu&#x0364;r-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dig.</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[388/0412] Die 75. Frag/ des 4. Hundert. Boͤſen; und eine Gleicheit im Wollen/ und nicht Wollen/ unter denſelben ſeyn koͤnnen? Gleichwol wil Einer/ es genug ſeye/ wann Zween in deme guet/ in welchem Sie miteinander uͤbereinkommen ſollen: Zum Exempel; Wann ein Nachbaur/ der ſonſten ein grundboͤſer Menſch iſt/ ſeinen Nachbauren/ in ſeinem Geſchaͤfft nicht verhin- dert/ ſondern geruhiglich bey Jhme wohnet/ ihn taͤglich gruͤeßet/ mit Jhme redet/ Jhme die Hand bietet; So moͤge ja eine Ainigkeit zwiſchen ſolchen zweyen Nachbauren wol ſeyn. Dann/ ob ſchon der Ander ſonſt boͤß/ wann Er aber/ in anſehung der Unterred: und Beywohnung/ guet iſt; ſo koͤnne der Fromme wol mit demſelben ainig leben. Sintemal ob ſchon der Ander ſonſten boͤß/ ſo ge- he es doch villeicht den Frommen nichts an; und deßwegen weil es Jhn nicht betrifft/ Er nicht dar- nach/ was der Ander ſonſt thue/ zu fragen habe. Was den andern Puncten anbelangt/ naͤm- lich/ Ob mit den Boͤſen gantz kein Mitleiden zu haben/ und denſelben ainige Barmherzigkeit nit zu erweiſen ſeye? So hat man da zwiſchen der Menſchheit/ und Boßheit/ einen unterſcheid zu machen; mit deren erſten Mitleiden zu haben/ mit der andern nicht. Dann die Barmherzigkeit fraget nicht/ ob ein Menſch boͤß/ oder fromm/ ſon- dern ob Er arm/ muͤheſeelig/ und angefochten/ daß Sie ſich ſeiner erbarme/ demſelben zu Huͤlff komme/ Er ſeye gleich deßen wuͤrdig/ oder unwuͤr- dig.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zeiller_centuria04_1660
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zeiller_centuria04_1660/412
Zitationshilfe: Zeiller, Martin: Centvria IV. Variarvm Quæstionvm. Bd. 4. Ulm, 1660, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zeiller_centuria04_1660/412>, abgerufen am 27.11.2024.