Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite

1733.

Schaff, o Anfang der Naturen,
Uns zum Werck in GOtt gethan.

Mensch, du einger Mensch in Gnaden,
Mache uns zu dir ein Hertz:
Artzt, erstatte allen Schaden,
Salbe! zeitige den Schmertz.
Bild des unsichtbaren GOttes,
Mach uns deinem Bilde gleich,
Stirn voll frevelhafften Spottes,

Mach uns hart, wir sind zu weich.
Vater derer Ewigkeiten,
Baue uns ein bleibend Hauß,
Schöpffer aller guten Zeiten,

Kauffe uns die Stunden aus.
Kind, in deine Wiegen-Bande
Wickle unsre Großheit ein,
Und laß sie zur ew'gen Schande
Vor dir aufgehencket seyn.
Saame, fall ins Hertzens Höhlen,
Wenn sie recht erwärmet seyn,
Zur Empfängniß vieler Seelen,
Fruchtbar und empfindlich ein.
Laß dich inniglich umfangen,
Theure Liebe, tausendmahl,
Dein erbarmendes Verlangen
Zieht die Seelen ohne Zahl.
Schönster, deiner Augen Blitzen
Schmeltzt die Unempfindlichkeit,
Seelen-Schatz, laß dich besitzen,

Unsre Armuth gehet weit.
Guter Freund gönn' unserm Klagen
Jmmerdar ein leises Ohr,
Und bring alle unsre Plagen
Deinem GOtt beweglich vor.
Führst du gleich das Steuer-Ruder
Der gestirnten Monarchie,
Bist

1733.

Schaff, o Anfang der Naturen,
Uns zum Werck in GOtt gethan.

Menſch, du einger Menſch in Gnaden,
Mache uns zu dir ein Hertz:
Artzt, erſtatte allen Schaden,
Salbe! zeitige den Schmertz.
Bild des unſichtbaren GOttes,
Mach uns deinem Bilde gleich,
Stirn voll frevelhafften Spottes,

Mach uns hart, wir ſind zu weich.
Vater derer Ewigkeiten,
Baue uns ein bleibend Hauß,
Schoͤpffer aller guten Zeiten,

Kauffe uns die Stunden aus.
Kind, in deine Wiegen-Bande
Wickle unſre Großheit ein,
Und laß ſie zur ew’gen Schande
Vor dir aufgehencket ſeyn.
Saame, fall ins Hertzens Hoͤhlen,
Wenn ſie recht erwaͤrmet ſeyn,
Zur Empfaͤngniß vieler Seelen,
Fruchtbar und empfindlich ein.
Laß dich inniglich umfangen,
Theure Liebe, tauſendmahl,
Dein erbarmendes Verlangen
Zieht die Seelen ohne Zahl.
Schoͤnſter, deiner Augen Blitzen
Schmeltzt die Unempfindlichkeit,
Seelen-Schatz, laß dich beſitzen,

Unſre Armuth gehet weit.
Guter Freund goͤnn’ unſerm Klagen
Jmmerdar ein leiſes Ohr,
Und bring alle unſre Plagen
Deinem GOtt beweglich vor.
Fuͤhrſt du gleich das Steuer-Ruder
Der geſtirnten Monarchie,
Biſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <lg type="poem">
          <lg n="94">
            <l>
              <pb facs="#f0276" n="266"/>
              <fw place="top" type="header">1733.</fw>
            </l><lb/>
            <l>Schaff, o <hi rendition="#fr">Anfang der Naturen,</hi></l><lb/>
            <l>Uns zum Werck in GOtt gethan.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="95">
            <l><hi rendition="#fr">Men&#x017F;ch,</hi> du einger Men&#x017F;ch in Gnaden,</l><lb/>
            <l>Mache uns zu dir ein Hertz:<lb/><hi rendition="#fr">Artzt,</hi> er&#x017F;tatte allen Schaden,<lb/><hi rendition="#fr">Salbe!</hi> zeitige den Schmertz.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="96">
            <l><hi rendition="#fr">Bild</hi> des un&#x017F;ichtbaren GOttes,</l><lb/>
            <l>Mach uns deinem Bilde gleich,<lb/><hi rendition="#fr">Stirn</hi> voll frevelhafften Spottes,</l><lb/>
            <l>Mach uns hart, wir &#x017F;ind zu weich.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="97">
            <l> <hi rendition="#fr">Vater derer Ewigkeiten,</hi> </l><lb/>
            <l>Baue uns ein bleibend Hauß,<lb/><hi rendition="#fr">Scho&#x0364;pffer aller guten Zeiten,</hi></l><lb/>
            <l>Kauffe uns die Stunden aus.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="98">
            <l><hi rendition="#fr">Kind,</hi> in deine Wiegen-Bande</l><lb/>
            <l>Wickle un&#x017F;re Großheit ein,</l><lb/>
            <l>Und laß &#x017F;ie zur ew&#x2019;gen Schande</l><lb/>
            <l>Vor dir aufgehencket &#x017F;eyn.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="99">
            <l><hi rendition="#fr">Saame,</hi> fall ins Hertzens Ho&#x0364;hlen,</l><lb/>
            <l>Wenn &#x017F;ie recht erwa&#x0364;rmet &#x017F;eyn,</l><lb/>
            <l>Zur Empfa&#x0364;ngniß vieler Seelen,</l><lb/>
            <l>Fruchtbar und empfindlich ein.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="100">
            <l>Laß dich inniglich umfangen,</l><lb/>
            <l>Theure <hi rendition="#fr">Liebe,</hi> tau&#x017F;endmahl,</l><lb/>
            <l>Dein <hi rendition="#fr">erbarmendes</hi> Verlangen</l><lb/>
            <l>Zieht die Seelen ohne Zahl.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="101">
            <l><hi rendition="#fr">Scho&#x0364;n&#x017F;ter,</hi> deiner Augen Blitzen</l><lb/>
            <l>Schmeltzt die Unempfindlichkeit,<lb/><hi rendition="#fr">Seelen-Schatz,</hi> laß dich be&#x017F;itzen,</l><lb/>
            <l>Un&#x017F;re Armuth gehet weit.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="102">
            <l>Guter <hi rendition="#fr">Freund</hi> go&#x0364;nn&#x2019; un&#x017F;erm Klagen</l><lb/>
            <l>Jmmerdar ein lei&#x017F;es Ohr,</l><lb/>
            <l>Und bring alle un&#x017F;re Plagen</l><lb/>
            <l>Deinem GOtt beweglich vor.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="103">
            <l>Fu&#x0364;hr&#x017F;t du gleich das Steuer-Ruder</l><lb/>
            <l>Der ge&#x017F;tirnten Monarchie,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Bi&#x017F;t</fw><lb/></l>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[266/0276] 1733. Schaff, o Anfang der Naturen, Uns zum Werck in GOtt gethan. Menſch, du einger Menſch in Gnaden, Mache uns zu dir ein Hertz: Artzt, erſtatte allen Schaden, Salbe! zeitige den Schmertz. Bild des unſichtbaren GOttes, Mach uns deinem Bilde gleich, Stirn voll frevelhafften Spottes, Mach uns hart, wir ſind zu weich. Vater derer Ewigkeiten, Baue uns ein bleibend Hauß, Schoͤpffer aller guten Zeiten, Kauffe uns die Stunden aus. Kind, in deine Wiegen-Bande Wickle unſre Großheit ein, Und laß ſie zur ew’gen Schande Vor dir aufgehencket ſeyn. Saame, fall ins Hertzens Hoͤhlen, Wenn ſie recht erwaͤrmet ſeyn, Zur Empfaͤngniß vieler Seelen, Fruchtbar und empfindlich ein. Laß dich inniglich umfangen, Theure Liebe, tauſendmahl, Dein erbarmendes Verlangen Zieht die Seelen ohne Zahl. Schoͤnſter, deiner Augen Blitzen Schmeltzt die Unempfindlichkeit, Seelen-Schatz, laß dich beſitzen, Unſre Armuth gehet weit. Guter Freund goͤnn’ unſerm Klagen Jmmerdar ein leiſes Ohr, Und bring alle unſre Plagen Deinem GOtt beweglich vor. Fuͤhrſt du gleich das Steuer-Ruder Der geſtirnten Monarchie, Biſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/276
Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/276>, abgerufen am 22.11.2024.