Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

Bild:
<< vorherige Seite

Anmärkungen.
materia, & significatio tanquam forma, assentit. Ich mus
zwar gestehen/ daß man den nahmen Farao sehr wohl
vom ebreischen pd`, para, das ist frei machen/ mit
freiheit begaben
/ oder feiern/ herleiten könte. Aber
dieses stehet uns im wege/ daß kein Egiptischer Kö-
nig vor Josefs zeiten/ der ihnen zuerst die volle freie
macht ihres gebietes zu wege gebracht/ also daß sie dan
erst frei und an keine gesetze gebunden waren/ ein freier
herr
oder gebieter gewesen: da sie doch schon lange zu-
vor/ ja selbst der erste nach der sündfluht Menis/ der
Memfis gebauet/ das ist Mizraim/ wie etliche mel-
den/ den nahmen Farao geführet. Jedoch wan man
sagte/ daß Farao so viel gesagt sei/ als ein freigebohr-
ner
/ das ist ein Sohn oder kind/ wie das wort akad,
bar, welchs ohne zweifel aus gemelter wurtzel pd` gebil-
det/ bedeutet; so möchte man es noch wohl gelten laßen:
zumahl weil die Edelen oder Fürsten/ ihrer fürtref-
ligkeit wegen/ diesen ehrennahmen geführet; wie wir
droben bei dem nahmen des Nimrods/ Barchus
und Liber, erinnert. Und ich halte gäntzlich darvor/
daß das wort Baro nirgend anders her/ als aus dem
worte bd, bar, gebildet/ auch anders nicht/ als nach
gemelter bei den Morgenländern gewöhnlicher redens-
ahrt/ sol verstanden werden.

Also war der nahme Farao bei den alten Egiptern
ein algemeiner ehrennahme der Könige/ oder ein nah-
me der Königlichen würde: eben wie/ nach Alexan-
dern
/ bei eben denselben der nahme Ptolemeus/ bei
den Filistern der nahme Abimelech/ bei den Jüden
der nahme Herodes; und noch bei den Persern ist der
nahme Sofi/ bei den Tartern der nahme Ham oder
Cham, bei den Sinern der nahme Hoangt/ bei den
Japanern der nahme Vo oder Dairi/ bei den Abissi-
nern oder weissen Mohren der nahme Prestagan/ da-
vor man gemeiniglich verdorben Preste Jan, oder Prie-

ster

Anmaͤrkungen.
materia, & ſignificatio tanquam forma, aſſentit. Ich mus
zwar geſtehen/ daß man den nahmen Farao ſehr wohl
vom ebreiſchen פדע, para, das iſt frei machen/ mit
freiheit begaben
/ oder feiern/ herleiten koͤnte. Aber
dieſes ſtehet uns im wege/ daß kein Egiptiſcher Koͤ-
nig vor Joſefs zeiten/ der ihnen zuerſt die volle freie
macht ihres gebietes zu wege gebracht/ alſo daß ſie dan
erſt frei und an keine geſetze gebunden waren/ ein freier
herꝛ
oder gebieter geweſen: da ſie doch ſchon lange zu-
vor/ ja ſelbſt der erſte nach der ſuͤndfluht Menis/ der
Memfis gebauet/ das iſt Mizraim/ wie etliche mel-
den/ den nahmen Farao gefuͤhret. Jedoch wan man
ſagte/ daß Farao ſo viel geſagt ſei/ als ein freigebohr-
ner
/ das iſt ein Sohn oder kind/ wie das wort ָכָּד,
bar, welchs ohne zweifel aus gemelter wurtzel פדע gebil-
det/ bedeutet; ſo moͤchte man es noch wohl gelten laßen:
zumahl weil die Edelen oder Fuͤrſten/ ihrer fuͤrtref-
ligkeit wegen/ dieſen ehrennahmen gefuͤhret; wie wir
droben bei dem nahmen des Nimrods/ Barchus
und Liber, erinnert. Und ich halte gaͤntzlich darvor/
daß das wort Baro nirgend anders her/ als aus dem
worte בד, bar, gebildet/ auch anders nicht/ als nach
gemelter bei den Morgenlaͤndern gewoͤhnlicher redens-
ahrt/ ſol verſtanden werden.

Alſo war der nahme Farao bei den alten Egiptern
ein algemeiner ehrennahme der Koͤnige/ oder ein nah-
me der Koͤniglichen wuͤrde: eben wie/ nach Alexan-
dern
/ bei eben denſelben der nahme Ptolemeus/ bei
den Filiſtern der nahme Abimelech/ bei den Juͤden
der nahme Herodes; und noch bei den Perſern iſt der
nahme Sofi/ bei den Tartern der nahme Ham oder
Cham, bei den Sinern der nahme Hoangt/ bei den
Japanern der nahme Vo oder Dairi/ bei den Abiſſi-
nern oder weiſſen Mohren der nahme Preſtagan/ da-
vor man gemeiniglich verdorben Preſte Jan, oder Prie-

ſter
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0423" n="399"/><fw place="top" type="header">Anma&#x0364;rkungen.</fw><lb/><hi rendition="#aq"><choice><sic>teria</sic><corr>materia</corr></choice>, &amp; &#x017F;ignificatio tanquam forma, a&#x017F;&#x017F;entit.</hi> Ich mus<lb/>
zwar ge&#x017F;tehen/ daß man den nahmen <hi rendition="#fr">Farao</hi> &#x017F;ehr wohl<lb/>
vom ebrei&#x017F;chen &#x05E4;&#x05D3;&#x05E2;, <hi rendition="#aq">para,</hi> das i&#x017F;t <hi rendition="#fr">frei machen/ mit<lb/>
freiheit begaben</hi>/ oder <hi rendition="#fr">feiern</hi>/ herleiten ko&#x0364;nte. Aber<lb/>
die&#x017F;es &#x017F;tehet uns im wege/ daß kein Egipti&#x017F;cher Ko&#x0364;-<lb/>
nig vor <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;efs</hi> zeiten/ der ihnen zuer&#x017F;t die volle freie<lb/>
macht ihres gebietes zu wege gebracht/ al&#x017F;o daß &#x017F;ie dan<lb/>
er&#x017F;t frei und an keine ge&#x017F;etze gebunden waren/ ein <hi rendition="#fr">freier<lb/>
her&#xA75B;</hi> oder <hi rendition="#fr">gebieter</hi> gewe&#x017F;en: da &#x017F;ie doch &#x017F;chon lange zu-<lb/>
vor/ ja &#x017F;elb&#x017F;t der er&#x017F;te nach der &#x017F;u&#x0364;ndfluht <hi rendition="#fr">Menis</hi>/ der<lb/><hi rendition="#fr">Memfis</hi> gebauet/ das i&#x017F;t <hi rendition="#fr">Mizraim</hi>/ wie etliche mel-<lb/>
den/ den nahmen <hi rendition="#fr">Farao</hi> gefu&#x0364;hret. Jedoch wan man<lb/>
&#x017F;agte/ daß <hi rendition="#fr">Farao</hi> &#x017F;o viel ge&#x017F;agt &#x017F;ei/ als ein <hi rendition="#fr">freigebohr-<lb/>
ner</hi>/ das i&#x017F;t <hi rendition="#fr">ein Sohn</hi> oder <hi rendition="#fr">kind</hi>/ wie das wort &#x05B8;&#xFB3B;&#x05B8;&#x05D3;,<lb/><hi rendition="#aq">bar,</hi> welchs ohne zweifel aus gemelter wurtzel &#x05E4;&#x05D3;&#x05E2; gebil-<lb/>
det/ bedeutet; &#x017F;o mo&#x0364;chte man es noch wohl gelten laßen:<lb/>
zumahl weil die <hi rendition="#fr">Edelen</hi> oder <hi rendition="#fr">Fu&#x0364;r&#x017F;ten</hi>/ ihrer fu&#x0364;rtref-<lb/>
ligkeit wegen/ die&#x017F;en ehrennahmen gefu&#x0364;hret; wie wir<lb/>
droben bei dem nahmen des <hi rendition="#fr">Nimrods/ Barchus</hi><lb/>
und <hi rendition="#aq">Liber,</hi> erinnert. Und ich halte ga&#x0364;ntzlich darvor/<lb/>
daß das wort <hi rendition="#aq">Baro</hi> nirgend anders her/ als aus dem<lb/>
worte &#x05D1;&#x05D3;, <hi rendition="#aq">bar,</hi> gebildet/ auch anders nicht/ als nach<lb/>
gemelter bei den Morgenla&#x0364;ndern gewo&#x0364;hnlicher redens-<lb/>
ahrt/ &#x017F;ol ver&#x017F;tanden werden.</p><lb/>
            <p>Al&#x017F;o war der nahme <hi rendition="#fr">Farao</hi> bei den alten Egiptern<lb/>
ein algemeiner ehrennahme der Ko&#x0364;nige/ oder ein nah-<lb/>
me der Ko&#x0364;niglichen wu&#x0364;rde: eben wie/ nach <hi rendition="#fr">Alexan-<lb/>
dern</hi>/ bei eben den&#x017F;elben der nahme <hi rendition="#fr">Ptolemeus</hi>/ bei<lb/>
den Fili&#x017F;tern der nahme <hi rendition="#fr">Abimelech</hi>/ bei den Ju&#x0364;den<lb/>
der nahme <hi rendition="#fr">Herodes</hi>; und noch bei den Per&#x017F;ern i&#x017F;t der<lb/>
nahme <hi rendition="#fr">Sofi</hi>/ bei den Tartern der nahme <hi rendition="#fr">Ham</hi> oder<lb/><hi rendition="#aq">Cham,</hi> bei den Sinern der nahme <hi rendition="#fr">Hoangt</hi>/ bei den<lb/>
Japanern der nahme <hi rendition="#fr">Vo</hi> oder <hi rendition="#fr">Dairi</hi>/ bei den Abi&#x017F;&#x017F;i-<lb/>
nern oder wei&#x017F;&#x017F;en Mohren der nahme <hi rendition="#fr">Pre&#x017F;tagan</hi>/ da-<lb/>
vor man gemeiniglich verdorben <hi rendition="#aq">Pre&#x017F;te Jan,</hi> oder <hi rendition="#fr">Prie-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">&#x017F;ter</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[399/0423] Anmaͤrkungen. materia, & ſignificatio tanquam forma, aſſentit. Ich mus zwar geſtehen/ daß man den nahmen Farao ſehr wohl vom ebreiſchen פדע, para, das iſt frei machen/ mit freiheit begaben/ oder feiern/ herleiten koͤnte. Aber dieſes ſtehet uns im wege/ daß kein Egiptiſcher Koͤ- nig vor Joſefs zeiten/ der ihnen zuerſt die volle freie macht ihres gebietes zu wege gebracht/ alſo daß ſie dan erſt frei und an keine geſetze gebunden waren/ ein freier herꝛ oder gebieter geweſen: da ſie doch ſchon lange zu- vor/ ja ſelbſt der erſte nach der ſuͤndfluht Menis/ der Memfis gebauet/ das iſt Mizraim/ wie etliche mel- den/ den nahmen Farao gefuͤhret. Jedoch wan man ſagte/ daß Farao ſo viel geſagt ſei/ als ein freigebohr- ner/ das iſt ein Sohn oder kind/ wie das wort ָכָּד, bar, welchs ohne zweifel aus gemelter wurtzel פדע gebil- det/ bedeutet; ſo moͤchte man es noch wohl gelten laßen: zumahl weil die Edelen oder Fuͤrſten/ ihrer fuͤrtref- ligkeit wegen/ dieſen ehrennahmen gefuͤhret; wie wir droben bei dem nahmen des Nimrods/ Barchus und Liber, erinnert. Und ich halte gaͤntzlich darvor/ daß das wort Baro nirgend anders her/ als aus dem worte בד, bar, gebildet/ auch anders nicht/ als nach gemelter bei den Morgenlaͤndern gewoͤhnlicher redens- ahrt/ ſol verſtanden werden. Alſo war der nahme Farao bei den alten Egiptern ein algemeiner ehrennahme der Koͤnige/ oder ein nah- me der Koͤniglichen wuͤrde: eben wie/ nach Alexan- dern/ bei eben denſelben der nahme Ptolemeus/ bei den Filiſtern der nahme Abimelech/ bei den Juͤden der nahme Herodes; und noch bei den Perſern iſt der nahme Sofi/ bei den Tartern der nahme Ham oder Cham, bei den Sinern der nahme Hoangt/ bei den Japanern der nahme Vo oder Dairi/ bei den Abiſſi- nern oder weiſſen Mohren der nahme Preſtagan/ da- vor man gemeiniglich verdorben Preſte Jan, oder Prie- ſter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/423
Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/423>, abgerufen am 22.12.2024.