Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.1731. Ein kurtzer Unterricht des Lichts Bey einer Seele, die sich fühlet, Macht klar, daß eine Seele nichts, Und daß die Gnade mit ihr spielet, Wenn sie ihr ein gut Zeugniß gibt. Kan nun der Feind das nicht erzwingen, Daß man sich in sich selbst verliebt, Und spiegelt sich in Neben-Dingen; So sieht er wie ers macht, Daß man sich selbst veracht, Nicht ausser Christo (wie es billig) Nein, sondern bey der Krafft, Die JEsus in uns schafft, Das Fleisch ist schwach, der Geist nicht willig. Damit die linde Gütigkeit Ein Haupt-Held in den Liebes-Sachen, Der Seele nicht Gelegenheit Zu treuen Wollen möge machen, (Denn unser grosser Seelen-Freund Dient uns mit solcher Hertz-Bewegung, Daß ihn nicht lieben grausam scheint;) So härtet er der Seelen-Regung Daß sie nicht sieht noch fühlt, Nicht warm wird, noch verkühlt, Und etwas steinernes zu nennen, Versieht er sich hiebey, Verändert er die Treu Des Ringens in ein läppsches Flennen. Die Liebe giebt Gelegenheit, Weil wir so Noth als Gnade fühlen, Zur innigsten Barmhertzigkeit, Vor alle unsre Mit-Gefpielen. Kan nun der Feind der Brüder Noth, Nicht gar aus unsern Augen rücken, Es jammert uns der Seelen Tod, Und suchen Dürftge zu erqvicken; So kehrt ers wieder um, Daß unser Christenthum Sich
1731. Ein kurtzer Unterricht des Lichts Bey einer Seele, die ſich fuͤhlet, Macht klar, daß eine Seele nichts, Und daß die Gnade mit ihr ſpielet, Wenn ſie ihr ein gut Zeugniß gibt. Kan nun der Feind das nicht erzwingen, Daß man ſich in ſich ſelbſt verliebt, Und ſpiegelt ſich in Neben-Dingen; So ſieht er wie ers macht, Daß man ſich ſelbſt veracht, Nicht auſſer Chriſto (wie es billig) Nein, ſondern bey der Krafft, Die JEſus in uns ſchafft, Das Fleiſch iſt ſchwach, der Geiſt nicht willig. Damit die linde Guͤtigkeit Ein Haupt-Held in den Liebes-Sachen, Der Seele nicht Gelegenheit Zu treuen Wollen moͤge machen, (Denn unſer groſſer Seelen-Freund Dient uns mit ſolcher Hertz-Bewegung, Daß ihn nicht lieben grauſam ſcheint;) So haͤrtet er der Seelen-Regung Daß ſie nicht ſieht noch fuͤhlt, Nicht warm wird, noch verkuͤhlt, Und etwas ſteinernes zu nennen, Verſieht er ſich hiebey, Veraͤndert er die Treu Des Ringens in ein laͤppſches Flennen. Die Liebe giebt Gelegenheit, Weil wir ſo Noth als Gnade fuͤhlen, Zur innigſten Barmhertzigkeit, Vor alle unſre Mit-Gefpielen. Kan nun der Feind der Bruͤder Noth, Nicht gar aus unſern Augen ruͤcken, Es jammert uns der Seelen Tod, Und ſuchen Duͤrftge zu erqvicken; So kehrt ers wieder um, Daß unſer Chriſtenthum Sich
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1731.
Ein kurtzer Unterricht des Lichts
Bey einer Seele, die ſich fuͤhlet,
Macht klar, daß eine Seele nichts,
Und daß die Gnade mit ihr ſpielet,
Wenn ſie ihr ein gut Zeugniß gibt.
Kan nun der Feind das nicht erzwingen,
Daß man ſich in ſich ſelbſt verliebt,
Und ſpiegelt ſich in Neben-Dingen;
So ſieht er wie ers macht,
Daß man ſich ſelbſt veracht,
Nicht auſſer Chriſto (wie es billig)
Nein, ſondern bey der Krafft,
Die JEſus in uns ſchafft,
Das Fleiſch iſt ſchwach, der Geiſt nicht willig.
Damit die linde Guͤtigkeit
Ein Haupt-Held in den Liebes-Sachen,
Der Seele nicht Gelegenheit
Zu treuen Wollen moͤge machen,
(Denn unſer groſſer Seelen-Freund
Dient uns mit ſolcher Hertz-Bewegung,
Daß ihn nicht lieben grauſam ſcheint;)
So haͤrtet er der Seelen-Regung
Daß ſie nicht ſieht noch fuͤhlt,
Nicht warm wird, noch verkuͤhlt,
Und etwas ſteinernes zu nennen,
Verſieht er ſich hiebey,
Veraͤndert er die Treu
Des Ringens in ein laͤppſches Flennen.
Die Liebe giebt Gelegenheit,
Weil wir ſo Noth als Gnade fuͤhlen,
Zur innigſten Barmhertzigkeit,
Vor alle unſre Mit-Gefpielen.
Kan nun der Feind der Bruͤder Noth,
Nicht gar aus unſern Augen ruͤcken,
Es jammert uns der Seelen Tod,
Und ſuchen Duͤrftge zu erqvicken;
So kehrt ers wieder um,
Daß unſer Chriſtenthum
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