Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.1729. Dein Mitt-Knecht fehlt. Er höret kaum, Daß Schmidt und Nitzschmann sitzen, So läßt er seiner Regung Raum, Und übersieht die Ritzen, Durch die ein Geist zur Ruh gestreckt, Den Weg des HErrn gar bald entdeckt. Dein Mitt-Knecht eilt, um Christi Ruhm Jn deinen Leidens-Ketten, Vor Obrigkeit und Priesterthum Bald öffentlich zu retten, Bezeuget seinen Bund mit dir, Und bringet deine Unschuld für. Allein in kurtzem sahe man, Was unser König wolte, Er merckte der Gemeine an, Was Nitzschmann bey ihr golte, Er wust, es wär in Freud und Schmertz, Sein Hertz und me ins als wie ein Hertz. Drum mustest du dich auf dein Wort Jn Mähren (*) nicht besinnen; An einen unbeziehlten Ort Viel Volck durchs Wort gewinnen; Wir dachten, du wärst hie und da, Und war dein Lehr-Stuhl doch so nah. Mein Bruder! wer erkennet dich, Und deinen Creutz-Gesellen; Der Heiligen Weg ist wunderlich, Und schwerlich vorzustellen; Wer glaubts, daß ihr nach Seelen zielt, Und nicht mit Meynungs-Lappen spielt. Wohlan! die Lieb ist schon vergnügt, Jhr leidet unverschuldet, Und du, mein Bruder! hast gesiegt, Nachdem du auserduldet; Dein (*) Er hatte bey seinem Abschiede versprochen, auf seiner Durch-
reise durch Böhmen und Mähren sich nicht einzulassen, weil es nicht der Zweck seiner Reise war. 1729. Dein Mitt-Knecht fehlt. Er hoͤret kaum, Daß Schmidt und Nitzſchmann ſitzen, So laͤßt er ſeiner Regung Raum, Und uͤberſieht die Ritzen, Durch die ein Geiſt zur Ruh geſtreckt, Den Weg des HErrn gar bald entdeckt. Dein Mitt-Knecht eilt, um Chriſti Ruhm Jn deinen Leidens-Ketten, Vor Obrigkeit und Prieſterthum Bald oͤffentlich zu retten, Bezeuget ſeinen Bund mit dir, Und bringet deine Unſchuld fuͤr. Allein in kurtzem ſahe man, Was unſer Koͤnig wolte, Er merckte der Gemeine an, Was Nitzſchmann bey ihr golte, Er wuſt, es waͤr in Freud und Schmertz, Sein Hertz und me ins als wie ein Hertz. Drum muſteſt du dich auf dein Wort Jn Maͤhren (*) nicht beſinnen; An einen unbeziehlten Ort Viel Volck durchs Wort gewinnen; Wir dachten, du waͤrſt hie und da, Und war dein Lehr-Stuhl doch ſo nah. Mein Bruder! wer erkennet dich, Und deinen Creutz-Geſellen; Der Heiligen Weg iſt wunderlich, Und ſchwerlich vorzuſtellen; Wer glaubts, daß ihr nach Seelen zielt, Und nicht mit Meynungs-Lappen ſpielt. Wohlan! die Lieb iſt ſchon vergnuͤgt, Jhr leidet unverſchuldet, Und du, mein Bruder! haſt geſiegt, Nachdem du auserduldet; Dein (*) Er hatte bey ſeinem Abſchiede verſprochen, auf ſeiner Durch-
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1729.
Dein Mitt-Knecht fehlt. Er hoͤret kaum,
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So laͤßt er ſeiner Regung Raum,
Und uͤberſieht die Ritzen,
Durch die ein Geiſt zur Ruh geſtreckt,
Den Weg des HErrn gar bald entdeckt.
Dein Mitt-Knecht eilt, um Chriſti Ruhm
Jn deinen Leidens-Ketten,
Vor Obrigkeit und Prieſterthum
Bald oͤffentlich zu retten,
Bezeuget ſeinen Bund mit dir,
Und bringet deine Unſchuld fuͤr.
Allein in kurtzem ſahe man,
Was unſer Koͤnig wolte,
Er merckte der Gemeine an,
Was Nitzſchmann bey ihr golte,
Er wuſt, es waͤr in Freud und Schmertz,
Sein Hertz und me ins als wie ein Hertz.
Drum muſteſt du dich auf dein Wort
Jn Maͤhren (*) nicht beſinnen;
An einen unbeziehlten Ort
Viel Volck durchs Wort gewinnen;
Wir dachten, du waͤrſt hie und da,
Und war dein Lehr-Stuhl doch ſo nah.
Mein Bruder! wer erkennet dich,
Und deinen Creutz-Geſellen;
Der Heiligen Weg iſt wunderlich,
Und ſchwerlich vorzuſtellen;
Wer glaubts, daß ihr nach Seelen zielt,
Und nicht mit Meynungs-Lappen ſpielt.
Wohlan! die Lieb iſt ſchon vergnuͤgt,
Jhr leidet unverſchuldet,
Und du, mein Bruder! haſt geſiegt,
Nachdem du auserduldet;
Dein
(*) Er hatte bey ſeinem Abſchiede verſprochen, auf ſeiner Durch-
reiſe durch Boͤhmen und Maͤhren ſich nicht einzulaſſen, weil
es nicht der Zweck ſeiner Reiſe war.
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