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Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

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1728.
Wenn diese sich dem HErrn zum Eigenthum verschrieben,
Wenn jener biß daher des HErren Werck getrieben.
Mein Hertz! was dachtest du? was fiel dir drüber ein?
Als erst die Rede gieng: Die Henckelin soll freyn?
Der Baron Kittlitz will ein Kind des Höchsten haben;
Er sucht nicht irrdische, er sucht vollkommne Gaben,
Er hat so unrecht nicht, (gedachtest du, mein Hertz;)
All ein, das Freyen ist den Christen ausser Schertz:
Wenn Henriette sich doch ja nicht übereilte,
Und (weil ihrs GOtt vergönnt) sich noch mit niemand theilte.
Wer weiß, erhohlte sich die Uberlegungs-Kraft,)
Ob dieser Ehestand nicht viel Gedeylichs schaft.
Hat nicht manch theures Weib dem Mann, der sie erwehlet,
Jn JEsu Christi Grund noch tiefer eingepfählet?
Mein Dencken endigte sich mit Gebet und Flehn;
Wohlan, dahin all ein soll meine Bitte gehn,
Er, seufzt ich: Theurer Freund und Bräutigam der Hertzen!
Entzünd in diesem Paar der reinen Liebe Kertzen!
Entflamm ein iegliches mit deiner Freudigkeit!
Dein Eifer um das Hauß des Vaters sey ihr Kleid!
Dein sanfter Liebes-Sinn sey ihr Geschmuck von innen!
So wird auch diesem Paar die Welt nichts abgewinnen.
So stürtzt vor diesesmal der aufgehaltne Fluß
Der Sinnen aufs Papier, das ich ergreiffen muß,
Um meine Redlichkeit den beyden lieben Häusern,
Die GOtt verbunden hat, mit wenigen zu äusern.
Lebt, Hochgeliebteste! und da ich noch nicht weiß,
Ob Baron Kittlitz nicht auch Bruder Kittlitz heiß;
So wag' ichs auf den HErrn ihn brüderlich zu segnen:
Jhn müsse alles das, was Brüder trift, begegnen!
Warum erwehlt er sich ein Weib zum Eh-Gemahl,
Die aus der sonderlich erkauften Schwestern Zahl?
Wer Schwestern freyen will, der muß als Bruder leben;
Sonst kan sich ihm kein Hertz, das JEsu ist, ergeben.
Man hat nicht Sicherheit, wenn man ein JEsus-P[f]and
Jn seine Arme nimmt, und nicht aus JEsu Hand:
Der ihm die Fran geschenckt, der schenck ihm überschwänglich
Creutz, Schmach und Seligkeit, und alles unvergänglich!
LXIV. An
K 2
1728.
Wenn dieſe ſich dem HErrn zum Eigenthum verſchrieben,
Wenn jener biß daher des HErren Werck getrieben.
Mein Hertz! was dachteſt du? was fiel dir druͤber ein?
Als erſt die Rede gieng: Die Henckelin ſoll freyn?
Der Baron Kittlitz will ein Kind des Hoͤchſten haben;
Er ſucht nicht irrdiſche, er ſucht vollkommne Gaben,
Er hat ſo unrecht nicht, (gedachteſt du, mein Hertz;)
All ein, das Freyen iſt den Chriſten auſſer Schertz:
Wenn Henriette ſich doch ja nicht uͤbereilte,
Und (weil ihrs GOtt vergoͤnnt) ſich noch mit niemand theilte.
Wer weiß, erhohlte ſich die Uberlegungs-Kraft,)
Ob dieſer Eheſtand nicht viel Gedeylichs ſchaft.
Hat nicht manch theures Weib dem Mann, der ſie erwehlet,
Jn JEſu Chriſti Grund noch tiefer eingepfaͤhlet?
Mein Dencken endigte ſich mit Gebet und Flehn;
Wohlan, dahin all ein ſoll meine Bitte gehn,
Er, ſeufzt ich: Theurer Freund und Braͤutigam der Hertzen!
Entzuͤnd in dieſem Paar der reinen Liebe Kertzen!
Entflamm ein iegliches mit deiner Freudigkeit!
Dein Eifer um das Hauß des Vaters ſey ihr Kleid!
Dein ſanfter Liebes-Sinn ſey ihr Geſchmuck von innen!
So wird auch dieſem Paar die Welt nichts abgewinnen.
So ſtuͤrtzt vor dieſesmal der aufgehaltne Fluß
Der Sinnen aufs Papier, das ich ergreiffen muß,
Um meine Redlichkeit den beyden lieben Haͤuſern,
Die GOtt verbunden hat, mit wenigen zu aͤuſern.
Lebt, Hochgeliebteſte! und da ich noch nicht weiß,
Ob Baron Kittlitz nicht auch Bruder Kittlitz heiß;
So wag’ ichs auf den HErrn ihn bruͤderlich zu ſegnen:
Jhn muͤſſe alles das, was Bruͤder trift, begegnen!
Warum erwehlt er ſich ein Weib zum Eh-Gemahl,
Die aus der ſonderlich erkauften Schweſtern Zahl?
Wer Schweſtern freyen will, der muß als Bruder leben;
Sonſt kan ſich ihm kein Hertz, das JEſu iſt, ergeben.
Man hat nicht Sicherheit, wenn man ein JEſus-P[f]and
Jn ſeine Arme nimmt, und nicht aus JEſu Hand:
Der ihm die Fran geſchenckt, der ſchenck ihm uͤberſchwaͤnglich
Creutz, Schmach und Seligkeit, und alles unvergaͤnglich!
LXIV. An
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[147/0157] 1728. Wenn dieſe ſich dem HErrn zum Eigenthum verſchrieben, Wenn jener biß daher des HErren Werck getrieben. Mein Hertz! was dachteſt du? was fiel dir druͤber ein? Als erſt die Rede gieng: Die Henckelin ſoll freyn? Der Baron Kittlitz will ein Kind des Hoͤchſten haben; Er ſucht nicht irrdiſche, er ſucht vollkommne Gaben, Er hat ſo unrecht nicht, (gedachteſt du, mein Hertz;) All ein, das Freyen iſt den Chriſten auſſer Schertz: Wenn Henriette ſich doch ja nicht uͤbereilte, Und (weil ihrs GOtt vergoͤnnt) ſich noch mit niemand theilte. Wer weiß, erhohlte ſich die Uberlegungs-Kraft,) Ob dieſer Eheſtand nicht viel Gedeylichs ſchaft. Hat nicht manch theures Weib dem Mann, der ſie erwehlet, Jn JEſu Chriſti Grund noch tiefer eingepfaͤhlet? Mein Dencken endigte ſich mit Gebet und Flehn; Wohlan, dahin all ein ſoll meine Bitte gehn, Er, ſeufzt ich: Theurer Freund und Braͤutigam der Hertzen! Entzuͤnd in dieſem Paar der reinen Liebe Kertzen! Entflamm ein iegliches mit deiner Freudigkeit! Dein Eifer um das Hauß des Vaters ſey ihr Kleid! Dein ſanfter Liebes-Sinn ſey ihr Geſchmuck von innen! So wird auch dieſem Paar die Welt nichts abgewinnen. So ſtuͤrtzt vor dieſesmal der aufgehaltne Fluß Der Sinnen aufs Papier, das ich ergreiffen muß, Um meine Redlichkeit den beyden lieben Haͤuſern, Die GOtt verbunden hat, mit wenigen zu aͤuſern. Lebt, Hochgeliebteſte! und da ich noch nicht weiß, Ob Baron Kittlitz nicht auch Bruder Kittlitz heiß; So wag’ ichs auf den HErrn ihn bruͤderlich zu ſegnen: Jhn muͤſſe alles das, was Bruͤder trift, begegnen! Warum erwehlt er ſich ein Weib zum Eh-Gemahl, Die aus der ſonderlich erkauften Schweſtern Zahl? Wer Schweſtern freyen will, der muß als Bruder leben; Sonſt kan ſich ihm kein Hertz, das JEſu iſt, ergeben. Man hat nicht Sicherheit, wenn man ein JEſus-Pfand Jn ſeine Arme nimmt, und nicht aus JEſu Hand: Der ihm die Fran geſchenckt, der ſchenck ihm uͤberſchwaͤnglich Creutz, Schmach und Seligkeit, und alles unvergaͤnglich! LXIV. An K 2

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Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/157>, abgerufen am 28.04.2024.