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Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

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1728.
Jch selber müste dir in JEsu Nahmen fluchen,
Und du würdst einen Raum zur Reu vergebens suchen.
Nun, Schwester! lasset uns dem HErrn mit Leib und Sinn
Die ihm doch ewiglich geschwohrne Treue halten,
Und solt uns Angst und Schmertz den Eigenwillen spalten;
So geh er in den Tod und Untergehen hin.
HErr JEsu! nimm diß Hertz, und opfers deiner Treue,
Damit es sich an dir vergnüge und erfreue!
LXXV. Auf der Gräfin Louyse zu Solms
Heimhohlung.
DJe kleine Müh, das kurtze Streiten, bringt unaus-
sprechlich süsse Ruh,

Die tiefste GOttes Heimlichkeiten aus Zion fliessen de-
nen zu,

Die aller Dinge sich enthalten, auch nicht das Kleinste
rühren an:

Läst man den Bräutigam nur walten, so sieht man, was
die Liebe kan.
Die Liebe crönt des Lamms Jungfrauen, und führt sie
vor des Vaters Thron,

Den nur ein reines Hertz darf schauen, die Liebe wird
der Keuschheit Lohn.

Mir ists so neulich als von gestern. Jüngst tratest du in unser
Chor, (*)
Louyse, theureste der Schwestern; so sang man dir die Wor-
te vor.
Kaum, daß uns dein Gesicht erschienen, kaum daß dein Glaub
uns aufgeweckt,

Die wir des Königs Willen dienen, (doch leider! noch nicht
unbefleckt,)

So ward es wieder weggenommen, Louyse solte Bielitz sehn.
Jn Bielitz auch zur Ruhe kommen. So wolte GOtt! so ists ge-
schehn.
Wir
(*) Am 8. Julii kam sie Abends in unsre Sing-Stunde, eilte aber
die darauf folgende Nacht gleich wieder zu dery Herrn Va-
ter, die damals nach Bielitz reiseten.
1728.
Jch ſelber muͤſte dir in JEſu Nahmen fluchen,
Und du wuͤrdſt einen Raum zur Reu vergebens ſuchen.
Nun, Schweſter! laſſet uns dem HErrn mit Leib und Sinn
Die ihm doch ewiglich geſchwohrne Treue halten,
Und ſolt uns Angſt und Schmertz den Eigenwillen ſpalten;
So geh er in den Tod und Untergehen hin.
HErr JEſu! nimm diß Hertz, und opfers deiner Treue,
Damit es ſich an dir vergnuͤge und erfreue!
LXXV. Auf der Graͤfin Louyſe zu Solms
Heimhohlung.
DJe kleine Muͤh, das kurtze Streiten, bringt unaus-
ſprechlich ſuͤſſe Ruh,

Die tiefſte GOttes Heimlichkeiten aus Zion flieſſen de-
nen zu,

Die aller Dinge ſich enthalten, auch nicht das Kleinſte
ruͤhren an:

Laͤſt man den Braͤutigam nur walten, ſo ſieht man, was
die Liebe kan.
Die Liebe croͤnt des Lamms Jungfrauen, und fuͤhrt ſie
vor des Vaters Thron,

Den nur ein reines Hertz darf ſchauen, die Liebe wird
der Keuſchheit Lohn.

Mir iſts ſo neulich als von geſtern. Juͤngſt trateſt du in unſer
Chor, (*)
Louyſe, theureſte der Schweſtern; ſo ſang man dir die Wor-
te vor.
Kaum, daß uns dein Geſicht erſchienen, kaum daß dein Glaub
uns aufgeweckt,

Die wir des Koͤnigs Willen dienen, (doch leider! noch nicht
unbefleckt,)

So ward es wieder weggenommen, Louyſe ſolte Bielitz ſehn.
Jn Bielitz auch zur Ruhe kommen. So wolte GOtt! ſo iſts ge-
ſchehn.
Wir
(*) Am 8. Julii kam ſie Abends in unſre Sing-Stunde, eilte aber
die darauf folgende Nacht gleich wieder zu dery Herrn Va-
ter, die damals nach Bielitz reiſeten.
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[173/0183] 1728. Jch ſelber muͤſte dir in JEſu Nahmen fluchen, Und du wuͤrdſt einen Raum zur Reu vergebens ſuchen. Nun, Schweſter! laſſet uns dem HErrn mit Leib und Sinn Die ihm doch ewiglich geſchwohrne Treue halten, Und ſolt uns Angſt und Schmertz den Eigenwillen ſpalten; So geh er in den Tod und Untergehen hin. HErr JEſu! nimm diß Hertz, und opfers deiner Treue, Damit es ſich an dir vergnuͤge und erfreue! LXXV. Auf der Graͤfin Louyſe zu Solms Heimhohlung. DJe kleine Muͤh, das kurtze Streiten, bringt unaus- ſprechlich ſuͤſſe Ruh, Die tiefſte GOttes Heimlichkeiten aus Zion flieſſen de- nen zu, Die aller Dinge ſich enthalten, auch nicht das Kleinſte ruͤhren an: Laͤſt man den Braͤutigam nur walten, ſo ſieht man, was die Liebe kan. Die Liebe croͤnt des Lamms Jungfrauen, und fuͤhrt ſie vor des Vaters Thron, Den nur ein reines Hertz darf ſchauen, die Liebe wird der Keuſchheit Lohn. Mir iſts ſo neulich als von geſtern. Juͤngſt trateſt du in unſer Chor, (*) Louyſe, theureſte der Schweſtern; ſo ſang man dir die Wor- te vor. Kaum, daß uns dein Geſicht erſchienen, kaum daß dein Glaub uns aufgeweckt, Die wir des Koͤnigs Willen dienen, (doch leider! noch nicht unbefleckt,) So ward es wieder weggenommen, Louyſe ſolte Bielitz ſehn. Jn Bielitz auch zur Ruhe kommen. So wolte GOtt! ſo iſts ge- ſchehn. Wir (*) Am 8. Julii kam ſie Abends in unſre Sing-Stunde, eilte aber die darauf folgende Nacht gleich wieder zu dery Herrn Va- ter, die damals nach Bielitz reiſeten.

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Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/183>, abgerufen am 29.04.2024.